Luna
"Was hast du für ein Problem?" Der Schmerz in Melanies Stimme war deutlich herauszuhören, als sie mir die Worte ins Gesicht schrie.
Ich hätte bereits vor Stunden bei ihr sein sollen, doch ich hatte mich entschieden, das Bild noch zu vollenden. Jetzt bekam ich Mels Enttäuschung und ihre Wut zu spüren. Sie hatte alles für ein gemeinsames Essen vorbereitet und vermutlich lange gekocht. Doch statt mich zu entschuldigen wurde ich ebenfalls wütend.
Ich ballte die Hände zu Fäusten und ließ meinen Blick über meine Freundin gleiten. Ihre braunen Haare waren in einen Zopf gebunden, einige Strähnen hatten sich gelöst. Ihre Augen zeigten funkelnd ihre Missbilligung und um ihre Mundwinkel hatten sich bittere Züge gelegt.
"Es gibt kein Problem", bemühte ich mich mit ruhiger Stimme zu sagen, doch die Anspannung in der Luft erschwerte es mir.
"Hör auf, mich anzulügen, Luna!" Der schneidende Ton hätte mich vermutlich zusammenzucken lassen, wenn ich nicht selbst so aufgebracht gewesen wäre.
Es kam selten vor, dass Mel die Kontrolle verlor.
"Es gibt kein Problem." Ich atmete tief durch.
Ich wollte nur, dass diese Situation vorbei war. Ich ertrug ihre anklagenden Augen nicht länger.
Nun schien sie sich zu beruhigen und richtete sich etwas auf. Der Blick aber, den sie mir schenkte, war eisig. "Dann belügst du dich selbst."
In diesem Moment zog sich ein stechender Schmerz von meinem Schlüsselbein bis in meine Bauchgegend und zu meiner Stirn. Es war, als hätte ein Blitz in mein Gefährtenmal eingeschlagen und sich dann gespalten, um meinem Körper maximalen Schmerz zuzufügen.
"Schluss jetzt!" Mein Schrei hallte durch die Küche und das Knurren, das darauf folgte, hinterließ eine unheimliche Stille.
Ich schlug mir die Hand vor den Mund und suchte Malanies Blick, doch diesmal konnte ich nicht ein Gefühl darin erkennen. Ihre Augen waren manchmal wie eine Glasscheibe, dahinter konnte man die verschiedensten Emotionen erkennen. Doch in diesem Moment starrte ich nur in einen dunklen, leeren Raum.
Ich wollte mich entschuldigen, ihr sagen, wie falsch ich mich verhalten hatte, dass ich alles bereute. Doch ich konnte nicht. Aus meinem Mund drang nicht ein weiteres Wort.
Unser Streit war vorbei. Doch unsere Promleme waren nun größer denn je. Vom ersten Tag an, war unsere Beziehung stark gewesen. Vom ersten Moment an waren wir verbunden. Doch nun zweifelte ich, ob diese Bindung stark genug war.
Ich wollte auf sie zu gehen. Ich musste sie jetzt in den Arm nehmen.
"Luna."
Ich wich einen Schritt zurück. Meine Arme hingen tatenlos an meinen Seiten herab.
"Du solltest gehen."
Noch immer beobachtete ich ihre Augen. Ich wünschte mir, ich könnte ihren Schmerz erkennen oder ihre Trauer. Doch nichts.
Ich trat einen weiteren Schritt zurück. Vielleicht war das das Ende. Vielleicht hatte ich nun unsere Beziehung vollends zerstört.
Ich schloss die Augen für einen Moment und wandte mich ab. Ich bemerkte ein Ziehen im Bauch, welches mich auf unangenehmste Weise an meine Fehler erinnerte.
Ich trat auf die Tür zu und versuchte, das Brennen in meinen Augen zu ignorieren.Vielleicht war nun alles aus.
