Kapitel 15

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Eiskalt sind die Tränen wie gefrohren, als Samuels Auge einen Moment wütend zuckt. “Wer ist dir wichtiger…? Till der Idiot, oder der Mann mit dem du den Rest deines Leben verbringen willst?!” Ich glaube ich habe mich gerade verhört, als ich mich von Samuel löse um ihn irritiert anzusehen. “Was?!”, ziehe ich das A unabsichtlich länger als ich ungläubig den Jüngeren ansehe, vor allem wer hat behauptet das ich mit Samuel den Rest meines Daseins verbringen möchte?! Ich sicherlich nicht! “Ich oder Till? Entscheide dich!” Tatsächlich, mein Freund verlangt gerade von mir dass ich meinen Jahrelang besten Freund sausen lasse, welchem es jetzt vermutlich wirklich dreckiger als einem räudigen Straßenhund geht, um mir einen seiner langweiligen Monologe anzuhören, die er ebenso einem Kuscheltier mit Fickloch erzählen könnte, denn genauso viel bedeutet ihm meine Meinung zu dem Gesagten.

Wortlos nehme ich meine Sachen, die noch in der kleinen Wohnung verteilt sind und schiebe mich an Samuel vorbei, welcher mit seinem Körper den Türrahmen blockiert. “Was?! Joe das kannst du doch nicht machen?! Ich bin dein Freund nicht der! Ich bin es für den du dich entscheiden sollst!” Sein Arm versperrt mir den Weg, als ich Samu ein letztes Mal in die Augen sehe. Nichts… nein absolut nichts? “Machs gut”

Ich lasse ihn in seiner Wohnung zurück und bin froh das ich mich schon damals für die WG mit Till und gegen eine gemeinsame Bleibe mit Samu entschieden habe. Bereits da hätte ich wissen müssen, warum mein unterbewusstsein mich davon abgehalten hat zu viel Zeit mit dem damaligen aktiven Lustschwengel verbringen zu müssen.

Der Lärm des Straßenverkehrs rauscht in meinen Ohren und die Baustelle am Ende der Gasse donnert in meinem Kopfschmerz, als würde der Kerl im Blaumann gerade einige Nervenstränge in meinem Frontallappen zerhämmern und nicht mit dem Presslufthammer auf einem wiedersprenzigen Stück Mauer einhaken. Alles an diesem Ort schreit geradewegs nach der Dramaturgie eines Hollywood Klassikers in denen der Superheld gerade alles verloren hat und am Rande seiner Selbstzweifel kurz davor steht den Fehler seines Lebens zu begehen. Ich weiß ich sollte mit meinem roten Umhang zurück nach Oben fliegen, an Samuels Fenster klopfen und ihn wie Lois Joanne Lane in den Himmel empor ziehen um ihn von meiner Männlichkeit zu überzeugen und sein gebrochenes Herz wieder für mich zu gewinnen. Doch weder kneift mich der viel zu enge blaue Ganzkörperkondom in den Sack, noch verspüre ich das Bedürfnis je wieder auch nur ein weiteres Wort von Samuel anzuhören. Es ist eher befreiend zu wissen, dass man den ganzen Frust nicht mehr in sich selbst hineinfressen muss. Wenn dieses Gefühl nun meine falsche Entscheidung ist, welche mich in die Fänge der bösen Seite der Macht treibt, muss ich sagen würde ich es jederzeit wieder tun.

Till hat meine Nachricht nicht beantwortet, doch wie ich meinen besten Freund kenne, glaubt er vermutlich noch das ich brav zuhause hocke und für das Physikum büffle und da er mich dabei natürlich nicht stören möchte wird er sich an jenem Platz aufhalten, an dem sein trübsal blasendes Gesicht niemanden auffällt und ihm bis auf ein paar tollwütige Ratten voraussichtlich niemand begegnet. Selbst ich wusste Jahrelang nichts von Tills rückzugsort und habe es eher durch einen Zufall, als über einer seiner vielen Offenbarungen erfahren.

Ich kaufe uns zwei richtig fettige Pizzen mit extra viel Käse bei unseren Lieblings Italiener Alberto, welche uns beim hineinbeißen vermutlich mit kochendem Fett die Mundwinkel und den Rachen verbrennen werden, doch für Till gehe ich das Risiko immer wieder gerne ein. Beladen mit den beiden Kartons, welche mir schon das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen schlängle ich mich an einem Geländer und einer Absperrung eines alten Kanals vorbei, an welchem etliche Schilder erklären dass jeder Schritt einem das Leben auf verschiedene Arten nehmen kann. Tod durch ertrinken, Tod durch erschlagen aber das Beste ist das kleine Schild mit dem Typen und der Kamera. Was soll das Heißen? Tod durch hemmungsloses Fotografieren? Wie soll das Aussehen? Brech ich mir beim Auslösen etwa den Finger, verliere das Gleichgewicht und falle wie ein fetter Stein in die Strömung des Wassers? Zwei Dinge die mich an dieser Theorie stören. Erstens, kein Mensch verwendet heute noch Kameras für ein Selfie, zweitens wenn ich wegen des Fotos ins Wasser falle, würde doch automatisch Schild Eins ‘Tod durch ertrinken’ in Kraft treten und damit Schild 3 überflüssig machen.

Das Rauschen des künstlichen Wasserfalls über die maroden Holzpfeiler in die Tiefe, begrüßt mich als ich über den ausgetretenen Weg unter das feuchte dunkle Holz rutsche über welches die Massen an Wasser strömen und ich im schimmernden Abendrot durch das flackernde Nass die Gestalt meines Kumpels erfasse. Das häufchen Elend sitzt mit angewinkelten Knie in der kühlen nassen Erde unseres inzwischen gemeinsamen Geheimen Ortes während sein leerer Gesichtsausdruck bereits mehr verrät als hunderte Worte erklären könnten.

Ich weiß nicht ob es mein Schatten ist, der sich lang in der untergehenden Sonne abzeichnet die sich auf der anderen Seite des Wasserfalls gen Horizontgrenze reckt der ihn zu mir aufsehen lässt, oder ob es die Pizza unseres Albertos ist, welche ihn mit ihrem unwiderstehlichen Geruch aus seinem Loch hervor holt, aber das ist mir eigentlich auch völlig Schnuppe, hauptsache Tilli sieht mich einen Moment an, als ich mich einige Augenblicke einfach Schweigend an seine Seite setzte um ebenso das tanzende Spiel aus Licht und Schatten auf dem Wasser vor uns zu betrachten.

Wortloses Rendezvous (Yaoi, BL, BoyxBoy, Boyslove, Boy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt