Chapter Four: Beschwörer der Stürme

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Es war tiefste Nacht, als ich das nächste Mal aufwachte. Ich spürte sofort, ohne richtig zu mir gekommen zu sein, dass die Wärme fehlte. Loki lag nicht mehr neben mir. Seine Seite des Bettes war kalt geworden.
Wie tief und lange hatte ich wohl geschlafen?

Draußen tobte ein Sturm, das Grollen des Donners ließ förmlich die Wände beben. Mit Sicherheit war ich davon aufgewacht.
Ich hatte Gewitter immer geliebt, aber ein Fenster stand weit offen, wodurch es noch viel lauter wurde. Die weißen Vorhänge bewegten sich stürmisch im Wind. Ich konnte erkennen, dass es herein regnete. Das Licht der bläulichen Blitze spiegelte sich in einer kleinen Pfütze auf dem Boden wider.

Ich schlug die Decke zurück und lief barfuß über den kühlen Boden. Ich trug sonst nur die typische Krankenhauskleidung. Der Regen hatte die sonst immer so warme Frühsommerluft abgekühlt. Ich fröstelte und schlang meine Arme um meinen Oberkörper. Warum war nur das Fenster offen? Ich konnte mich nicht daran erinnern, dass es jemand geöffnet hatte. Und eigentlich gab es eine Klimaanlage, weswegen es auch nicht unbedingt nötig gewesen wäre. Langsam tastete ich mich quer durch den dunklen Raum, erst am Bett entlang, dann an den Stühlen vorbei. Nur wenn ein Blitz über den Himmel zuckte konnte ich meinen Weg erkennen.

Ich zog den Vorhang zur Seite. Der Wind bließ mir Regentropfen ins Gesicht und verwuschelte meine Haare. Ich schloss es eilig, bevor ich noch komplett durchnässt wurde. Meine Füße wurden feucht und kalt, doch ich konnte es mir nicht nehmen eine Weile die Welt dort draußen zu betrachten.
Ich war in einem der oberen Stockwerke des Krankenhauses und konnte von hier oben das Meer erkennen. Große Wellen rollten über die Strände, gewaltige Unwetterwolken verdeckten den Mond. Der Wind ließ Palmen und Fahnen im Wind tanzen. Die Stadt war in das Licht der Blitze getaucht. Die Straßen waren wie leergefegt, bei diesem Wetter war niemand freiwillg unterwegs, davon abgesehen, dass es mitten in der Nacht war. Ich erkannte die Uhrzeit an einem nahen Kirchturm. Sie zeigte kurz nach halb drei.

Ich kannte die Gefahr solcher Stürme, doch auf der andere Seite war es auch einfach wunderschön die Gewalt der Natur zu beobachten. In solchen Situationen wirkte man so klein und machtlos. Die Erde zeigte uns, dass sie noch immer Gewalt über uns Menschen hatte und sich zurückholen konnte, was wir ihr nahmen.

Ich war so vertieft in das Schauspiel, dass ich die plötzliche Hitze unter meinem Hemd erst fast zu spät bemerkte. Eilig zog ich den Stein von Helia an seiner Kette darunter hervor und nahm ihn ab. Er war nicht mehr Schwarz sondern glühte in einem dunklen Rot. Ich wollte ihn berühren, zog meine Finger jedoch gleich wieder zurück bevor ich sie mir verbrannte. Was zur Hölle? Wie konnte ein Stein heiß werden? Andererseits warum stellte ich mir überhaupt so eine Frage? Magie war die Antwort. Die wichtigere Frage war eher: warum gerade jetzt? Was wollte der Edelstein mir sagen?

Etwas beunruhigte mich plötzlich. Ich hatte das Gefühl nicht mehr alleine zu sein. Langsam drehte ich mich um und versuchte im dunklen Raum etwas zu erkennen. Ich war schon wieder einfach nur paranoid, begann ich mir zu sagen, doch dann hörte ich ein Geräusch. Es war dumpf und durch den Lärm von draußen konnte ich es nicht ganz zuordnen.

"Loki bist du es?", fragte ich schließlich unsicher, nachdem ich es nicht mehr aushielt. "Wenn du es bist, hör auf mit dem Quatsch", forderte ich. Doch ich bekam keine Antwort.

Ein Blitz, heller als alle anderen zuvor erhellte den Raum für einige Sekunden und mir gefror das Blut in meinen Adern. Zitternd machte ich einige Schritte zurück, bis ich mit dem Rücken gegen das Fenster stieß. Mit dem nächsten Leuchten konnte ich es erneut sehen und ich wusste, dass ich nicht paranoid war. Neben meinem Bett stand eine dunkle große Gestalt. Mit jedem Blitz kam sie einen Schritt näher. Ich konnte die breiten Schultern erkennen, die muskulösen Arme, in seiner einen Hand eine riesige Waffe.

"Bleib wo du bist", schrie ich ihm entgegen. Meine Stimmte zitterte und wirkte nicht sonderlich überzeugend. Ich hatte panische Angst. Wo verdammt war nur Loki? Ich blickte mich hektisch um und versuchte einen Gegenstand zu finden, mit dem ich mich gegebenenfalls wehren konnte. Doch hier war einfach nichts. Ich war hilflos. Doch was sollte ich auch gegen solch einen Hünen ausrichten können?

Und zu meiner Begeisterung blieb die Gestalt natürlich auch nicht stehen. Bedrohlich, wie ein Raubtier kam sie Stück für Stück auf mich zu. "Loki", rief ich. "Loki!", noch etwas lauter, als er immer noch nicht auftauchte. "Pscht, sei still", fuhr mich die Gestalt mit einer tiefen starken Stimme an, die perfekt zu seinem Körperbau passte und brachte die letzten Meter hinter sich. "Loki!", kreischte ich nun so laut, wie ich konnte, bevor er mir seine Pranke auf den Mund drücken konnte. Er presste mich fast schmerzhaft gegen die Wand. Im Licht des nächsten Blitzes konnte ich sein Gesicht erkennen. Er war jung. Blonde Haare, einen ebenso hellen Bart und blaue leuchtende Augen. Sie hatten die selbe Farbe wie die Blitze. Er sah gar nicht so furchterregend aus, eher sogar ganz nett. Sein Blick war nicht böse. Doch das hielt mich jetzt nicht davon ab in seine Hand zu beißen und wie wild um mich zu schlagen, bis er mich fluchend losließ. Und in diesem Moment stürmte auch endlich Loki ins Zimmer und machte das Licht an.

"Elaine, was ist los?", rief er hektisch, bevor er die Situation erkannte. Wie angewurzelt blieb er stehen und starrte auf den Mann vor mir. Dieser drehte sich in seine Richtung. Auf ein Mal sah ich in Lokis Hand eine Klinge aufblitzen. "Geh sofort weg von ihr Thor", knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen und ging in Kampfstellung.

Ungläubig musterte ich den Mann vor mir nun genauer, der nun zwischen uns beiden stand. Klar, warum war ich da nicht selbst darauf gekommen? In seiner Hand hielt er einen Hammer. Und das Gewitter... welches nun passenderweise nachließ. Ich musste wohl anfangen in allem noch mehr den passenden Gott zu sehen! Jetzt wo ich so viel wusste, war ja auch klar, wer für Stürme sorgte. Nicht die Erde selbst, sondern Thor.

Der Gott des Donners hob drohend Mjölnir an und ging einige Schritte auf Loki zu, wodurch ich endlich etwas mehr Raum hatte und erleichert Luft holte. Die Gefahr war noch nicht gebannt, doch ich glaubte fest daran, dass Loki die Sache schon regeln würde, schließlich waren er und Thor laut der Edda Freunde seit einer sehr langen Zeit. Die Drohhaltung von Loki konnte ich also nicht ganz nachvollziehen, wobei es natürlich auch merkwürdig war von dem anderen Gott hier einfach so aufzutauchen. Aber war Thor nicht der Beschützer von Midgard? Auch wenn ich mich langsam beruhigen konnte, war Loki sich anscheinend nicht so sicher, dass er mir nichts tun würde.

"Ich bin nicht hier, um mit dir zu kämpfen Loki", sprach Thor und ließ den Hammer wieder sinken. Loki war jedoch so schnell nicht zu überzeugen. Dafür war er zu oft hintergangen worden, war meine Erklärung seiner Haltung.

Thor setzte als Zeichen seiner guten Absichten seinen Hammer auf dem Boden ab. Mjölnir musste wirklich unglaublich schwer sein, denn eine Vibration lief durch den gesamten Boden beim Aufkommen.

Loki musterte ihn noch einige Sekunden skeptisch, dann steckte er den Dolch weg: "was willst du?"

Hiii,

Na was haltet ihr von Thors Auftritt? Was wird wohl passieren?

Einen schönen Abend euch noch
LG eure Cristina

Ragnarök - Sommerregen✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt