Kapitel Sechs

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>>Wie wäre es damit?<< Angie zeigte auf ein paar grüne Krokodil-Hausschuhe, die im Schaufenster lagen und sah mich fragend an. Ich hingegen schüttelte ausdruckslos den Kopf. Das konnte nun wirklich nicht ihr ernst sein.

>>Ich dachte du liebst deine Mutter.<<

>>Tue ich auch.<<

>>Dann kauf ihr keine bescheuerten Hausschuhe, wenn du nicht willst, dass sie dich damit aus dem Haus jagt.<<

Hoffnungslos sah sie mich an und legte stöhnend den Kopf in den Nacken. >>Ich übergeb' mich gleich, wenn das so weiter geht<<, jammerte sie und gleichzeitig hasste ich mich selbst dafür, dass ich ihr meine Hilfe angeboten hatte. Wir waren bereits seit zwei Stunden in der Stadt und noch immer hatten wir nichts gefunden. Dabei hatte sie die scheußlichsten Sachen herausgepickt, die es nur gab. Es war wirklich zum verzweifeln.

>>Gehen wir einfach weiter. Was für Schmuck trägt sie?<<

Sie zuckte mit den Schultern. >>Keine Ahnung.<<

>>Wie? Du weißt es nicht?<<

>>Ich hab nie drauf geachtet!<<

Diese Frau war einfach nur unglaublich. Ihr nicht vorhandenes Interesse für ihre Mutter war in diesen Moment wirklich für die Tonne.

Verzweifelt sah sie in das nächste Schaufenster und dann wieder zu mir. Ich ahnte schon, was sich in ihren Kopf abspielte und schüttelte sofort meinen eigenen. Diese hässliche Porzellanfigur würde nur über meine Leiche auf dem Regal ihrer Mutter stehen. Das konnte ich ihr nun wirklich nicht antun.

>>Kian ist also wieder da<<, sagte sie mit einem mal. Eindeutig ein Themawechsel um ihre Unfähigkeit Geschenke auszusuchen zu verbergen. 

Ich nickte. >>Ja. Er war geschäftlich unterwegs gewesen.<<

>>Glaubst du das?<<

Um ehrlich zu sein wusste ich nicht, was ich glauben sollte. Noch immer konnte ich diesen Mann nicht einschätzen. Dafür kannte ich ihn wirklich zu wenig.

Unbeholfen zuckte ich lediglich mit den Schultern. Eine passende Antwort fiel mir dazu nun wirklich nicht ein.

Seufzend ging Angie voraus, blieb an einer Boutique stehen und fuhr mit einem mal zu mir herum. >>Also ich weiß nicht. Er kommt mir wie einer der ehrlichen Sorte vor. Ich meine, was für Gründe hätte er denn gehabt, um dich anzulügen?<<

>>Ich weiß nicht. Vielleicht hatte er irgendjemanden umgebracht und brauchte Zeit, um seine Spuren zu beseitigen? Keine Ahnung. Ich weiß nichts über ihn. Nur, dass er Aktionär ist, aber auch das könnte gelogen sein.<<

>>Mag sein<<, sah sie mich nachdenklich an. >>Aber gleich einen Mord? Ist das nicht zu krass?<<

>>Vielleicht. Was weiß ich. Können wir das Thema nicht einfach lassen und uns auf wichtigeres konzentrieren?<<

Da war wieder dieser hoffnungsloser Blick in ihren Augen, der so verzweifelt wirkte, so wie ich mich im Moment fühlte. Ich wusste noch immer nicht, welche Entscheidung ich bezüglich Kian treffen sollte. Ob ich den Schritt wagen und Jenevieves goldene Regel brechen sollte. Oder ob ich meine inneren Triebe einfach weiter verdrängen sollte.

Egal wie lange ich darüber nachdachte, ich kam zu keinem brauchbaren Ergebnis.

Aber um mich wenigstens eine Minute von diesen Gedanken zu befreien konzentrierte ich mich dann doch lieber auf die andere verzweifelte Person in meiner Nähe. Angelique.

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