Scherben

1.1K 102 5
                                    

*Sicht Manuel*

Patricks Mutter freute sich ungemein über diese Nachricht. Doch Rainer blieb still. Er wollte doch, das Patrick und ich diesen Schritt machen. Ich verstand sein Problem nicht. Die Stimmung war trotzdem locker und wir unterhielten uns über die Hochzeit. Zwar hatten wir noch gar nichts geplant oder uns überlegt, was uns genau wichtig ist. Aber desto mehr wir drüber sprachen, desto mehr fiel uns ein. So wollte Palle auf jeden Fall alles richtig schön dekoriert haben. Es klassisch vollziehen. Mir war es eigentlich egal. Mir war es nur wichtig, dass der Ort, wo die Hochzeit stattfinden soll, groß genug ist. Und es soll im Sommer sein. Im Frühling wäre eine Hochzeit für mich ein Graus.

„Ich räume mal den Tisch ab", meldete ich mich zu Wort und stand auf, um die Teller zu stapeln. Patrick half mir. Dann schleppte ich die Vier Teller, samt Besteck, zur Küche. Seufzend stellte ich sie in die Spülmaschine. Ich verstand Rainers Problem wirklich nicht. Ich holte noch die Tortenplatte, schob die letzten Stücke auf einen separaten Teller und stellte diesen in den Kühlschrank. Patrick kam mir in die Küche nach und spülte die Kaffeekanne aus. „Alles okay?", fragte er leise. Sachte schüttelte ich den Kopf. „Was ist los?", fragte er und kam auf mich zu. „Rainer ist so komisch. Ich dachte er möchte es." Patrick senkte die Schultern und lächelte schief. „Du kennst ihn." „Er hat sich bis jetzt kein einziges Mal zu Wort gemeldet", murmelte ich und strich überlegend über Patricks Brust. „Er gewöhnt sich schon dran. Warte ab", sagte Palle und küsste meine Wange. „Ich weiß. Es ist nur irgendwie schmerzhaft. Egal was man macht, bei ihm ist es falsch." Mir stiegen Tränen in die Augen und ich versuchte sie wegzublinzeln. „Liebling." Palle hielt mein Gesicht in seinen Händen. „Selbst wenn es ihn stört. Ich liebe dich und wir werden Heiraten. Okay? Wir beide." Seine Worte drangen in mich ein wie Medizin. Ich lächelte und schloss kurz meine Augen. „Ich liebe dich", entgegnete ich. Dann zog Patrick mich in einen leidenschaftlichen Kuss. Noch immer hielt er seine Hände an meinen Wangen. Ich griff an seine Arme. In meinem Inneren sprühten Funken und ich konnte mir kein lächeln verkneifen.

Ein tiefes räuspern unterbrach unseren Kuss. Wir schauten zeitgleich zur Tür. Dort stand Rainer mit seinem Gehstock. Sein Gesicht hatte eine Rotfärbung angenommen. „Können wir kurz reden, Paddy?", fragte er. Ich schaute abwechselnd zwischen den beiden hin und her. „Ich geh dann mal", sagte ich dann und verließ die Küche. Etwas durcheinander setzte ich mich zurück auf meinen Platz. „Was wollte Rainer?", fragte Patricks Mutter mich. Ich zuckte mit den Schultern. „Ich sollte rausgehen." Ihr Blick war besorgt. „Nicht, dass die sich streiten." Sie schaute Richtung Küche. „Das denke ich nicht", gab ich zurück. Ich war aber auch etwas besorgt. „Wie hast du ihn eigentlich gefragt?", wollte sie nun wissen. „In Venedig auf der Rialto Brücke. Ich war so nervös", lachte ich. „Das glaube ich. Ich freue mich so für euch. Unglaublich, dass mein Sohn heiraten wird. Was sagt deine Mutter eigentlich dazu?" Sie lächelte die ganze Zeit. Patricks und meine Eltern kannten sich noch nicht. Komisch, weil wir schon so lange zusammen waren. Allerdings trennte Essen und Hamburg ja so einige Kilometer. „Wir sagen es ihr an meinen Geburtstag. Paddy und ich fahren ja nach Essen", erzählte ich. Sie nickte. „Ich freu mich voll, deine Mutter kennenzulernen. Und deine Geschwister. Wird ja auch mal Zeit." Ich nickte und nahm mir einen Keks. „Du machst immer alles kaputt!", hörten wir plötzlich aus der Küche brüllen. Gleich darauf zerklirrte was. Voller Angst sprang ich auf und rannte zur Küche. Patrick stand an der Theke und hielt sich die Hand fest. Auf dem Boden lagen Scherben mit Blut. Geschockt sah ich zu Patrick. Dann zu Rainer. Wieder zu den Scherben. Patricks Hand, die sich rot färbte. „Was ist denn hier los?", schimpfte Palles Mom. Ich ging zu Patrick und begutachtete seine Hand. „Was ist passiert?", wollte ich wissen und schaute in seine glasigen Augen. „Geh ins Wohnzimmer!", schimpfte Palles Mutter weiter. Rainer humpelte hinaus. Jetzt widmete sie sich auch zu ihrem Sohn. Er zitterte. Seine Hand hatte so einige Schnitte. „Ich war so wütend und habe das Glas zerdrückt", wimmerte Palle. Ich strich über seinen Arm. „Lass mich mal sehen", sagte seine Mutter und betrachtete seine Hand. „Das muss genäht werden. Manu, fährst du mit ihm?", fragte sie mich. Ich nickte. „Komm, wir ziehen uns an", sagte ich, griff ihm am Ärmel und schliff ihn mit.

Er setzte sich auf den Stuhl, der im Flur stand und hielt sich noch immer die Hand. Ich band ihm die Schuhe zu. Dann legte ich seine Jacke um seine Schultern. Schnell holte ich noch Küchenpapier, damit er sich es um die Hand legen konnte. „Danke", schniefte er. Schnell rief ich noch beim Taxiunternehmen an und schlüpfte auch in meine Schuhe und Jacke. „Lass uns schon mal runtergehen", sagte ich und öffnete die Tür. Palle ging voran.

Der Vater hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt