Revelation

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Da auf dem Bild war Ruth abgebildet.

Wieder sah sie genauso aus wie ich.

Hinter ihr stand breit grinsend Nana.

Und Ruth hielt jemandem auf dem Arm. Ein Baby.

Mit unwahrscheinlich weißblondem Haar.

Hinter ihnen stand Shadow.

Oder zumindest ein Pferd, das ihm glich wie ein Ei dem anderen. Meine Welt veränderte sich schlagartig.

Nana stand hinter mir, mit Tränen in den Augen.

"Ich wusste, er würde dich irgendwann zu mir bringen." keuchte sie und deutete auf Shadow.

"Nachdem deine Mutter... Ruth starb, da... da konnte ich dich nicht behalten." brachte sie heraus.

Man hörte ihr Bereuen in der Stimme.

Das alles hier war wie eine schlechte Folge aus den spanischen Telenovelas, die mein Hausmädchen Rosa immer sah.

Fehlte noch, das Colt mein Cousin war und Grace eine Zwillingsschwester hatte, die irgendwann alle vergiftete.

"Und dann hast du mich weggegeben?" fragte ich die Offensichtlichste Frage in dieser Situation.

"Blake..." Hörte ich sie noch sagen bevor ich aus dem Wohnzimmer rannte, indem ich gelernt hatte, dass es kein Zufall war so auszusehen wie Ruth.

Sie war meine Mutter.

Grace hatte Recht.

Ich war das Kind, das weggegeben wurde, nachdem Ruth gestorben war.

Und ich hatte es nur noch einsehen müssen.

Dass ich war, wer ich war.

Das meine 'Eltern' nicht meine Eltern waren.

Das sie mich eventuell deshalb hergeschickt hatten.

Ich war hier geboren.

Dass meine Mutter umgebracht worden war.

Das ich Ruths Tochter war.

Selbstverständlich fuhr ich nicht mit dem Sheriff mit.

Seine alte Rostlaube sah aus, wie ich mich fühlte.

Ich rannte Richtung Felsen und wurde von ihm erwartet.

Wie noch nie galoppierte er los.

Noch nie war er so schnell gewesen, noch nie hatte ich die Stärke, die dieses Tier aufbringen konnte so gespürt wie in diesem Moment.

Ich krallte mich in seine wehende Mähne.

Er war mit solcher Geschwindigkeit unterwegs, dass meine Tränen nicht einmal mein Kinn erreichten und kleine Insekten wie Kanonenkugeln kleine rote Punkte auf meiner Wange hinterließen.

Irgendwann hatte ich wieder das Gefühl eins mit Shadow sein.

Seine Mähne und meine Haare flatterten synchron im Wind.

Ich wusste nicht, wie lange wir unterwegs waren und es war auch egal, denn alles was gezählt hatte, tat es jetzt nicht mehr.

Ich war im falschen zu Hause groß geworden.

Fast am schlimmsten fand ich, dass ich fast siebzehn Jahre lange Lebenszeit hier verpasst hatte.

Schon viel früher hätte ich in endlosen Weiten auf einer Wiese in diesen Atemberaubenden Himmel starren können.

Diese Innerliche Ruhe haben können.

Doch ich wurde im Dschungel groß.

Dem Großstadtdschungel.

Hektisch.

Grau.

Chaotisch.

Kurz bevor wir ankamen, wusste ich genau, was mir blühen würde.

Colt würde mich erst zusammenfalten und dann für mehrere Wochen nicht mit mir reden.

Tyler würde versuchen mich aufzuheitern, doch Ethan war noch immer im gleichen Haus wie ich.

Ich würde nicht wissen, was ich sagen könnte.

Ich sah bereits eine Menschenmenge auf dem Internatsgebirge, als Shadow und ich fast da waren.

Mir kam jemand zugeritten.

Mein Herz stand kurz still.

Colt.

Ich war mir sicher, er würde mich anschreien und mich wieder klein aussehen lassen.

Er sprang geladen vom Pferd, brachte Shadow zum anhalten.

Geknickt ließ ich mich von ihm gleiten.

Sobald meine Füße den Boden erreichten, fühlte ich zwei arme, sie sich um mich schlangen und mir Halt boten.

Erschrocken reagierte ich erst ein paar Sekunden später und vergrub mich in seinen starken Armen.

"Ich hab mir solche Sorgen gemacht" flüsterte er in mein Haar.

Mir rannten lautlos Tränen über die Wangen.

Kein Geschrei.

Nur Colt, der mich hielt und tröstete.

"Nana hat Grace angerufen und alles erzählt. Ich kann nur ahnen wie es dir geht. Besonders nach... der Sache."

Ich hörte kurz auf zu atmen. Schnell fügte er hinzu: "Tyler hat mir alles erzählt." Noch immer hielt ich den Atem an.

"Es tut mir so leid, dass ich nicht da war" sagte er mit so viel Schmerz in der Stimme, dass es mir beinahe das Herz brach.

Er krallte in meine Haare und drückte mich so feste an ihn, dass zwischen uns nicht mal mehr ein Stück Papier passte.

Ich fühlte mich für diesen einen Moment so geborgen und ich atmete seinen Duft ein.

Himmelherr Gott, was würde ich jetzt für einen Whirlpool geben.

Wyoming Love StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt