-EIGHT-

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- I wish i could ask you what you think of me and you wouldn't lie -


Der nächste Morgen verlief, wie jeder andere auch. Aufstehen, Zähne putzen, anziehen, nervös auf einem Stück Brot herumkauen, Tasche nehmen, gehen. Als Alex die Tür öffnete blieb er stutzig stehen. Vor ihm saß Felix auf einer der Stufen und drehte sich neugierig um. Er hatte ebenfalls einen Rucksack geschultert und sein Handy in der Hand. "Ah, endlich. Ich hab' mich nicht getraut zu klingeln, weil ich Angst hatte, dich zu hetzen, deshalb hab ich gewartet, bis du raus kommst", meinte er und grinste. Alex wusste nicht, was er sagen sollte und lächelte nur verlegen. "Kommst du?", fragte der Große und er nickte nur leicht, ehe er ihm folgte. Der Schulweg verlief schweigsam, aber es war für keinen der beiden unangenehm. Alex war schleierhaft, wie der andere den Schulweg schon kennen, und so zielsicher vorauslaufen konnte, doch er fragte nicht und nahm es einfach hin.

Kurz bevor sie den kleinen Schulhof betraten, machte sich ein mulmiges Gefühl im Bauch des Dunkelblonden breit. Er wird dich verachten, wie jeder andere auch, wenn er es erst mal weiß. Er mag dich doch gar nicht. Alex versuchte diese innere Stimme zum schweigen zu bringen, doch er hatte keine Chance. Zu sehr hatten sich die Trauer, die Wut und die Verzweiflung in seinem Kopf festgebissen. Er senkte den Kopf und zog sich seine Kapuze über. Der Größere sah ihn überrascht an, dachte sich aber nicht viel dabei. Seine Gedanken kreisten um die Tatsache, dass sein Nachbar ein blaues Auge hatte und ihm offensichtlich nicht die Wahrheit sagen wollte, wie dieses zustande gekommen war. Kaum hatten die beiden das eiserne Schultor durchquert fing es auch schon an. Immer wieder wurden angeekelte Gesichter gezogen und das Wort 'Schwuchtel' fiel nicht selten. Etwas überfordert sah der Größere Alex von der Seite an, doch dieser hatte den Blick nur starr auf den Boden gerichtet, kämpfte mit den Tränen. So wie er es jeden Tag tat.

Stumm liefen sie nebeneinander her, ließen sich unmenschliche Begriffe an den Kopf werfen und dachten nach. Alex darüber, wie sehr ihn der Neue jetzt hassen musste, Felix darüber, worüber sich der kleinere so nachdenklich den Kopf zerbrach. Irgendwann, in einem Gang, in dem nicht allzu viele Schüler ihr Unwesen trieben, blieb der Braunhaarige ruckartig stehen. Alex merkte das nicht sofort, stellte erst nach einigen Metern fest, dass die gleichmäßigen Schritte neben ihm verstummt waren. Auch er stellte sein Schritttempo ein und drehte sich jetzt um. Der Große kam auf ihn zu und kam unmittelbar vor ihm zum stehen. Geduldig blickte er auf Alex herab. Dieser schluckte, machte sich bereit, im nächsten Moment eine Faust im Gesicht zu haben, doch nichts passierte. Außer, dass Felix tief Luft holte und schließlich fragte: "Seit wann weißt du es?" Überrascht legte der Blonde den Kopf schief. "Was weiß ich?" "Na, dass du Schwul bist." Wieder schluckte er, biss sich auf die Unterlippe und dachte nach. "Weiß nicht genau. Seit ein oder zwei Jahren." Felix nickte, schien kurz zu überlegen und ging dann weiter. "Halt! Wo willst du hin?", rief der kleinere ihm hinterher. Er war sichtlich verdutzt von der Reaktion des anderen. "Na ins Klassenzimmer. Kommst du?" Erleichtert atmete Alex auf. Er lächelte, nickte und folgte dann seinem Nachbarn. Seit langem war er nicht mehr so glücklich gewesen.



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