Epilog

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Odin Allvater, der größte und weiseste aller Asen stand an Fuße des Yggdrasil und ließ seinen Blick über die Urdquelle schweifen. Das heilige Wasser des kleinen Sees zwischen den Wurzeln der Weltenesche, die alle Neun Welten miteinander verband, leuchtete strahlend und erfüllte die Dunkelheit um ihn herum. Langsam schritt er am Ufer entlang. Der Sand war schwarz wie das Dunkel, welches sich in alle Richtungen erstreckte, das außerhalb der erhellenden Quelle lag. Sachte Wellen, die ohne ersichtliche Ursache über den Sand glitten, färbten diesen weiß wie Schnee. Als des Gottes Schuhe das Wasser berührten, verloren auch sie ihre Farbe. Nirgendwo im Universum gab es so heiliges Wasser wie hier im Hause der drei Nornen. Alles, was mit ihm in Berührung kam wurde weiß wie Schnee. Auch die zwei Schwäne, die in einiger Entfernung mitten auf einer kleinen Insel im See einen Platz zum Ausruhen gefunden hatten, waren nicht andersfarbig. Sie waren die Eltern aller Nachkommen in Midgard.

Odin wandte seinen Blick von all der Schönheit ab und ging auf einen Webstuhl zu. Er war groß und aus dem Holz der Esche erbaut. Schwer und mächtig stand er im schwarzen Sand. Der Gott ließ seine Finger über die Fäden, die auf ihm zu einem Teppich gewebt waren, gleiten. Sie waren unterschiedlich dick und hatten alle Farben der Neun Welten. Keiner glich einem anderen. Jeder von ihnen stand für ein anderes Lebewesen.

„Du hast Zweifel an unseren Wahrsagungen nicht wahr?", erfüllte eine helle Stimme die Stille. Odin drehte sich zu der Norne um, die sich an seine Seite stellte.

„Es war Loki, der mich um meine klaren Gedanken brachte. Er erwähnte vor wenigen Stunden etwas, was mir keine Ruhe mehr lassen möchte", erklärte Odin.

Skulds Stirn legte sich in Falten. Die Göttin der Zukunft kannte den Namen dieses Gottes sehr gut und wusste um seine ständigen Zweifel an ihr und ihren Schwestern.

„Du hast dich doch noch nie von diesem Gott verunsichern lassen", erklang die Stimme der zweiten Weissagerin Verdandi, die die Gegenwart verkörperte. „Warum also ausgerechnet jetzt lassen seine Worte dir keine Ruhe mehr?", fragte sie und legte dem Gott des Krieges eine Hand auf die Schulter.

„Er hat eine Unregelmäßigkeit, eine Unstimmigkeit in unseren Weissagungen erkannt nicht wahr?", vernahm Odin die Stimme Urds, der Vergangenheit.

Der Allvater nickte. „Tyr ist durch seine Hand gestorben und somit auch die Prophezeiung, dass er und Garm sich gegenseitig umbringen werden. Ich glaubte euch und euren Worten vom ersten Tag an, das wisst ihr, doch geben mir die Geschehnisse der letzten Tage Anlass dazu an all meinem Wissen zu zweifeln. Loki warf mir bei unserem letzten Treffen viele böse Worte an den Kopf, auf die ich nicht reagieren sollte und doch liegt Wahrheit in ihnen. So war ich es doch, der durch eure Beteuerungen, dass seine Kinder unser Untergang sein würden, unsere einstige Freundschaft zerstörte. Trage ich nicht die meiste Schuld an seinem Groll auf die Asen und dass seine Kinder zu dem wurden, was sie heute sind? Eine viel größere Bedrohung als jemals zuvor!" Der Gott war sich immer sicher gewesen, richtig und im Sinne aller Götter zu handeln, doch brachten die dunklen Zeiten, die vor ihnen lagen auch düstere Gedanken mit sich.

Die Nornen, die sich um ihn gesellt hatten, warfen ihm mitfühlende Blicke zu. Sie erkannten sein Leid mit ihren hellen Seelen, die rein und weise waren wie das Wasser. Ihre Erhabenheit ließ selbst den stärksten aller Götter sich klein und unwissend fühlen.

„Wir verstehen deine Gedanken und Worte und doch sind sie nichts als solche", begann Skuld. Daraufhin trat Verdandi einen Schritt auf den Webstuhl zu und ließ ihre Finger über einen Faden gleiten. „Dies hier ist dein Sohn Tyr. Einer der stärksten Fäden unseres Teppichs. Und wie du siehst ist er nach wie vor nicht verblasst. Tyrs Geschichte ist noch nicht zu Ende erzählt."

Odins Augen weiteten sich. „Das bedeutet mein Sohn lebt noch?", fragte er voller Hoffnung. Mit einem Schlag waren all die düsteren Worte Lokis aus seinen Gedanken gewichen, die versucht hatten sein Herz zu vergiften.

Urd übernahm das Wort:" das bedeutet, dass er in der Zukunft noch eine Rolle spielen wird. Was genau und wann, das können selbst wir nicht sehen, doch ich versichere dir, die Schlange, die versuchte dich gegen uns aufzubringen wird keinen Erfolg haben. Denn die Wahrheit wird immer siegen, also gehe heim und erfülle dein Herz nie mehr mit Zweifel. Du hast allzeit richtig gehandelt und großen Schaden abgewendet. Und auch wenn schwere Zeiten vor euch liegen und niemand die letzte Ragnarök abwenden kann, so behalte deinen Weg bei."

Odin nickte und warf den drei Frauen dankbare Blicke zu. Langsam wendete er sich ab und begab sich auf den Heimweg. Er hatte neue Kraft geschöpft und wusste nun, was er zu tun hatte. Das Schicksal war unveränderbar und das sollte Loki zu spüren bekommen. Niemand sollte es je mehr wagen an seinen Entscheidungen zu zweifeln und sich gegen ihn aufzulehnen. Dass es nur die so lange angestaute Wut auf seinen einstigen Freund und Blutbruder war, die ihn blendete und in ihm nichts mehr als Hass übrig ließ, konnte der sonst so weise Gott nicht mehr sehen. Zu lange waren die Gedanken der Nornen schon seine eigenen. Eine viel zu lange Zeit schon, war der Gott des Unheils und des Feuers bereits sein größter Feind. Und um seine Seele Frieden finden zu lassen, würde es auf Dauer nur eine einzige Lösung geben: Loki musste sterben. 

Hallo zusammen,

besser spät als nie kam jetzt endlich der Epilog zu Sommerregen nach viel zu vielen Monaten. 

Ich muss gestehen, dass dieser, so wie auch andere Kapitel für Herbstwind bereits im Februar fertig waren, doch ich konnte sie bis gerade eben nicht finden.

Desweiteren ist für mich die Weihnachtszeit auch immer die Zeit, in der ich verstärkt Lust zum Schreiben habe, vielleicht liegt es an dem schlechten Wetter und der frühen Dunkelheit oder einfach an dem Zauber der Weihnacht, der einen selbst dazu einlädt zu träumen - oder in diesem Fall Bücher über nordische Mythologie zu schreiben ;)

Ich habe erst in den letzten Wochen gemerkt, dass trotz meiner Abwesenheit hier auf Wattpad Frühlingssonne und Sommerregen immer wieder von neuen Leuten entdeckt werden. Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken und natürlich auch bei allem anderen die hier schon seit Jahren dabei sind. 

Ich habe noch so viel vor mit Elaine und Loki und hoffe, dass ihr auch die nächsten und letzten zwei Bände dabei sein werden, wenn ich von Ragnarök, den Göttern und einer Liebe zwischen Mensch und Gott erzähle.

Bis dahin eine wundervolle Zeit und einen schönen Abend,

eure Cristina

Ragnarök - Sommerregen✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt