-EIGHTEEN-

361 17 1
                                    

- You make me calm down -

Im Laden befand sich keine Menschenseele. Es machte ihn glücklich. Beim besten Willen hätte er die abstoßenden Blicke seiner Mitmenschen jetzt nicht ertragen können. Nicht, dass sie alle Bescheid wussten, aber mit der Zeit redet man sich ein, dass sie es tun. Man redet sich ein, dass sie es an dir ablesen können. Man redet sich ein, dass nichts und niemand mehr für einen da ist. Man redet sich ein, dass jeder hinter deinem Rücken über dich redet. Er kaute sich nervös auf der Unterlippe herum, als er den Einkaufswagen vor sich her schob und immer mal wieder ein paar Sachen hineinwarf. Sein Vater hatte ihm Geld da gelassen, mit dem er einkaufen konnte. Er hätte die Chance, sich Dinge zuzulegen, die er sonst nicht bekam, aber er war aus dem Alter raus, in dem man überschüssiges Geld für so einen Mist verwendete. Viel lieber nutzte er es, um hin und wieder ein paar Pennern einen schönen Tag zu bescheren. Er war der Meinung, dass, wenn er selbst schon nicht glücklich werden konnte, wenigstens alle anderen die Chance darauf haben sollten.

Die Kassiererin sah ihn schräg von der Seite an, konnte sie doch sehen, was er einkaufte und wie Jung er noch war. Es war schwer für sie, sich nicht vorzustellen, dass er von zu Hause weggelaufen und vermutlich ein Krimineller war, das konnte man ihr ansehen. Der Dunkelblonde versuchte es nicht zu beachten und einfach mit möglichst monotoner Miene seinen Einkauf in eine Tüte zu stecken. „67,40€, bitte", meinte sie mit heiserer Stimme und dribbelte ungeduldig mit dem Fuß, als Alex in seinem Geldbeutel wühlte, um ihr das Geld möglichst genau zu geben. „Vielen Dank, schönes Wochenende!", leierte sie ihren Text runter und bekam nur ein unverständliches Nuscheln als Antwort. Schnellen Schrittes eilte er nach Hause.

Noch immer fühlte sich Alex ein wenig benommen. Er war jetzt bestimmt schon seit zwei Stunden auf den Beinen, aber irgendwie war er noch immer müde. Er mochte dieses Gefühl eigentlich überhaupt nicht, doch da es Wochenende war und er somit schlafen beziehungsweise wach sein konnte, wann er wollte, störte ihn das vergleichsweise wenig. Er schlug ein paar Eier in eine Schüssel, rührte Zucker, Milch und etwas Mehl dazu und kostete den Teig. Er hatte Pfannkuchen schon immer geliebt. Sie machten gut satt, waren schnell und einfach zumachen und man konnte sie in die Luft werfen um sie zu wenden. Was will man mehr?

Gerade, als er ein wenig von der zähen Flüssigkeit in die dampfende Pfanne hatte laufen lassen, klingelte es an der Tür. Er zuckte erst kurz zusammen, erschreckt von dem plötzlichen lauten Geräusch, doch dann machte er sich schon auf die Socken, um seinem vermeintlichen Gast Einlass zu gewähren. Er atmete noch einmal tief durch, ehe er die Tür öffnete. Ein breites Grinsen kam ihm entgegen und er konnte nicht anders, als selbst zu schmunzeln. „Naaaaa. Hat der Alex seinen Samstag etwa ohne mich geplant?", fragte Felix gespielt arrogant und sah seinen Kumpel von oben herab an. „Oh nein my Lord, wie könnte ich. Ich stehe ihnen jede freie Minute zur Verfügung", witzelte der blonde und verneigte sich. „Ja das will ich aber auch hoffen!" Sie beide lachten. „Warum bist du nicht einfach durchs Fenster gekommen?", fragte Alex, der noch immer, an den Türrahmengelehnt, dastand. „Glaub mir, ich saß mindestens zwanzig Minuten davor und hab gegen deine Scheibe geklopft, aber du hattest ja scheinbar was besseres zu tun, als mir auf zu machen." Und eben indiesem Moment machte sich der Grund dafür Bemerkbar. Ein ekelhafter Gestank zog durch den Flur. Augenblicklich fing Alex an zu husten und riss erschrocken die Augen auf. „Fuck! Der Pfannkuchen!" Miteinem mal war er verschwunden. Zurück blieb nur ein verdatterter Felix, der etwas überfordert zu sah, wie nicht sonderlich appetitlich aussehender Qualm den Raum erfüllte. Alex arbeitete sich zu der Pfanne durch, die etwas kohlrabenschwarzes in sich trug.Dieses etwas Pfannkuchen zu nennen wäre eine Zumutung. „Ach scheiße", knurrte der kleine deshalb und kippte den Inhalt in den Mülleimer. Hysterisch hüpfte er durch die Wohnung und riss sämtliche Fenster auf, um durchzulüften und sowohl den widerlichen Gestank, als auch den Rauch zu mildern, was bei der stehenden Luft in der prallen Mittagshitze kaum Sinn machte. Felix hatte unterdessen auch den Raum betreten und sah nun schmunzelnd dabei zu, wie sein Nachbar verbissen versuchte irgendetwas auszurichten. Doch statt ihn irgendwie zu mahnen, dass er doch bitte etwas runterkommen oder sich beruhigensoll, ging er einfach auf ihn zu und schlang seine Arme um ihn. Alex, der durch diese Aktion beinahe völlig bewegungsunfähig geworden war, wurde rot, wie eine Tomate. Der braunhaarige legte seinen Kopf auf dem seines Kumpels ab und hielt ihn fest umklammert. „Hey,alles wird gut. Es ist nur ein einzelner angebrannter Pfannkuchen, kein ganzes Festmahl." Alex atmete tief durch. Recht hatte er ja. Aber es ging ums Prinzip, und das besagte nun mal, dass er scheinbar ein kompletter Volltrottel war, der es nicht mal hinbekam, einen verdammten Pfannkuchen zu braten. Er ballte die Hände zu Fäusten, woraufhin sein Freund nur seine um die von Alex legte und sie sanft wieder öffnete. „Shh", flüsterte Felix. Noch eine ganze Weile standen sie so da, starrten an die Wand und fragten sich, was der  jeweilige andere wohl gerade dachte.



Journal - DizziWo Geschichten leben. Entdecke jetzt