*youth (shawn mendes & khalid)*
Das Klingeln der Schulglocke lässt mich am ersten Schultag nach den Ferien kurz mein ereignisreiches Wochenende vergessen. Tatsächlich habe ich mich sogar ausnahmsweise auf die Schule gefreut, obwohl das bedeutet, die schönen langen Sommerferien ruckartig abzubrechen. Dieses Gefühl kommt daher, dass meine Klassenkameraden und ich, als neue Elftklässler endlich mit zu den ganz Großen hier, in der Schule gehören.
Unsere Schule ist nämlich geteilt in zwei Blöcke. Ein Teil des Schulhauses ist für die Schüler von der fünften bis zehnten Klasse und ein Teil gehört ganz der Oberstufe, also elfte und zwölfte. Für alle Schüler gleichermaßen ist nur der Essenraum und die Aula, die übereinander liegend die beiden Schulteile miteinander verbinden und der Schulhof vor der Schule. Das bedeutet für die Großen mehr Ruhe und mehr Platz, um Prüfungen angenehmer schreiben zu können.
Meine neue Klassenlehrerin steht vor mir und hält gerade ihre begrüßenden Worte, die ja doch irgendwie jedes Schuljahr gleich sind. Ich sitze in der ersten Reihe und bin ihr so nah, dass ich sogar ihre Falten hätte zählen können. Sie scheint schon so alt zu sein, dass man ihren Sarg zur Schule transportieren könnte und sie sofort vom zweiten Stock aus reinspringen würde.
Ich stoppe mich schnell vor noch gemeineren Gedankengängen und grinse stattdessen Chris an, der neben mir sitzt, mein Grinsen aber nicht mitbekommt, weil er der Lehrerin so aufmerksam zuhört.
Chris bemüht sich immer sehr in der Schule und hat dementsprechend auch viele Fächer, in denen er einfach unschlagbar gut, aber auch einige, in denen er mehr wie ich ist. Durchschnittlich.
Bei meinen Noten ist das nämlich schon fast wie verhext. Ich liege meist perfekt im Durchschnitt. Ist der also zum Beispiel 3,2 kann ich mir ziemlich sicher sein, dass ich auch eine 3 habe, weil das nahezu immer so ist. Keine Ahnung, warum.
Na gut, vielleicht sollte ich einfach besser im Unterricht aufpassen. Damit könnte ich ja jetzt schon beginnen.
Ich versuche mich also aus meinen Gedanken herauszukatapultieren, mir ein Beispiel an Chris zu nehmen und meiner Lehrerin zuzuhören. Ihren Namen habe ich, nebenbei bemerkt, auch nicht mitbekommen.
„Da ihr ja sozusagen neu hier seid bekommt ihr in eurer Anfangsphase einen Zwölftklässler an eure Seite, der euch ein wenig unter die Arme greifen soll."
Ich horche auf. Anscheinend habe ich eine interessante Stelle abgepasst.
„Der soll euch bei allem unterstützen, euch erklären, wie hier nun alles abläuft, wie sich die Noten zusammensetzen, euch helfen, gut in den Schulstoff reinzukommen, euch zusätzliche Stunden empfehlen und hält mit euch noch zu Anfang die Pausenaufsicht."
„Jeder von euch ist ab jetzt also ein junger Padawan", freut sie sich über Ihre Star Wars Kenntnisse und ich bin echt überrascht, dass sie diesen Begriff kennt und anscheinend auch weiß, was er bedeutet. Vielleicht sieht sie älter aus, als sie ist.
Ich schaue zu Chris, um zu sehen, was er davon hält. Der starrt mich mit großen Augen an. „Was?", flüstere ich ihm zu, während er mir mit einem bedeutsamen Blick klarzumachen versucht, was er meint. „Vincent und Elias!", flüstert er zu mir zurück.
Jetzt weiß auch ich endlich, was er mir mit diesem Blick vermitteln will. Das ist seine Chance, Zeit mit Vincent zu verbringen und meine Ausrede, mich mit Elias zu treffen. Einfach genial!
Ich werde ganz hibbelig auf einmal, denn wie ich meine Lehrer kenne, sind die so nett und losen die Partner aus oder gehen nach Klassenliste. Wie ich das hasse.
„Eigentlich sollte ich euch zuteilen. Aber ich denke, ihr kennt sicherlich schon ein paar aus dem Jahrgang über euch, was euch die Zusammenarbeit sicherlich erleichtert. Also dürft ihr euch selbst eintragen. Wenn ihr doch noch niemanden kennt, übernehme ich das natürlich."
Jetzt würde ich sie gerne umarmen. Eindeutig ein riesiger Pluspunkt für diese Lehrerin. Wenn das so weiter geht, überdenke ich die Sache mit dem Sarg noch mal.
Ich rutsche auf meinem Stuhl nach vorne, um als erste an den Listen zu sein, wenn die Lehrerin sie vorne ablegt. Neben mir sehe ich aus dem Augenwinkel Chris, der eine ähnliche Haltung angenommen hat.
Doch das Schicksal scheint es gut mit mir zu meinen und so lässt die Lehrerin die Liste vor mir auf den Tisch sinken. „Fängst du bitte an, ...?", fragt sie mich indirekt nach meinem Namen, aber ich antworte ihr nur ganz abwesend, während ich die Liste schon nach dem Namen von Elias abscanne.
Ich hätte nie gedacht, dass der Tisch ganz vorne mal so hilfreich sein kann. Eigentlich sitze ich hier nur, weil kein anderer Platz mehr frei war. Ich würde mich am liebsten selbst dazu beglückwünschen.
„Elias ist ein ziemlich merkwürdiger Mädchenname", höre ich noch einmal die Stimme von der Lehrerin.
Ich schaue ruckartig von dem Blatt auf und starre sie an, wie sie mich ehrlich interessiert mustert, während meine Klassenkameraden zu lachen beginnen. Ich schaue bestürzt zu Chris, der sich augenscheinlich auch das Lachen verkneifen muss. „Ähm nein, Entschuldigung, mein Name ist Dina."
Lächelnd schaut mich die Lehrerin an und ich senke schnell meinen Kopf, um diesem Blick auszuweichen. Peinlich.
Fix setze ich meinen Namen hinter den von Elias, ignoriere die Peinlichkeit von gerade eben und lächele das Blatt Papier freudig an. „Willst du es behalten und in deinem Zimmer aufhängen, oder kann ich jetzt?", fragt mich Chris genau so aufgeregt, wie ich es zuvor gewesen bin und ich schiebe ihm das Blatt mit einem fetten Grinsen zu. Natürlich nicht, bevor ich noch mal gespielt überlegend so getan habe, als würde ich tatsächlich über seine Frage nachdenken und ihm schon die Gesichtszüge entglitten sind.
Das war die Rache für sein Lachen.
Ich hätte nicht gedacht, dass es so einfach wird, an Elias heranzukommen. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass er sich an mehr von dem Abend erinnert, als ich es tue und er mir so hilft, meine Erinnerungen aufzufrischen.
*****
Na, was denkt ihr ist vorgefallen an dem Abend? ;)
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Just OrDINAry
Teen FictionOrdinary, gewöhnlich, durchschnittlich, normal, unauffällig. Alles Worte, die mich perfekt beschreiben. Kein Wunder, dass im Ersten sogar mein Name steckt. Irgendwie scheine ich dann aber doch nicht mehr so gewöhnlich zu sein, als ich nach der Jahrg...