Kapitel 45

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Einen Moment schüchtern lassen mich die stummen Lippen gewähren, als meine Zunge endlich auf ihren Gegenspieler trifft und Aaron sich genießend zu entspannen beginnt. Ich weiß nicht wie oft ich bereits jemanden geküsst habe, aber niemals habe ich es so bedauert dass mein Körper dummerweise Sauerstoff benötigt, welcher uns zwingt die weiche Verbindung zu trennen. Das einzige gute daran ist, dass ich so erneut die Gelegenheit erhalte in seinen Augen zu versinken. Meine Hand liegt noch immer an dem schlanken Hals und streichelt mit dem Daumen über die zarte Haut darunter und es passiert einfach nichts, außer das unsere Herzen Minutenlang verrückt spielen, bis es uns selbst auffällt und Aaron mir liebevoll die weiße Strähne an die Stirn schiebt.

Wir sehen beide aus wie die Grinsekatze von Alice, als die Morgendämmerung sich im zarten Grau bemerkbar macht und ich mich mit einem letzten liebevollen Kuss auf die Lippen meines gegenübers schweren Herzens etwas von ihm entferne. Jeden Moment geht die Sonne auf und auch der Lärm in den Straßen verkündet dass die Welt um uns herum langsam wieder aufwacht um dem stressigen Alltag zu beginnen.

“Frühstück im Sonnenaufgang?” Ich setze mein unwiderstehliches verführerlächeln auf und muss ernüchternd feststellen, dass seine Antwort mich wie Mileys Abrissbirne aus der Bahn wirft, denn er schüttelt verneinend den Kopf, bevor er seine Antwort auf dem Block begründet. “Meine Mum erleidet noch einen Herzinfarkt, wenn ich nicht bald wohlbehalten zurück komme” Seine müden Augen sehen mich auf dem Brunnenrand sitzend lächelnd an, ehe er eine weitere Zeile auf meinen enttäuschten Blick entgegnet. “Außerdem ist Morgen auch noch ein Tag!” “Ist ja schon gut ich erlöse dich aus der Bärenfalle” Mit dem Ausblick auf die nächste Verabredung gebe ich mich vorerst zufrieden, doch ein Fragender Blick lässt mich vermuten das Aaron einen Teil,meiner Aussage wohl diesmal nicht ganz verstanden hat. Ehe ich mich jedoch wiederholen kann schiebt er sich von dem kühlen Stein und taucht in das erste rote Sonnenlicht des Morgens, welches sich über die uns ummantelten hohe Buschreihe schiebt und nun den Oberkörper meines Prinzen zum brennen bringt. “Und was isst mein Regenbogen gerne?”, Ich lasse meine Hände in meine Hosentasche gleiten und tauche ebenso neben Aaron in den neuen Tag. Umso länger ich mit Aaron zusammen bin desto weniger fällt mir überhaupt auf, dass es für die Menschen die an uns vorbei ziehe so aussehen muss, als würde ich ununterbrochen Selbstgespräche führen, doch die Blicke jucken mich kein bisschen als ich Aaron wie versprochen zurück nach hause bringe. Wer sich einmal öffentlich als Schwul geoutet hat ist es schließlich gewohnt mit den Augen der wissenden erst einmal auf Annomalienen geprüft zu werden. Entweder so als würden sie beim Teufel die Hörner, oder unter meiner Jeans die Eier abdrückende pinkfarbene Leggins suchen die prinzipiell im Besitz aller schwulen Feen ist. Und beim Furzen sprühe ich Glitzerstaub, während ich das Horn des Einhorns reite…

Aarons Kopfhörer ummanteln gewohnt den schlanken Hals, während seine in sich zusammengezogene Haltung kaum vermuten lässt dass wir uns vor wenigen Schritten nicht viel Näher hätten sein können, doch an dem müden und starren nachdenklichen Blick gen Morgenrot bemerke ich dieselbe Unsicherheit, welche mich Tagelang wie fettige Zwiebelringe von Innen zerfressen hat. Ich muss mir selbst eingestehen dass ich immer noch kaum etwas über private Dinge von meinem Schillerlöckchen weiß. Vielleicht war es sein erster Kuss? Oder nur sein erster Kuss mit einem Schniedelträger? Vielleicht weiß er aber auch einfach gerade nicht wie er sich Verhalten soll und erwartet von mir eine Richtung, aber ich Depp hab Dummerweise erst einmal meine Hände in die Hosentasche gleiten lassen und mir damit die Gelegenheit verbaut ihm noch immer Nah zu sein.

Die Hitze des anhaltenden Sommers schiebt sich bereits mit den ersten festen Strahlen wieder auf unsere Haut, als ich meine Finger aus meiner Tasche löse und kurzerhand zu Aarons in die Enge der Jeans grabe. Ein verstohlener Seiten Blick trifft auf mich und die kühlen Finger bemühen sich meinen Druck in der unbequemen Enge zu erwidern, während kein Wort meine Lippen verlassen muss, um zu wissen dass Aaron anscheinend die Antwort erhalten hat, die seinen kurzen Anflug von Unsicherheit vertreibt. Wenn es immer so unkompliziert und eindeutig wäre sich zu verstehen, würden all die verklemmten Paartherapeuten ihren hoffnungslosen Job an das Nagelbrett hämmern können.

Mein Farbwunder führt mich in eine Gegend die für Studenten eher unüblich wirkt, denn kleine Einfamilienhäuser mit gepflegten Gärten reihen sich wie nobel Pissuars aneinander, während die Messlatte für den Schwanzvergleich schon bereit liegt und ich mache mich Geistig darauf gefasst gleicht irgendwelchen Snops wie meinen Eltern ihren Sohn zurück zu bringen. Das würde aber auch erklären, warum ausgerechnet Daniel ihn in die Uni geführt hat, denn der Schönling mit seinem leichten Schal würde genau in diese Nachbarschaft passen. Anders als mein Regenbogen, welcher in seinem viel zu großen Pulli mit den Resten seiner letzten Werke verschwindet.

Tatsächlich bleibt Aaron am weißen Gartenzaun eines dieser gepflegten Häuschen stehen und dreht sich mit einem warmen Lächeln noch einmal zu mir, welches mir sagt das dies der Ort ist, an dem mein Herzblatt zuhause ist. Ein alter Kastanienbaum schmückt den kleinen Garten mit Schatten und ich kann eine Holzschaukel an einem der dicken Äste erkennen, welche den strengen Charakter des Hauses vertreibt, genau wie die vielen anderen Kleinigkeiten, welche mir erst auf den zweiten Blick auffallen. Sandkasten, kleine Gummistiefel und etliches andere an Spielzeug lassen darauf schließen dass hier in diesem Haus wohl mehr Lebt als Aaron allein, genau wie ein freudiges Bellen, welches winzelnd aus dem Inneren ertönt.

“Du wirst schon erwartet?”, lächelnd gleitet mein Finger über die weiche Wange und mir fällt erst jetzt wirklich auf, dass Aaron überhaupt keinen Hehl daraus macht, dass ich ein Kerl bin und zwei neugierige Augen hinter der Gardine hervor lugen, denn er legt sein Gesicht bereitwillig in meine Handfläche.

Ich kenne kaum jemanden der so offen und ehrlich in seiner Art ist wie Aaron, denn normalerweise lösen sich verschränkte Finger und Umarmungen noch zwei Straßen vor dem Elternhaus auf und man wird zumindest die ersten Wochen als “Kumpel” vorgestellt. “Is das hier in Ordnung für dich?” Über den dunklen Rand meiner Brille sehe ich von dem Lichterspiel seiner Augen noch einmal zu dem schwankenden Gardinen, als seine Finger sich in meinem T-Shirt verklemmen und er mich die wenigen Zentimeter zu sich zieht, welche ich größer bin als er. Das Feuerwerk der Leidenschaft bricht abermals aus meiner Brust heraus und mir wird immer deutlicher, wie Selbstbewusst Aaron eigentlich ist, als er seine Lippen zärtlich mit meinen verbindet.

Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt