*flames (sia & david guetta)*
Ich ziehe mit einem lauten Knirschen den Stuhl vom Tisch zurück und lasse mich auf diesen plumpsen. Schon wieder Mittagessenzeit und schon wieder hat mich Chris überredet, zu Vincent und Elias zu gehen.
So viel zum Thema, ich schaffe es irgendwie, Elias zu vermeiden, aber ein Teil von mir findet das ehrlich gesagt auch gar nicht so schlimm.
Elias liegt, wie gestern auch, mit dem Kopf auf seinen Armen, während Vincent Chris und mich teils überrascht, teils freudig mustert. „Euch wird man wohl nicht wieder los, was?", fragt er augenzwinkernd, wodurch wir wissen, dass es wirklich nur ein Scherz und nicht böse gemeint ist.
Fast augenblicklich wendet er sich Chris zu und beginnt nebenbei in seiner Tasche zu kramen. „Wir haben heute so einen Zettel bekommen, wo alles drauf steht, was ich mit dir durchgehen soll, um dir zu helfen", erklärt Vincent ihm sein Kramen und schaut dann kurz mich an. „Mit wem machst du das eigentlich?"
„Ähm", fange ich an zu stottern. Das ist jetzt peinlich. „Mit Elias."
Ich sehe, wie Elias seine Augen aufschlägt und mich wie ein Adler von unten her mustert. „Das ist ja ein Zufall", sagt Vincent dazu nur, während Elias sich langsam aufrichtet.
Ich verzichte geflissentlich darauf, ihm zu sagen, dass ich mich freiwillig dazu eingetragen habe.
„Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns noch einmal sprechen würden." Elias redet gerade so laut, dass ich ihn noch verstehen kann. „Ich auch nicht", erwidere ich schlicht.
Mir bleibt keine Wahl, als das jetzt einfach durchzuziehen und Elias danach simpel aus dem Weg zu gehen.
Besagter brummt vor sich hin und greift dann in seinen Rucksack, um einen halb gefalteten und schon etwas zerknitterten Zettel herauszuholen. Er faltet diesen auf und streicht ihn auf dem Tisch glatt, dann wendet er sich mir zu. Aufmerksam mustert er mich.
Ich schmelze förmlich unter seinem Blick dahin. Ich war total betrunken auf der Feier letztes Wochenende, aber trotzdem bin ich hier nicht mit irgendwem fast ins Bett gegangen. Nein, Elias sieht einfach viel zu gut aus, wie er da lässig auf seinem Stuhl hängt.
Ich kann mich also sogar noch betrunken auf meinen guten Geschmack verlassen.
Laut räuspere ich mich, weil mich sein Starren wirklich langsam nervös macht. Er zuckt kurz zusammen und beugt sich dann schnell über das zerknitterte Papier in seiner Hand. „Also, wir sollen zusammen die Punkte hier auf dem Blatt durchgehen, dabei Notizen machen und es dann unterschrieben zurück zu den Lehrern bringen."
Seufzend nicke ich. Hört sich anstrengend an. Ist mir eh ein Rätsel, warum es meine Schule wieder so kompliziert haben muss.
Obwohl. Eigentlich ist das typisch meine Schule.
Elias legt also los, stellt mir ein paar wirklich unwichtige Fragen, schreibt fleißig meine Antworten in seiner unleserlichen Handschrift mit und erklärt mir geduldig, wie die Oberstufe und das Abitur abläuft. Alles ziemlich unspektakulär, bis zu dem Punkt, an dem er zu den außerschulischen Aktivitäten kommt. „Volleyball", sage ich wie aus der Pistole geschossen, woraufhin Elias mir einen prüfenden Blick zu wirft.
Tatsächlich spiele ich nämlich schon seit der achten Klasse in unserer Schulmannschaft. Ich bin nicht schlecht, aber auch nicht wirklich gut darin, aber das ist mir auch herzlich egal, so lange es mir Spaß macht. Ich bin wirklich froh, dass ich doch noch weiter spielen kann, ich dachte schon, ich muss damit aufhören.
Elias schaut mich immer noch an. „Überrascht?", frage ich, weil ich mir seinen Blick nicht anders erklären kann. Vielleicht hätte er nicht vermutet, dass ich überhaupt Sport mache.
„Ein wenig", gibt er zu und setzt dann zu einer Erklärung an. „In der Oberstufe spielen nicht mehr so viele Mädchen Volleyball."
