Kapitel 34

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Ich muss ehrlich zugeben, dass ich selbst mit Tieren ziemlich wenig anfangen kann. Also es ist nicht so dass ich diese Geschöpfe Gottes nicht leiden kann, oder etwas gegen sie habe, nein es ist eher ein gegenseitiges Desinteresse zwischen mir und der Welt der Vierbeiner, was vielleicht auch daran liegt das mein kindliches Dasein Hauptsächlich in klinischen nach Sterillium riechenden Krankenzimmern stattgefunden hat und nicht unbedingt mit anderen Kids im Zoo. Auch Zuhause hatte ich nie auch nur einen Hamster oder ähnliches und der alte Wellensittich der Nachbarin auf den ich über den Sommer aufpassen sollte ist mir nach ein paar Tagen einfach von der Stange gefallen. Es liegt also auf der Hand, dass ich kein besonders gutes Händchen für diese flauschige Kugel in meinen Armen habe, doch als ich in die warmen Kulleraugen aus tiefen Braun sehe ist es selbst um mein Herz geschehen. Es kostet bereits etliche Überwindung nicht wie eine Frau mit zuvielen Mutter Hormonen über dem Kinderwagen eines mit Leberwurst ekelhaft verschmierten Blag zu hängen und zustimmende verniedlichende Geräusche von mir zugeben, als Elsbeth auch noch beginnt hungrig mit der kleinen Nase gegen mein T-Shirt zu stupsen. “Scheiße ist das Ding niedlich!”, gestehe ich Till offenkundig ein, das Elsi mein Herz wohl genauso im Galopp erobert hat, wie seins. Und das mit vier krummen Beinchen!

Die braune Milchziege mit den schwarzen Abzeichen ist für ihr zartes Dasein ganz schön gefräßig und ich muss wirklich einen festen Griff um die lauwarme Flasche legen, damit mir der kleine Fressack diese nicht einfach aus der Hand reißt. “Eure Katzen waren nie so süß”, plappere ich mit Till, welcher mit schwingenden Glied noch immer um mich herum wuselt und die verratenen Überreste aus Steffens Blick und Geruchssinn zu vertreiben versucht, bevor dieser hier aufschlägt. Wie erwähnt… ein Versuch, denn ich zumindest habe das Gefühl das der Gülle gestank sich bereits in die Tapete abgesetzt hat.

Es ist kurz nach Sieben als Steffens Schlüssel an der Tür kratzt und ich gerade eine Fertigpizza in unseren Ofen schiebe. Till kommt Dampfend aus dem Badezimmer und bleibt wie so oft im Rahmen stehen um sich genüsslich die Blonden Wellen mit dem teuren Frottee Handtuch von unserem verwöhnten Mitbewohner zu trocknen. Dieser Prachtkarpfen von Tierarzt könnte sich so locker von einem Gaylove Magazin ablichten lassen um sein Monatsgehalt aufzustocken, doch er kriecht lieber durch Gülle in Kühe um Kälber auf die Welt zu holen. Eine Tatsache die mir ein Schmunzeln auf die Lippen zaubert, als Steffen naserümpfend ebenfalls in die kleine Küche kommt. “Irgendwie…  Kommt es nur mir so vor oder riecht es hier nach Gülle?” Unser Streber pack eine weiße dünne Tüte mit gleich zwei von diesen Mitnehmboxen in den Kühlschrank und zieht einen von seinen beschrifteten Smoothies aus der Kühlung. “Dass kann ich sein… heute hat es mich im Praktikum voll umgehauen und da lag ich dann”, erklärt Till ohne mit der Wimper zu zucken und setzt sich nur mit Handtuch um die Hüften an unseren Tisch. Angewidert von der nackten Männerhaut verzieht sich Steffen wieder aus dem Gemeinschaftsraum in dem wir unsere Nahrung zusammen brauen können und ich grinse Till breit an. Erfolgreich vertrieben!

Das schöne Lächeln meines liebsten Freundes spricht mir aus der Seele, als er sich jedoch Geheimnisvoll auf die Ellen stützt und mich mit fragender Miene ansieht. In meinem Kopf spielt die Fantasie wieder verrückt und ich sehe vor meinem Geistigen Auge wie Tills feuchter Sack einen Abdruck auf der Sitzfläche hinterlässt. Mit einem Mal kann ich Steffens entgeisterten Gesichtsausdruck beim gehen verstehen. “Vergiss es gleich wieder du Schwulette!” Ein festes Schnippen gegen meine Stirn holt mich aus meinen Tagträumen, welche mein Grinsen für Till so offensichtlich wie ein breitband Streifen in 16 zu 9 projektiert. “Sag mal lieber… kann es sein das Steffen jemanden am Start hat?” Die lächerliche aber wohl mehr als ernst gemeinte Frage lässt mein Weltbild von unserem übermotivierten Streberling wie eine Seifenblase auf einem Nadelkissen zerspringen. Steffen mit etwas anderem als seiner rechten Hand unter der Dusche ist für mich irgendwie unvorstellbar und dementsprechend verwirrt fehlen mir jegliche Worte für meinen Freund, aber das stört ihn wie so oft eh nicht, denn er schafft es auch ohne meine sinnlose Äußerung der Verwirrung in meinem Blick platz zu machen. “Neuerdings regt er sich über nichts mehr auf und wirkt beinahe ...Lebendig?” In meiner verblendeten ‘Aaron Welt’ habe ich wenig von meinen Umwelteinflüssen mitbekommen, was das Argument meines Freundes in meinen Augen nur Schlüssig belegt, denn mir geht es ja ähnlich. “Meinst du er hat ne Freundin?” “Zumindest weist seine Krankheitsakte ähnlichkeiten mit einem bestätigten, mir bekannten Fall auf, welcher jedoch noch auf seinen Partner wartet”, neckt mich mein Kumpel frech und lässt mit dem Zeigefinger meine Unterlippe schnalzen, bevor er sich von der Tischplatte abdrückt um zurück zu seiner großen Liebe zu schlendern. “Bring mal die Bubbletea Halme und Tape, wir haben schließlich noch etwas zu behandeln”

Obwohl ich verwundert darüber bin was Till mit den dicken Strohhalmen will, packe ich das Geforderte brav in meine Arme, wobei auch unser Verbandskasten den Halmen folgt, dessen Ablaufdatum bereits seit einem halben Jahrzehnt verstrichen ist. Man müsste meinen dass angehende Ärzte genau auf solche Dinge achten würden, doch es ist erstaunlich dass Ärzte meistens genau die sind, die auf solche Dinge am meisten Scheißen. Alleine der Konsum von Drogen unter Ärzten beweist das Wissen um die Gefahr leider nicht immer ausreicht um mit Stress und dem eigenen menschlichem Versagen umgehen zu können. Da ist ein abgelaufener Verbandskasten noch das kleinste Übel und ein weiterer Punkt auf meiner ‘Warum ich kein Arzt werden will’- Liste, welche ich Gedanklich führe und bis auf eventuelles Leben retten, leider noch nicht viel auf der positiven Seite steht. Das einzige was schlimmer ist als der Gedanke für andere Menschen wichtige Entscheidungen treffen zu müssen die ihr ganzes Leben beeinflussen, ist der Gedanke das meine Eltern auf der anderen Seite warten, wenn ich mein Studium abbreche und das zerbrochene Bild ihres ‘perfekten’ Sohnes wohl die Apokalypse lostreten würde, welche die gesamte Welt in Samuels Höllenschlund treiben würde. Da bewundere ich Tills Selbstbewusstsein. Das zu tun was er liebt, gleich wie schwer es für ihn ist und was seine Familie davon hält. Eine Stärke die ich schon immer an meinem Freund wie nichts anderes geschätzt habe.

“Hast du alles du Traumfänger?”, neckt mich Till liebevoll und fängt das stolpernde Zicklein in seinem Zimmer ein. Das Ziegen bereits kurz nach der Geburt herumspringen wollen ist selbst mir klar, aber es muss doch übelst schmerzhaft sein, wenn man wie ein auf Land gestoßener Kracken auf seinen noch weichen Gelenken herum fällt.

“Das ist gut”, erklärt mir der Tierarzt unaufgefordert wie wir Elsi behandeln werden und mir wird wieder einmal deutlich wie viel Till bereits über seinen späteren Traumjob weiß. Wenn ich mich mit meinem Medizinstudium auf die andere Seite stelle sehe ich einzig ein paar vage Vermutungen und unsichere Antworten. Ich würde mich noch gar nicht Trauen auch nur irgendeine Fachgebundene Entscheidung für jemanden zu vertreten, während der manchmal sensible Blondschopf keinerlei Zweifel in mir los tritt, das etwas an seiner Diagnose nicht Stimmen könnte. “Elsbeths Sehnen sind schon im Mutterleib überdehnt worden und jetzt müssen wir ihr erst einmal ein paar Wochen die Beine schienen.” “Mit Bubblehalmen?” Ich ziehe misstrauisch die Brauen nach oben als Till mir diese einfach aus den Armen nimmt. “Wenn du eine professionelle Schiene hast kannst du mir diese natürlich auch reichen, aber solange wir die nicht haben muss es so reichen”

Sorgfältig richtet Till die kleinen Beine als die kleine Ziege ein verstimmtes Blöken von sich gibt. Erschrocken unterbricht der Tierarzt seine Arbeit und hält Elsi das freche Mundwerk zu um den Laut vor Steffen zu verbergen. Unsere beiden Blicke kleben wie diese grünen Gummihände an dem Holz der Tür und warten nur darauf dass Steffen dem Geräusch folgt und die Tür aufreißt, doch bis auf unsere aus dem Takt geratenen Herzen passiert sonst nichts. Erleichtert atmen wir beide gemeinsam aus und ich helfe dem Tierarzt wo ich kann die Beinchen zu begradigen, nachdem ich einen von Tills Tierpornos lautstark auf der Glotze angeschaltet habe um die Geräuschkulisse anzupassen. Einen paarungsbereiten Savannen Löwen traue selbst ich uns zwei nicht in Zimmerhaltung zu!

Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt