*oh child (robin schulz & piso 21)*
„Wie war dein Date?", fragen Chris und ich uns nahezu genau gleichzeitig, als wir uns abends wieder bei mir zu Hause begegnen. Die Antwort darauf kommt wieder genau so gleichzeitig von uns beiden: „Das war kein Date."
Wir schauen uns einen Moment an und fangen dann an zu lachen. Das ist es, was ich an ihm so liebe. Wir verstehen uns einfach zu gut.
„Erzähle du zuerst", quetsche ich ihn aus und sehe ihm an, dass er darauf brennt, mir alles von heute, nachdem ich auf dem Café gegangen bin, wiederzugeben. Ich dagegen brauche eigentlich eher nicht über alles reden, denn es gibt ja eigentlich wirklich nichts zu erzählen.
„Ich bin verwirrt, Dina!", seufzt er laut, nachdem er einige Sekunden darüber nachgedacht hat, was er jetzt sagen möchte. Ich runzele die Stirn. „Wieso?"
„Das Treffen war total toll. Ich war so angespannt, aber mit jeder Minute bin ich entspannter geworden, weil Anton mir überhaupt keine Gelegenheit gegeben hat, mich für irgendetwas zu schämen oder mir dumm vorzukommen."
Ich lächele breit. Das hört sich doch super an. Ich bin froh, dass Anton ihm so ein gutes Gefühl übermittelt hat, denn ich weiß, dass Chris nicht wirklich das größte Selbstvertrauen in sich hat. Manchmal hat er zwar auch eine große Klappe, aber meist ist er so eine Person, die alles zehnmal überdenkt und sich Sorgen macht, wo keine sind.
Es wäre schön, wenn er jemanden findet, der ihm dieses Bedürfnis abnimmt und ihn unbeschwerter Leben lässt.
„Wieso genau bist du jetzt verwirrt?", frage ich trotzdem ein wenig misstrauisch noch mal nach. Wenn er so glücklich mit dem Treffen war, gibt es ja keinen Grund dazu, verwirrt zu sein.
Chris lässt sich seufzend auf mein Bett fallen und kuschelt sich ein wenig in meine Kissen. „Anton ist wahnsinnig toll, aber Vincent auch", erklärt er mir den komplizierten Sachverhalt. „Ich weiß ja nicht einmal, ob Vincent überhaupt wirklich Interesse an mir hätte und deswegen ist es vielleicht dumm von mir, auf ihn zu warten, wenn ich einen genau so netten Typen kennen gelernt habe."
Ich nicke ein wenig. Irgendwie kann ich seinen Gedankengang nachvollziehen. Auf der anderen Seite hört sich das aber auch ganz schön egoistisch an. „Ich verstehe dich, aber vielleicht solltet ihr euch einfach öfter noch treffen, bevor du darüber eine Entscheidung fällst. Und zwar mit beiden."
Chris schaut mich nachdenklich an. „Wahrscheinlich hast du recht."
„Ich habe immer recht", sage ich selbstbewusst und muss schon wieder fast lachen. Meine Aussage ist natürlich nicht wahr und das weiß ich auch.
Ich bin halt total gut im Lösen von Problemen anderer, aber meine eigenen Probleme bekomme ich nicht auf die Reihe.
Chris schleudert lachend ein Kissen auf mich und ich fange es im letzten Moment ab. Das nenne ich Volleyball-Fähigkeiten. Bevor ich es wieder zu ihm zurückschleudern kann, hebt er allerdings die Hand. „Anton war übrigens ziemlich begeistert davon, dass du auch Volleyball spielst und da haben wir, als du weg warst, ein Treffen zu einem Spiel ausgemacht. Er bringt ein paar seiner Freunde mit und du sollst auch noch jemanden mitbringen. Ich entscheide mich dann, wen ich anfeuere."
