*blah blah blah (armin van buuren)*
Ich sitze bei Chris zu Hause auf dem Bett und starre auf einen unbestimmten Punkt in seinem Teppich. „Ich kann jetzt nicht mehr mit ihm reden", beschwere ich mich zum hundertsten Mal darüber, dass ich ja eigentlich mit Elias zusammen arbeiten muss, beziehungsweise er mein ‚Mentor' oder was auch immer ist und es sich sogar schon zu peinlich anfühlt, ihm überhaupt unter die Augen zu treten.
Wie dumm von mir, mich bei ihm einzutragen und wie dumm, dass ich so verdammt neugierig war und unbedingt wissen wollte, was an dem Abend passiert ist. Ich würde am liebsten die letzten paar Tage aus meinem Leben löschen. Wäre super, wenn das so einfach ginge.
Das Ding ist ja, dass Elias noch nicht mal etwas von seinem Glück ahnt, weil ich es ihm noch nicht gesagt habe. Ich weiß allerdings nicht, ob ein Lehrer überhaupt kontrolliert, ob und wie viel wir zusammen machen, denn eigentlich sollen die Zwölftklässler nur zur Hilfe da sein. Wenn ich also keine Hilfe brauche, brauche ich auch keinen Zwölfer. Wäre die logische Schlussfolgerung, oder?
Chris macht nur ein undeutliches Geräusch und tippt und wischt weiter auf seinem Handy herum. Er scheint total abwesend und mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Ich verdrehe die Augen.
„Eigentlich kann ich Schwule nicht ausstehen.", sage ich und beobachte seine Reaktion. Wieder brummt er nur bejahend vor sich hin. Jetzt bin ich mir sehr sicher, dass er mir nicht mal zuhört. Sonst wäre ihm diese offensichtliche Lüge meinerseits aufgefallen und er hätte entsprechend entrüstet reagiert.
Laut schnipse ich mit meiner Hand vor seinem Gesicht und endlich hebt er den Blick von seinem kleinen Bildschirm. Verwirrt schaut er mich an. „Was ist?"
Mit einem lauten Schnaufen lasse ich mich auf den Rücken fallen und kann es gerade noch so verhindern, mir den Kopf an der Wand anzuschlagen. Wäre nicht das erste Mal. „Ich erzähle dir jetzt nicht noch mal alles."
Jetzt rollt er mit den Augen. „Das mit Elias hast du mir doch jetzt schon bestimmt", er überlegt kurz und tippt sich an sein Kinn, „zehn mal erzählt?"
„Neun einhalb", berichtige ich ihn und verschränke gespielt entrüstet meine Arme. „Beim zehnten Mal hast du mir ja kaum noch zugehört."
„Wem schreibst du da eigentlich die ganze Zeit?" Ich mache meinen Hals lang, um auf den kleinen Bildschirm schauen zu können.
Ertappt drückt Chris schnell auf den Ausknopf seines Handys, bevor ich einen Blick darauf werfen kann. „Ich schreibe nicht, ich stalke", gibt er dann doch zu, nachdem er meinem Blick begegnet ist.
„Das machen Jungs auch?" Irgendwie dachte ich, dass eher Mädchen darin Weltmeister sind.
Er zuckt mit den Schultern. „Ich mache es."
„Und wen?", quetsche ich ihn weiter aus, kann mir aber meine Frage im selben Moment selbst beantworten. „Vincent?"
An seinem roten Kopf ist abzulesen, dass ich wohl recht habe. Er nimmt schnell sein Handy wieder auf und zeigt mir ein paar Bilder des Profils von Vincent. Bilder von Vincent alleine mit Sonnenbrille, von Vincent zusammen mit ein paar Mädels, ein paar von seinem Essen und einige Fotos von ihm und Elias. Ich zoome an eines näher heran und ertappe mich dabei, wie meine Augen Elias genauer mustern.
Selbst, wenn er dumme Grimassen schneidet, sieht er gut aus. Das ist so unfair. Ich sehe mit solch einem Gesichtsausdruck, wie er ihn auf manchen Fotos zeigt, einfach lächerlich aus.
Ich zoome wieder heraus und komme dabei ausversehen auf den Button mit dem ‚gefällt mir'. Chris neben mir erstarrt und schaut mit aufgerissenen Augen auf das Display. „Scheiße, was mache ich denn jetzt? Das Bild war total alt, jetzt wird er wissen, dass ich durch sein Profil gescrollt bin."
Er schnappt mir blitzschnell sein Handy aus der Hand. Verdammt, ihm scheint das echt wichtig zu sein. Entschuldigend schaue ich ihn an. Ich hätte wirklich vorsichtiger sein sollen. „Dann mach das ‚gefällt mir' wieder weg!"
Er schaut mich an, als wäre ich ein totaler Idiot. „Was ist, wenn er benachrichtigt wird? Das kommt ja dann noch blöder."
Wir starren beide auf das kleine Display, als würde etwas weltbewegendes passieren.
Und tatsächlich: Plötzlich vibriert das Handy und Chris zieht zischend die Luft ein. Ich werfe schnell einen Blick darauf. „Eine Privatnachricht von Vincent?"
Chris nickt ungläubig und öffnet vorsichtig, als könnte sein Handy dabei explodieren, den Chat. „Danke für den Like", steht dort schlicht und dahinter ein zwinkernder Smiley.
Hörbar atme ich aus. Anscheinend findet Vincent das Ganze überhaupt nicht schlimm, er scheint eher belustigt. Für Chris scheint die Situation allerdings weniger entspannt. „Was soll ich denn jetzt machen?", ruft er verzweifelt und starrt mich an, als würde gleich die Welt untergehen.
„Schreib' ihm doch zurück.", schlage ich neunmalklug vor und ziehe eine Augenbraue in die Höhe. Obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich das mit dem Augenbrauen- hochziehen überhaupt kann. Es fühlt sich jedenfalls richtig an.
Chris schaut immer noch nicht wirklich überzeugt aus. „Aber was soll ich denn schreiben?"
Ich zucke mit den Schultern. Genau in dem Moment vibriert sein Handy erneut. Chris klickt wieder auf die eingegangene Nachricht und schaut einige Sekunden auf den Bildschirm. Ich kann nicht sehen, was er für eine Nachricht bekommen hat, weil ich mich zuvor ein Stück zurückgelehnt habe. Allerdings scheint in der Nachricht irgendetwas krasses zu stehen, denn Chris ist auf einmal wie erstarrt.
„Chris?", frage ich, doch er reagiert nicht.
Ich ahne schon schlimmes und schnappe mir sein Handy ganz frech aus seiner Hand, um selbst nachzuschauen.
Es ist eine erneute Nachricht von Vincent, doch dieses Mal hat er eine lange Zahlenfolge geschickt. Das kann eigentlich nur eins bedeuten. Begeistert frage ich Chris: „Ist das seine Handynummer?"
Dieser holt sich sein Handy wieder und speichert die Nummer ab. „Anscheinend.", antwortet er mir auf meine Frage. Er scheint völlig fertig mit der Welt.
„Freust du dich nicht?"
„Es ist nur seine Nummer", meint er abwehrend, aber sein errötetes Gesicht verrät, dass er durchaus glücklich über diese Geste von Vincent ist.
Ich beobachte, wie er eine kurze Begrüßung eintippt und sie dann an Vincent Nummer abschickt. Ich freue mich echt für ihn, auch wenn ich vielleicht ein klein wenig eifersüchtig bin, weil bei ihm alles rund läuft und bei mir nicht. Aber ich versuche mir nichts anmerken zu lassen, schließlich wäre das irgendwie unfair ihm gegenüber.
Chris lächelt mich aufmunternd an. Wahrscheinlich hat er mir doch etwas angemerkt. „Das bekommen wir schon hin, Dina", versucht er mir Mut zu machen. „Morgen ist auch noch ein Tag."
Leider ja. Und ich habe jetzt schon schiss davor.
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Just OrDINAry
Teen FictionOrdinary, gewöhnlich, durchschnittlich, normal, unauffällig. Alles Worte, die mich perfekt beschreiben. Kein Wunder, dass im Ersten sogar mein Name steckt. Irgendwie scheine ich dann aber doch nicht mehr so gewöhnlich zu sein, als ich nach der Jahrg...