Nana

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Völlig fertig lag ich mit dem Gesicht nach oben auf Shadows Rücken nachdem wir eine Ewigkeit durch Wyomings Felder galoppiert waren und ich geweint hatte wie eine Verrückte.

Die unzähligen Sterne am Himmel ließen mich sprachlos und lenkten mich kurze Zeit vom schlimmsten Moment meines Lebens ab.

Ich hörte Shadows gleichmäßiges Atmen unter mir und vor Erschöpfung und weil ich mich so sicher fühlte, schlief ich ein.

Meine letzten Gedanken waren an Colt und wie wütend er wieder sein würde weil ich die Nacht in der Wildnis verbracht hatte.

Aber nicht mal das konnte mich wach halten.

Als ich aufwachte lief Shadow noch immer.

Mir war ziemlich kalt, was am zerrissenen Shirt liegen konnte.

Reine Spekulation.

Doch dann kamen die Bilder wieder hoch. Ich begutachtete meine Handgelenke.

Autsch. Ich umarmte Shadow und steckte meine Arme unter seine warme Mähne. Bald entdeckte ich eine Straße in der Ferne.

Wo er mich wohl hinbrachte? Ich erspähte ein grünes Straßenschild.

Ich brachte Shadow zum galoppieren. Je näher wir ans Schild kamen, desto unrealistischer wurde die Situation.

Stand da tatsächlich Colorado?!

Hatte Shadow mich tatsächlich in den Nachbarsstaat gebracht?

Völlig aufgebracht versuchte ich ihn zum Umdrehen zu zwingen,doch er lief zielstrebig weiter.

Er schnaubte und blieb an der Straße stehen.

Ich stieg ab und versuche mein Oberteil irgendwie zu verknoten dass man meinen BH nicht so auffällig sah.

Ich blickte den schwarzen Riesen fragend an.

Das Gras war nass und kalt vom Morgentau.

Schnell kletterte ich auf Shadows Rücken.

Auch er schien jetzt eher ziellos neben der Straße zu gehen.

Gedankenverloren spielte ich die Erlebnisse von gestern noch einmal in meinem Kopf ab und mein Magen zog sich zusammen.

Nein warte.

Das war der Hunger der an mir nagte. Sofort wurde Shadow schneller und nach zwanzig Minuten erreichten wir ein kleines Diner.

‚Nanas kitchen' stand in Holz gemeißelt da geschrieben.

Es sah urgemütlich aus. Es roch schon von Draußen nach Pancakes und Kaffee.

Die paar Farmer und alten Leute guckten ehrfürchtig auf Shadow, der mich sicher vorm Diner absetze.

Mir war ganz egal dass ich aussah wie eine Obdachlose.

Mein Hunger war schon schmerzhaft zu diesem Zeitpunkt.

Gott bin ich froh, kein Model zu sein, die müssten sich durchgehend so fühlen.

Eine ältere Dame mit Schürze kam aus dem Diner und musterte mich eindringlich aber mit freundlichem Lächeln.

„Na Sweetheart. Du siehst aus als könntest du was zu essen vertragen."

Ich lächelte zurück und sagte kleinlaut „Ich hab leider kein Geld dabei aber ich wollte fragen ob ich ein Schluck aus dem Wasserhahn bekommen könnte".

Erstaunt blickte sie mich an.

„Na das vergiss auch mal ganz schnell wieder. Ich lade dich ein. Aber im Gegenzug erzählst du mir erstens wie du hierher kommst und zweitens wie in Gottes Namen den Shadow of the wilderness gezähmt hast".

So bekannt war mein Shadow.

Ich nickte dankbar.

Es stellte sich heraus, das die Besitzerin des Diners Nana, schon etliche Geschichten über Shadow gehört hatte. Sie erinnerte mich an Colts Großmutter. Ich vertraute ihr meine ganze Geschichte an. Und sie hörte sie an von vorne bis zum Ende. Als ich fertig war, und in der Zeit mal eben so gemütlich meinen achten Pancake verdrückt hatte, ging sie hinter den Tresen und wies mir an ihr zu folgen.