Ich nicke verständnisvoll. Zwei mal in der Woche Training hört sich nicht viel an, aber bei dem Stundenplan, den wir jetzt haben, ist das kaum noch für alle zu schaffen. Besonders, da diese Aktivität komplett zusätzlich ist, ohne dass es einem irgendwas in der Sportzensur oder ähnlichem bringt. Da kann ich verstehen, wenn man mit dem Sport aufhört, um sich auf sein Abitur zu konzentrieren.
Allerdings will ich es trotzdem versuchen durchzuziehen. Aufhören kann ich im Notfall immer noch.
Ich zucke nur mit den Schultern und Elias trägt die Aktivität auf dem Zettel ein.
„So, das wäre es dann", meint er, nachdem er auf der letzten Zeile mit einem Kürzel unterschrieben hat. Er schiebt mir den Zettel zu und auch ich setze meine Unterschrift neben seine. Ich falte den Zettel fein säuberlich in der Mitte und gebe ihn Elias zurück. Ohne ein Wort steckt er ihn wieder weg.
Schnell richte ich meinen Blick woanders hin, als seine Augen wieder meine zu treffen drohen. Das würde ich jetzt nicht aushalten.
Stattdessen mustere ich meinen besten Freund, der sich doch relativ laut und angeregt mit Vincent unterhält. Ich muss mein Umfeld bei dem Gespräch mit Elias wohl komplett ausgeblendet haben, um das nicht mitzubekommen.
Ich lächele ein wenig, weil es mich freut, dass die beiden sich anscheinend so gut verstehen.
Chris ist nämlich bei Jungs genau so zurückhaltend, wie ich es bin. Jedenfalls dachte ich noch, ich wäre eher zurückhaltend, aber nach der Jahrgangsfeier bin ich mir dem nicht mehr sicher. Das war echt eine ganz neue Seite von mir, die in dieser Nacht zum Vorschein gekommen ist.
Uff, eigentlich wollte ich das total aus meinem Kopf verbannen. Aber das geht leider umso schlechter, wenn die lebende Erinnerung an diese Nacht vor einem sitzt.
Wenigstens ist die Chance jetzt ganz gut, dass ich Elias nicht mehr so oft sehen muss.
Scheu werfe ich einen Blick zu dem Besagten und bemerke, dass auch seine Augen auf Chris liegen. Allerdings schaut er gar nicht so glücklich aus. Eher argwöhnisch.
Ich runzele die Stirn. „Chris ist vollkommen in Ordnung", stelle ich fest und tippe dabei Elias an die Schulter, um ihm mitzuteilen, dass ich mit ihm rede. Er zuckt ertappt zusammen und wendet sich wieder mir zu. „Tut mir leid, das hat jetzt sicher einen komplett falschen Eindruck gemacht."
Ich schaue ihn fragend an. Ich verstehe nicht so wirklich was er meint. Das einzige, was ich checke ist, dass er Chris wohl schon nicht leiden kann, ohne ihn überhaupt kennen zu lernen. Und solche Verurteilungen kann ich wiederum nicht leiden.
Elias seufzt auf und kommt mir ein Stück näher, bis sein Mund nahe meines rechten Ohres ist. „Vincents Freund hat erst vor ein paar Wochen Schluss gemacht. Ich will nicht, dass er schon wieder verletzt wird", flüstert er, so leise wie möglich und sein Atem kitzelt dabei leicht mein Ohr. Ich bin so auf dieses Gefühl konzentriert, dass ich kaum mitbekomme, was mir Elias erzählen will.
Erst als er sich wieder zurückzieht verstehe ich seine Worte und nicke langsam, um meinen Kopf frei zu bekommen. „Verständlich", kommt es kratzend aus meinem Mund, so dass ich mich räuspern und das Wort noch mal wiederholen muss.
„Gib Chris aber bitte trotzdem eine Chance."
Meine Augen bohren sich in seine und er nickt langsam. „Abgemacht."
*****
Ich bin mir sicher, dass ein paar von euch das mit dem Volleyball schon aus „Mein Name ist Rosa." (eins meiner anderen Bücher) kennen und sich jetzt vielleicht denken, dass es ja kaum noch unkreativer geht. Wahrscheinlich habt ihr recht, allerdings sind diese Parallelen auch beabsichtigt. Ich hoffe sie halten euch nicht vom Weiterlesen ab. :)
DU LIEST GERADE
Just OrDINAry
Teen FictionOrdinary, gewöhnlich, durchschnittlich, normal, unauffällig. Alles Worte, die mich perfekt beschreiben. Kein Wunder, dass im Ersten sogar mein Name steckt. Irgendwie scheine ich dann aber doch nicht mehr so gewöhnlich zu sein, als ich nach der Jahrg...