Er streckt mir die Zunge heraus und gibt mir endlich die Zeit, das Kissen mit Schwung auf ihn drauf zu schleudern. „Hört sich ganz witzig an", gebe ich ihm recht, als er sich gespielt verletzt den Bauch an der Stelle hält, wo das Kissen ihn getroffen hat.
Außerdem habe ich bei so einem Spiel wieder eine Gelegenheit, mich mit Elias zu treffen.
Uff, ich bin so hinterlistig, was ist nur los mit mir?
„Vielleicht ist Vincent aber auch dabei. Denkst du nicht, das wird irgendwie komisch?" Ich gehe lieber auf Nummer sicher und frage noch mal, ob er sich das gut überlegt hat. Ich bin ja im Nachhinein die, bei der sich Chris ausheult.
„Klar, das wird bestimmt sehr spaßig", meint er mit Nachdruck und positioniert das eben geworfene Kissen hinter seinem Rücken, sodass er nun fast aufrecht sitzt. Ich tue es ihm nach und lege mich neben ihn.
Ich habe wirklich kein gutes Gefühl bei der Sache, aber was soll's. Er muss das für sich selbst wissen.
„Du könntest Elias auch einladen", bringt Chris die Sprache vorsichtig wieder auf mein kein-Date. Ich überlege kurz und tue so, als wäre mir diese Möglichkeit noch gar nicht eingefallen: „Ja! Gute Idee."
„Also lief es bei dir auch gut?"
Ich überlege erneut. Eigentlich kann ich diese Frage locker mit einem gut gemeinten ‚ja' beantworten. Allerdings ist da auch ein Teil in mir, der wohl genau so verwirrt ist, wie Chris es gerade noch war und vielleicht sogar noch ist. Ich werde nämlich einfach nicht schlau aus Elias. Einmal ist dieser Junge aufgeschlossen, total lieb und süß und im nächsten Moment ist er das Gegenteil: unaufmerksam, verschlossen und so als wäre er lieber woanders.
Ich weiß genau, dass er irgendetwas mit sich herumschleppt, wovon er keiner Menschenseele etwas erzählen will oder kann. Das macht ihn auf der einen Seite extrem interessant, auf der anderen Seite empfinde ich jedoch irgendwie Mitleid mit ihm. Ich weiß zwar nicht was es ist, aber es kann eigentlich nicht wirklich etwas Gutes sein, sonst würde er nicht davor zögern, etwas zu sagen.
„Es ist kompliziert", beginne ich zögerlich und erzähle Chris dann alles, was in der Bibliothek passiert ist.
Kaum bin ich damit fertig, fällt mir erst so richtig auf, dass es mir überhaupt nichts mehr ausmacht, mich mit Elias zu treffen. Vorher war da immer noch so eine komische Mauer in mir selbst, aufgrund der Peinlichkeit bei der Jahrgangsfeier, aber inzwischen ist mir diese total egal geworden. Es ist ja nichts zwischen uns passiert, wieso sollte ich noch länger Gedanken und Zeit dran verschwenden?
„Du hast recht, sein Verhalten ist komisch", denkt Chris laut und legt einen Arm um mich herum. „Hast du ihn schon mal gefragt, ob irgendetwas nicht stimmt?"
Ich runzele die Stirn und lehne meinen Kopf nachdenklich an seine Schulter. Er wird schon seine Gründe haben, mir das nicht erzählen zu wollen. „Das habe ich nicht gemacht, nein."
„Dann weißt du ja, worin dein nächstes Vorhaben besteht."
Ich nicke, obwohl ich bezweifle, dass ich diese Frage stellen, geschweige denn von Elias darauf eine Antwort bekommen werde. Manche Geheimnisse werden das wohl auch immer bleiben: Geheimnisse.
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Just OrDINAry
Teen FictionOrdinary, gewöhnlich, durchschnittlich, normal, unauffällig. Alles Worte, die mich perfekt beschreiben. Kein Wunder, dass im Ersten sogar mein Name steckt. Irgendwie scheine ich dann aber doch nicht mehr so gewöhnlich zu sein, als ich nach der Jahrg...