Wir kamen in eine hölzerne Wohnung, in der es nach Pferd und Leder roch.

Über dem Kamin hingen Hörner irgendeines Bockes.

„So Schätzchen, das Badezimmer ist da hinten, ich such mal ein paar Klamotten für dich raus" ich war überwältigt von der Freundlichkeit der Menschen hier.

Ich duschte und fühlte mich wieder frisch und munter.

Ich fand eine eingepackte Zahnbürste und putzte den blöden Geschmack von meinen Zähnen.

Vor der Tür lagen frisch gefaltete Klamotten. Eine lange Blue Jeans, ausgewaschen und kleine Stickereien auf den Hintertaschen und ein gelbes top mit kleinen Blumen darauf.

Außerdem Cowboy Stiefel (zugegeben meine neue Schwäche, ich sollte eine High End Cowboy Stiefel Marke auf der Markt bringen) sie hatten einen Lederbraunen Rand, der Rest war Elfenbeinfarben und kleinen aufgestickten weißen Flügeln auf den Seiten.

Ich zog sie an und fühlte mich großartig.

Ich föhnte mir die Haare mit einem unendlich alten Föhn und kehrte ins Diner zurück.

In dem brummte es inzwischen ganz schön. Nana warf mir eine kurze Schürze zu und grinste mich an.

Ich nickte grinsend zurück und machte mich ans bedienen.

Es machte mir großen Spaß die Kundschaft zu bedienen, die teilweise aussah wie aus einem Western.

Allerdings fiel mir auf, dass die älteren Gäste mich zunächst geschockt musterten ehe sie bei mir bestellten.

Nach guten zwei Stunden, schrie ein betagter Cowboy: „Nana, mach die Kiste mal lauter!"

Ohne auf den Inhalt des Fernsehers zu achten, tat sie wie ihr geheißen. „...ist Blond und wird als herausstechend hübsch beschrieben. Ihr Begleiter soll ein großer Friese sein. Blake hat zudem zerrissene Klamotten an und steht vermutlich unter Schock wegen ihres Reitunfalls."

Plötzlich wurde es totenstill im Diner.

Ich schluckte und wagte es nicht mich umzusehen.

„Mädchen, ich muss die Ranch anrufen" brummte mir der Sherriff dieser Kleinstadt zu, setzte seinen Hut auf und bewegte sich zu seinem Jeep.

Ich blickte Hilfesuchend zu Nana. „Kopfhoch Kleines. Hört sich so an als hättest du einen Zeugen bei dir auf der Ranch. Das wird wieder. Und grüß doch deinen Freund. Mach's gut, Ruth... äh ich meine..." sie räusperte sich. „Blake"

Mit aufgerissenen Augen sah ich sie an.

Mein Herz stoppte. „Was hast du gesagt, Nana?!" fragte ich und kam auf sie zu.

Sie blickte zu Boden.

So war sie plötzlich nicht mehr die toughe Wirtin.

Sie wirkte eher hilflos und ertappt.

Mir wurde schwindelig.

Ich rannte zurück in die kleine Wohnung, zu einer kleinen Kommode und starrte auf die Fotorahmen, die da standen.

Mein Atem stockte, mein Blut gefror in meinen Adern.

Ruth.

Mit Nana. Es war gespenstisch.

Wie ich und Nana, wären wir mit einem alten Fotoapparat abgelichtet wurden.

Das Bild dahinter, zeigte wieder Ruth.

Mit einem schwarzen Pferd.

Shadow.

Flog mir durch den Kopf.

Ich wühlte weiter durch das Fotochaos, bis ich fand, wovor ich mich seit Tagen fürchtete.

Wyoming Love StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt