Kapitel 6

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"Und Schwulette? Sitzen die Augenbrauen und Wimpern oder darf ich auch mal Kacken gehen?", schiebt sich Till hinter mir in das kleine Zimmer welches sich Bad schimpft. "Klar Häschen. Zwei oder Drei spritzer Eau de Toilett?", provokant stemme ich eine Hand in meine Hüfte um die andere übertrieben dargestellt abzuknicken. "Zwei... Drei wirken billig Süße", rollt Till mit den schönen Augen und ich komme nicht darum ihn mir tatsächlich mit langen Wimpern und auffälligen Make up vorzustellen. "Manchmal frag ich mich, wer von uns beiden der bessere schwule beste Freund ist", neckend ramm ich ihm meine Schulter an seine, als dieser taumelnd einen Schritt zurück macht. "Hey ich sorge mich doch bloß um die wichtigen Probleme meiner Lieben?", lacht der blonde Köter dreckig als er die Hose bereits runter lässt, während ich noch im Bad stehe. "Mach wenigstens die Tür zu, sonst mockst du wieder den ganzen Flur aus", verziehe ich das Gesicht, als Till die Höllenpforte bereits auf dem Pott sitzend von Innen zu wirft. Till ist jemand der immer die Türen offen lässt. Egal wo! Küchenschränke, Kleiderschränke, Klotüren es ist wirklich schnuppe, wenn Till unterwegs war stehen alle Tore offen. Warum er überhaupt Schränke mit diesen unnützen Holz davor besitzt, kann ich leider nicht sagen, denn Ikea Billy Regale würden seinen Ansprüchen mehr als genügen.

Am Fußende meines Bettes liegt der dicke Schinken und lässt das Latein darin noch etwas unangerührt reifen, als ich mein Handy vom Nachttisch fingere und wie jeden morgen üblich meine Nachrichten checke. Doch bis auf ein paar E-Mails und ein Herzchen von Samu hat mich wohl niemand in den letzten 8 Stunden vermisst. Ich Tippe meinem Lustschwengel die morgendliche Routine.

Morgen Samu

Freu mich auf heute Abend

Unnötige Whatsapp geschrieben... Check! Das Telefon gleitet in meine Jackentasche, als die Klospülung die Wände wieder mal beben lässt und Till sich weniger zerknautscht und frischer als ich an die Tür schiebt. "Nach meiner Vorlesung geh ich heute noch mal mit den anderen in die Bib?" "Nep... ich hab hier alles was ich zum lernen brauche" Mein Freund merkt bereits an meiner Stimme dass mir dieses Thema am frühen Morgen wie ein Ulcus ventriculi auf dem Magen schlägt und verzieht das Gesicht zu einer Grimasse. "Sind deine Eltern...", zuckt er gleichgültig die Schultern.

Gemeinsam Radeln wir zum Campus, doch mein gesprächiger Freund ist an diesem Morgen ungewöhnlich Schweigsam. Erst als das Quietschen der Reifen uns zum stehen bringt, schenkt er mir ein Lächeln. "Also wir sehen uns" Ich nicke ihm zu und trotte müde von der unbequemen Nacht zu meinem Vorlesungssaal in welchem ich mir das übliche 'Vorprüfungspanikmache' Gelaber wie gerade in allen Fächern anhören muss. Die Studenten um mich herum löchern den Dozenten mit den üblichen Fragen, nach dem Aufbau der Klausur. Ankreuzklausur... Wieviel Zeit haben wir... Welche Themen kommen dran... Alles wie gehabt. Ich ziehe wie das letzte Mal mein Handy hervor um wenigstens die wichtigsten Daten, wie Raum, Zeit und Tag zu notieren, als ich das altbekannte Hörer Symbol von Whatsapp erblicke, welches vielversprechend meine Laune aufbessert.

Samuel hat mir geantwortet und zu meinem Glück scheint er heute bestens Gelaunt zu sein und sich wirklich auf heute Abend zu freuen, denn er fragt bereits wann wir uns treffen wollen um Juli ein für allemal aus Tills Kopf zu hämmern. Wenn es darum geht sich in das Liebesleben anderer einzumischen, dann ist es Samu völlig egal ob er die betreffenden Personen eigentlich überhaupt nicht leiden kann.

Ich komm nach meiner Vorlesung bei dir vorbei Amor ;)

Tippe ich mit einem sanften Schmunzeln auf den Lippen, als die beiden Haken sich gleich Blau färben.

Bring Frühstück mit! Ich warte auf dich <3

Lieb dich!

Der Professor beendet die letzte Stunde vor der Klausur nachdem alle Fragen beantwortet schienen früher und ich schreibe Till ebenso eine kurze Nachricht, dass wir uns erst später zur Party sehen. Alles in allem war der Morgen doch sehr angenehm. Das nervige gelaber hielt sich in Grenzen, die Rauchwolke vor dem Unigebäude bildete sich durch das frühere beenden der Stunde gerade erst in den Krebsbehafteten schwarzen Lungenflügeln und ich freute mich ehrlich Samu mal wieder für mich zu haben.

Beinahe tänzelnd springe ich die wenigen Stufen hinab, als eine bekannte Stimme mich aus meinen Gedanken reißt und zurück in die Realität zerrt. "Bestens gelaunt heute hm?" Herr Dreher steht mit seinem Coffee to Go und dem halb auseinander gefallenen Thunfischbrötchen aus welchem der angebliche Salatbelag links und rechts heraus quillt am unteren Ende der Treppe, aber jeder weiß dass in der Mitte des Brötchens nicht ein Stück Salat vorhanden ist. Ich bemerke nicht wie ich das angebissene Frühstück in seinen Händen analysiere und darüber hinaus vergesse ihm eine Antwort auf seine Frage zu geben, als der Mann mit dem lichten Deckhaar es mir plötzlich entgegen streckt. Ich spüre wie die Durchblutung in meinem Gesicht alle ihre Funktionen auf hochtouren testet und eine Tomate wohl nicht besser als ich in der Sonne glänzen könnte. "Danke... ich bin gleich zum Essen verabredet", lehne ich dankbar ab um damit auch auf die vorherige Frage zu antworten. "Ich wollte die Gelegenheit unseres zufälligen Treffens eigentlich nur kurz dazu nutzen, sie nach den Erfolgen ihres Lernpensums zu fragen, Herr Dean" Der Bravokummerdoktor kennt mich und damit auch die Antwort auf seine Frage, weshalb er ununterbrochen weiter spricht. "Ich weiß das sie nicht auf den Kopf gefallen sind... ihnen fehlt nur die Richtige Motivation, aber wenn sie nicht bald anfangen sich wenigstens die Grundlagen dauerhaft anzueignen, fehlt ihnen bald die Zeit eine passende Motivation zu finden...", seufz mein Vertrauensprofessor nachdenklich, welcher wohl als einziges wirklich daran glaubt dass ich tatsächlich einmal Arzt sein könnte. "Ich weiß... Das Physikum", versuche ich aufmunternd zu Lächeln, doch es gleicht wohl eher einer Katze der man auf den Schwanz getreten ist. "Ich hab einiges an Literatur in meinem Semesterapparat hinterlegt. Ein Blick hinein könnte nicht schaden", aufmunternd legt er mir eine Hand auf die Schulter nachdem er seinen Kaffee auf der metall Mülltonne abgestellt hat. "Danke ich werde mich bemühen" Der alte Mann nickt wissend und beißt ein weiteres mal in sein Thunfischbrötchen. Etwas weniger euphorisch schließe ich mein Rad von dem Ständer und mache mich auf zum nächsten Bäcker.

Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt