Loki hämmerte wie wild gegen seine Apartmenttür.
"Verdammt Thor mach auf", brüllte er. An mich gewandt fuhr er fort:" warum habe ich ihm auch nur die Schlüssel gegeben?"
Loki klopfte erneut. Endlich rührte sich da drinnen etwas und nach einigen Augenblicken öffnete ein total verschlafener Gott die Tür.
Nur mit Boxershorts bekleidet rieb er sich die Augen und gähnte ausgiebig:" zum Donner Loki, was störst du zu dieser unsittlichen Stunde?""Du stinkst wie eine ganze Brauerei Thor", war seine Antwort und genervt schob er sich an ihm vorbei in die Wohnung. Ich folgte und konnte nun auch den starken Biergeruch wahrnehmen. Der Gott des Donners war laut Edda einer der besten Trinker der Asen. Und anscheinend schien das zu stimmen.
Während Loki im Schlafzimmer verschwand wartete ich in seinem Wohnzimmer. Thor schloss geräuschvoll die Tür und lief zum Kühlschrank der offenen Wohnküche und nahm sich eine Flasche Bier. "Willst du auch eins Elaine?", fragte er. Ich winkte ab.
So wohnte der Gott des Feuers also. Die Wände waren schlicht in Weiß gehalten, Bilder und sonstige Dekoration fehlten. Eine dunkelgraue Couch stand mittig im Raum seitlich zu einer großen Fensterfront. An der linken Wand war ein großer Fernseher angebracht. Auf einem flachen Board darunter lagen einige DVDs. Eigentlich war mir nicht zum Lachen zumute, doch als ich die Cover betrachtete, erkannte ich die Marvelfilme über Thor und musste ungewollt schmunzeln. Ich nahm einen in die Hand und hielt ihn dem Gott des Donners entgegen. „Habt ihr die wirklich gesehen?", fragte ich belustigt. Thor nickte, während er einen Schluck Bier trank. Er kam zu mir rüber und setzte sich auf das Sofa. „Haben wir, sogar alle drei und ich muss sagen, so eine schlechte Vorstellung habt ihr gar nicht mal von mir. Das mit dem Bier stimmt auf jeden Fall." Er lachte. Ich musste erneut grinsen, doch zu mehr war ich gerade nicht im Stande. Erst musste ich zu meinem Vater und wissen, dass alles wieder gut werden würde.
„Thor, kommst du bitte mal?", hörte ich Loki aus dem Schlafzimmer rufen. Der Gott erhob sich:" mach es dir derweil bequem" und verschwand.
Unschlüssig, was ich tun sollte, setzte ich mich hin. Die Tür wurde geschlossen. Anscheinend wollten sie nicht gestört werden. Einige Minuten blieb es relativ ruhig, sie redeten, doch was, konnte ich nicht verstehen. Aber dann wurde es auf einmal lauter. „Du kannst nicht einfach verschwinden, wie du es immer tust", brüllte Thor. „Ich verschwinde nicht mein Freund, Elaine braucht mich, wie oft soll ich das noch wiederholen?", gab Loki mindestens genauso laut zurück. „Loki, ich kenne dich gut genug, um zu wissen, dass es bei dir immer mehr als nur einen Grund gibt! Warum sollte es diesmal also nicht genauso sein? Warum sollte einmal jemand anderes wichtiger sein als du selbst? Du kannst mir nichts vormachen. Du willst verschwinden, dich der drohenden Strafe entziehen. Wir beide wissen, irgendwann werden sie uns holen kommen."
„Ich liebe sie Thor, hörst du? Ich liebe sie und würde mein Leben für sie geben. Ich weiß, dass ich dir ein Versprechen gegeben habe, doch das hier ist etwas anderes. Bald wird sowieso alles enden und warum sollte ich dann die restliche Zeit nicht an ihrer Seite verbringen? Ich bin ein Gott, endlich kann ich meine Fähigkeiten für etwas Gutes benutzen!" Lokis Stimme klang verzweifelt. Eine längere Pause folgte.
„Nun gut", die Stimmte Thors wurde allmählich wieder ruhiger, ich konnte sie kaum noch verstehen. „Tu, was du nicht lassen kannst. Wenn du wieder hier bist, werden wir uns aber um alles kümmern. Versprich mir, dass du so schnell wie möglich zurückkommst und wir uns gemeinsam um unsere Zukunft kümmern werden?" „Ich verspreche es", antwortete Loki.
Keine fünf Sekunden später öffnete sich die Tür und die beiden Götter kamen zu mir. Loki hatte sich umgezogen und trug wie oft eine schwarze Jeans und ein ausgewaschenes hellgrünes T-Shirt.
„Alles klar bei euch?", fragte ich, denn auch wenn ich den Streit gerade nicht gehört hätte, ich konnte die Missstimmung in ihren Gesichtern deutlich erkennen. Das Einlenken Thors war nicht wirklich freiwillig gewesen. Was auch immer der Gott des Feuers ihm versprochen haben musste, Thor war der Meinung, dass er es brechen würde.
Loki nickte schlicht und legte mir eine Hand auf die Schulter:" komm lass uns gehen."
Ich warf Thor einen fragenden Blick zu, doch dieser nickte nur zustimmend und widmete sich wieder seinem Bier. Doch ich merkte, dass er diesmal trank, um die Sorgen kleiner werden zu lassen und nicht weil es ihm schmeckte.
Kurz bevor wir aus der Tür waren, hielt Thor mich noch einmal zurück und reichte mir einen Zettel: „hier, meine Nummer, für den Fall, dass du oder Loki Hilfe brauchen. Ich habe mir extra so ein Handydings zugelegt." Ich nickte dankend und steckte das Stück Papier in meine Tasche.
Keine zwei Stunden später, gegen 9 Uhr hatten, wir unsere Tickets für den nächsten Flug nach London und warteten auf einer Bank. Wir hatten noch drei Stunden tot zu schlagen. Zeit, in der wir nichts anderes tun konnten, als nachzudenken und zu reden. Zwei Dinge, die ich gerade am liebsten vermieden hätte. Denn dadurch dachte ich automatisch wieder an meinen Vater und ich wollte den Gedanken, dass ich ihn in wenigen Stunden vielleicht das letzte Mal sehen würde verdränden.
Aber ich konnte auch die Zeit nutzen, um Loki auf meine Familie vorzubereiten und erzählte ihm von meinem Vater Ethan und meiner Mutter Celin, die beide 52 Jahre alt waren und gemeinsam eine Anwaltskanzlei führten. Celin Gold kam ursprünglich aus dem Norden Englands. Ihr Vater, mein Großvater Bjarne und Lorena Gold kamen aus Norwegen und waren kurz vor der Geburt von meiner Mutter ausgewandert. Während ihr großer Bruder Matthew auf dem Land geblieben war, zog es Celin in die Stadt, wo sie meinen Vater kennen lernte.
Ihr Bruder hatte einen 26 jährigen Sohn namens Mason, mein Cousin, mit dem ich heute Morgen am Strand telefoniert hatte, der uns am Flughafen abholen würde. Ich erklärte nur das Nötigste für das Verständnis, von allem anderen konnte er sich bald selbst ein Bild machen.
Loki hörte aufmerksam zu und unterbrach mich kein einziges Mal. Auch nicht, als ich begann über das Anwesen meiner Großeltern zu reden, bei denen ich so einige Sommer verbracht hatte und reiten lernte. Es musste totlangweilig sein, was ich berichtete, all die Kindheitserinnerungen, doch es lenkte mich ab und Loki war wie immer beruhigend an meiner Seite und alleine das reichte, um mich geborgen zu fühlen. Seine Wärme durchflutete meinen Körper, beruhigte mich mehr und mehr.
Auch als wir schließlich im Flugzeug saßen und schon 7 Stunden über den Wolken schwebten, hielt er nur meine Hand. Er war so süß, doch schließlich wollte ich die Stille beenden und fragte ihn, ob er mir nicht auch etwas aus seiner Vergangenheit erzählen konnte, etwas, was ich noch nicht wusste und was ich auch nicht einfach in der Edda nachlesen konnte. Ich wusste so viele Geschichten über den Gott des Feuers und auch wenn wir schon so einiges erlebt hatten - die letzte Nacht kam mir wieder in Erinnerung, die ich fast verdrängt hatte durch all die anderen Ereignisse - kam es mir so vor, als würde ich nur das kennen, was er von sich preis geben wollte. Doch ich wollte all seine Fassetten kennen lernen, mehr erfahren über den Gott des Schabernacks.
Loki lächelte und drehte sich weiter zu mir: „nun, da fällt mir eine Geschichte ein, die ich immer wieder gern zum Besten gebe und da du Thor nun kennen gelernt hast und weißt wie er ist, kann ich sie dir gerne erzählen."
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Ragnarök - Sommerregen✔️
Narrativa StoricaZweiter Teil der Ragnarök Reihe Elaine ist aus Helheim zurückgekehrt und kennt die Wahrheit um Loki. Doch damit fangen die Probleme erst an. Während der Gott des Feuers versucht gut bei ihr dazustehen, möchte sie einfach nur die Wahrheit kennen. Wi...