Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)

Kapitel 29

Ich habe Glück und der Farbklecks sitzt unverändert an seinem Platz, wobei ich nicht sehe was genau sooo interessant an dem Heruntergekommenen Campusgelände vor ihm ist. Erst als ich mich provokant auf meinen Platz auf der anderen Seite der Scheibe setze und ihm damit wohl den Blick auf das Objekt seiner Begierde nehme, sieht mich der Junge irritiert an. Meine Silhouette wirft einen Schatten auf seine für mich unkenntliche Skizze aus hunderten Strichen von denen er manche wohl mehrmals nach gefahren ist um die Linie zu verdeutlichen. Sein Haar hängt ihm struppig in der Stirn und er trägt noch genau die selbe Kleidung wie am Abend zuvor, als ich mich Lächelnd niederlasse. Dieses Mal habe ich an alles Gedacht, denn in Weiser Voraussicht habe ich dicke Textmarker und Filzer eingepackt um meine Nachrichten deutlicher zu verfassen, auch wenn ich nicht davon ausgegangen bin, ihn um diese Uhrzeit bereits anzutreffen. Wie er im Innenbereich, setzte ich mich mit meinem eben organisierten Frühstück ihm gegenüber und es hat wirklich etwas von einem Date, als sich unsere Blicke treffen und ich einige Herzschläge in dem himmlischen Blau seiner bunten Iris versinke. Ich bemühe mich nicht mein Interesse an ihm zu verbergen sondern schenke ihm mein schönstes Begrüßungslächeln welches selbst Spidermans Freundin in meiner Nähe schwach werden lassen würde. Regungslos sieht er mir zu wie ich mir in aller Ruhe meinen Platz herrichte, ehe auch seine Züge einen leicht frechen Ausdruck offenbaren, denn nur ein Mundwinkel zuckt nach oben. Ich weiß nicht was er denkt, oder warum er ganz alleine in dem stickigen Raum hinter der Scheibe sitzt obwohl hier draußen das schönste Wetter ist, aber ich bin froh dass er dort ist, denn allein sein zarter Anblick lässt mein Herz aufgeregt schlagen. Wenn jetzt noch eine Kerze die Scheibe zwischen uns ersetzen würde, könnte ich es bestimmt als erstes wirkliches Date verkaufen, denn was gehört schon mehr dazu, als zwei wunderschöne Persönlichkeiten, etwas zu Essen, ein paar Getränke und ein Lächeln auf den Lippen meines Schönlings.

“Hallo Regenbogen :D” Mit meinem dicken grünen Marker eröffne ich unser wortloses Gespräch und presse meinen Block an die, auf meiner Seite schmutzige Scheibe. Mr. Green Day, welcher heute morgen übrigens keine Laute Musik hört, die das Glas vibrieren lässt, sondern seine Kopfhörer in der Farbe meines Stiftes trägt, sieht irgendwie Verlegen zur Seite, doch dann schlägt er seine Bleistiftmalerei um und beginnt ebenso etwas zu Schreiben. “Guten Morgen... Nervensäge?” Er macht sich nicht die Mühe die feine Linie gegen die Scheibe zu drücken, sondern dreht seinen Block auf seinem Schoß um mir die Worte zu offenbaren, welche mir ein weiteres breites Grinsen auf das Gesicht zaubern. “Willst du nicht rauskommen?”, quetsche ich unter mein viel zu großes ‘Guten Morgen’, was zur Folge hat, dass die letzten Buchstaben immer kleiner und unleserlicher werden. Wieder erhalte ich nur ein diesmal wesentlich deutlicheres “Nö!”, denn wie auf seiner Skizze fährt er Sicher die Linien nach eher er mir das Blatt entgegen hält, welches ich schon längst gelesen habe. Mein Lächeln verschwindet nicht als ich einen der schmackhaften Muffins an meine dreckig grinsenden Lippen führe und in dem exotischen Gesicht meines Musikliebhabers versinke, ehe ich gnüßlich hineinbeiße. Er verdreht die Augen bei meinem selbstgefälligen Blick und greift ebenso nach einer der roten Paprikastreifen aus seiner mit Obst und Gemüse gefüllten Brotdose. Ekelhaft! Und zudem viel zu Gesund! Er zieht die Beine an seine Brust und umfasst seine Knie mit einem Arm, während die rote Seuche hinter den schönen Lippen verschwindet. Einen Moment sehen wir uns nur schweigend an und ich genieße es wie in einem meiner etlichen Tagträume ihn einfach anzusehen. Wie die Sonne sein dunkles braunes Haar unnatürlich Hell wirken ließ, seine viel zu blasse Haut und den zarten Schimmer auf seinen zierlichen Wangen. Sein Anblick lässt die Zwergenparty in meinem Inneren selbst in dieser morgendlichen stille Märchenhaft schön wirken, denn selbst ohne die wärmende Sonne in meinem Rücken könnte ich mich gerade nicht wohler fühlen.

Kann man wirklich verliebt sein, wenn man noch nicht ein Wort miteinander gewechselt hat? Reichen schüchterne Seitenblicke durch eine verschmutzte Fensterscheibe? Ich weiß es nicht… aber ich weiß dass ich so etwas wie diesen Sommer noch nie erlebt habe und jeden Augenblick wie ein Schwamm in mich Aufsaugen werden, denn dieser schöne Unbekannte mir vielleicht ganz unwissentlich schenkt. Denn allein dieser stille Moment war es Wert jeden Tag nach ihm zu suchen.

Während mein Regenbogen das Gesundezeug in aller Seelenruhe genießt gehört mein Muffinkämpfer bereits der Geschichte an aus dem höchstens Gepetto noch einen Muffin Pinocchio kneten kann, der sich mit Kitzeln aus meinem Inneren befördert. Zumindest Kribbelt  bereits alles angenehm in mir und ich bekomme meine Käsestange jetzt wohl nicht mehr herunter. Mit den Fingern deute ich auf das unangerührte Gebäck, doch erhalte ein zartes Kopfschütteln als ablehnende Antwort meines Farbprinzen, an welchem auch heute wieder überall die getrocknete Farbe klebt. Ich löse meine Starre und greife wieder nach Stift und Block um dieses Mal einen großen Pfeil und ein mehr als krüppeliges Totenkopfsymbol darauf zu zeichnen mit dem Ausruf “EKELHAFT!” Das Schild positioniere ich so, dass der Pfeil auf das Gemüse fällt und schenke meinem Date ein ehrliches Lächeln, als dieser Tatsächlich zu Lachen begann und selbst nach seinem Block griff. Zwei Pfeile liegen nun zwischen den unterschiedlichen Geschmäckern und bedeuten wohl so viel wie ‘Tauschen?’. Ich nicke und raffe den übrigen Muffin und die Käsestange wieder zusammen um sie zurück in die Papiertüte fallen zu lassen, während er das blaue Plastik zu klickt und sich zum oberen Fenster streckt. Warum er nicht einfach das öffnet welches genau zwischen uns liegt weiß ich nicht, aber vielleicht hat er wie Steffen Angst dass ich über ihn herfallen werde, wenn er erst einmal in Reichweite ist. Ich muss zugeben, dass ich mir bei ihm selbst nicht ganz vertraue. Der Kleinere klettert auf einen Tisch um hält mir die Dose nur knapp entgegen und selbst ich muss mich mehr als bemühen ihn von draußen auch meine Papiertüte nach innen zu reichen. Kaum ist der Tausch geschehen ist das Fenster schon wieder geschlossen und mein Maler springt zurück auf den schmutzigen Boden des Ateliers.

Kopfschüttelnd mache ich es mir wieder auf der harten Fensterbank bequem und sehe ihn zufrieden an. Mit zwei Fingern öffnet er die Tüte und Prüft den Inhalt, ehe er mich mit einem Grinsen ansieht, welches mir die Luft rauben möchte und er sich ebenso niederlässt. Die Zeit rennt an uns vorbei ohne das wir es merken und während wir noch immer am Frühstück sitzen, ziehen die ersten Studenten mit irritieren Blicken an uns vorbei um in der Mensa ihr Mittagessen zu genießen. Für mich steht jedoch die Zeit still und nicht einmal Batmans Lichtsignal könnte jetzt meinen Blick von dem jungen Mann vor mir los eisen.

Ich öffne die Gesundemischung und verziehe angewidert das Gesicht, bei so vielen Vitaminen die mich förmlich mit ihr bloßen Anwesenheit angreifen, dennoch findet eine der Paprika den Weg in meinen Mund, während mein Maler mit den schlanken fleckigen Fingern ein Stück des dunklen Muffins abricht. Beinahe zeitgleich halten wir uns unsere Blöcke an die Scheibe mit ein und derselben Frage “Und?!” Wir müssen beide Lachen, und ich bereue es dass die Scheibe zwischen uns jenen Laut vor mir verhüllt, als ich ehrlich das Gesicht verziehe und mir die Hand auf die Lippen lege, als würde ich würgen müssen. Wieder kann er sich ein Lachen nicht verbieten, auch wenn ich erkenne wie er sich bemüht. Mein Pulliträger reibt sich jedoch den Bauch, bevor er mit der Hand vor seine Lippen fährt und eine mir unverständliche Geste macht. Von jetzt auf gleich verschwindet das Lächeln aus dem Gesicht meines Gegenübers, als er meinen fragenden Blick sieht und ich habe das Gefühl als hätte mein Ausdruck irgendetwas falsches ‘gesagt’.