~ ~ ~
Mel
Sie ließ mich tatsächlich allein. Sie wandte sich von mir ab und zog hinter sich die Tür zu.
Die Stille, die sie hinterließ, klang in meinen Ohren überraschend laut. Mir wurde kalt und mein Körper begann zu zittern. Sie war einfach gegangen.
Sie hatte die Kontrolle verloren.
Dieses Knurren. Es war kein spielerisches gewesen, wie sie es manchmal als Wolf für mich von sich gab, es war eine ernst gemeinte Warnung gewesen. Sie hatte mir ein weiteres Mal bewiesen, wie instabil unsere Bindung geworden war. Luna hatte sich von mir ernsthaft angegriffen gefühlt. Und darauf entsprechend reagiert.
Mir stiegen die Tränen in die Augen, als ich auf die Stelle starrte, wo sie noch vor wenigen Minuten gestanden hatte. Als der erste Schluchzer sich aus meiner Kehle löste, gaben meine Knie nach und ich sank auf die Küchenfliesen. Die Kälte, die ich jetzt an meiner Haut spürte, war nichts im Vergleich zu meinem Inneren.
Unser Streit mochte vorbei sein, doch von der Lösung unserer Schwierigkeiten waren wir weiter entfernt als jemals zuvor.
- - -
Bzz bzz bzz. Bzz bzz bzz.
Als das Vibrieren meines Handys schon wieder meine Konzentration störte, schaltete ich das Gerät ab. Ich hatte beschlossen, mich etwas durch Pflanzenkunde abzulenken. In diesem Moment versuchte ich eine Flüssigkeitsprobe aus dem Stiehl einer seltenen Blume zu nehmen, doch jedes Mal, wenn die Pinzette näher kam, bewegte sich der tulpenähnliche Kelch und der Stiehl entkam meinem Versuch.
Ich war zu unkonzentriert. Ich versuchte, meine Gedanken verstummen zu lassen, doch es ging nicht. Mir ging das Gefühl nicht aus dem Kopf, wie das Knurren in meinem eigenen Brustkorb widerhallte.
Mit einem lauten Krachen wurde eine Tür aufgestoßen und die Blume zog sich vollkommen in die Erde zurück. Verärgert schnaufte ich und drehte mich um, vergaß aber meine Wut, als ich den grauen Wolf mit den gelben Augen erkannte.
"Simon?" Noch während ich es aussprach, wandelte er sich bereits, wobei die Stoffhose, die um seinen Hals gebunden war, zu Boden glitt. Als die Wandlung nahezu vorüber war, zog er sich die Hose über und begann schon atemlos zu erzählen.
"Du musst unbedingt mitkommen! Luna steckt in der Wandlung fest und lässt uns nicht an sich heran."
Perplex starrte ich ihn nur an, ließ mich aber ohne Prostest von ihm mitziehen, bevor sich meine Beine wieder von selbst bewegten.
Ich wusste, dass viele Wandler genau vor solch einer Situation Angst hatten. In einem Zwischenstadium der Wandlung zu bleiben war das schlimmste, was ihnen passieren konnte. Und es musste ungeheuer schmerzhaft sein.
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.~ ~ ~
Tadaaa~
Als Entschuldigung, dass ihr so lange warten musstet und ihr mir die Zeit gegeben habt, die Story wieder unter Kontrolle zu bekommen, lade ich dieses Kapitel schon heute hoch!
Außerdem möchte ich euch für die 4K Reads danken, das ist für mich einfach unglaublich...
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende und einen tollen zweiten Advent!
LG SerenaTopas
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Wolfsbrut - Die Gefährtin (gxg)
WerewolfMensch und Wolfswandler. Ein emotionales Band. Liebe? Bereits nach der ersten Begegnung spüren Melanie und Luna, dass die Anziehung zwischen ihnen größer ist, als es der Fall sein sollte. Als sie sich näher kennenlernen, enthüllt Luna Mel gegenüber...