Krankenhaus

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*Sicht Manuel*

Zusammengekuschelt lagen wir auf unserem großen Sofa. Patrick lag halb auf mich drauf und schlief. Mein Blick lag auf dem Fernseher, wo eine Dokumentation über UFO Sichtungen gab. Ich erinnerte mich an das UFO in Köln. Es war immer noch da. Patricks Zimmer war jetzt Jodies Zimmer. Ob wir da mal vorbei schauen sollten? Zuletzt waren wir zwei in Köln, als die Gamescom dieses Jahr war. Patrick war wie jedes Jahr dort. Ich bin nicht mitgekommen. Kein einziges Mal war ich wieder dort gewesen. Das eine Mal hat mir gereicht. Die Ängste danach wollte ich nie wieder erleben.

Patrick kuschelte sich enger an mich. Behutsam strich ich über sein Haar. Endlich schlief er. Den ganzen Tag über war er weinerlich und wollte nicht mal zu Abend essen, obwohl ich Hühnerbrust gebraten hatte. Gesund. Er mochte gesundes Essen. Er mochte, wenn ich kochte. Patrick sagte immer, dass mein Essen das Beste ist. Natürlich nach dem von seiner Mom.
Mein Blick schwenkte zurück zu Patricks Gesicht. Schmunzelnd schaute ich ihm zu, wie er durch den Mund atmete. Den Antrag konnte ich vorerst wohl vergessen. Unpassender ging es ja wohl nicht. Ich runzelte die Stirn. Dann könnte ich mir bessere Gedanken machen, wie ich es anstellen sollte. Ausgehen war ja mein Plan. Irgendwie was leckeres Essen gehen und dann spazieren. War es vielleicht doch zu langweilig? Es soll ja was Besonderes sein. Soll ich ihm vielleicht zum Geburtstag einen Urlaub schenken? Wir waren noch nie gemeinsam im Urlaub gewesen. YouTube nahm uns die Zeit. Es waren zwar noch fast drei Monate bis dahin, aber es wäre eine bessere Möglichkeit. Und da geht es seinem Vater bestimmt auch wieder besser. Ich schloss meine Augen. Hoffentlich geht es seinem Vater bald besser. Egal wie scheiße Rainer zu mir gewesen ist, sowas hat kein Mensch verdient.

*Sicht Patrick*

Ein schnarchen ließ mich aufwachen. Verschlafen schaute ich in Manus Gesicht. Er sabberte und schnarchte. Mit dem Zeigefinger schloss ich seinen Mund, der kurz darauf wieder aufklappte. Leise lachte ich in mich hinein. So ein Ekel. Dann leckte ich meinen Zeigefinger an und steckte diesen unsanft in Manus Ohr hinein. Kurz darauf begann er lautstark zu Husten. Er hatte sich an seiner Spucke verschluckt. Lachend klopfte ich ihm auf dem Rücken, bis er wieder normal atmete. „Du Spast!“, meckerte er mich an. Ich lachte ihn nur weiter aus. „Schön, dass du auf meine Kosten wieder lachen kannst“, gluckste er nun mit. Dann stand ich, noch immer lachend, auf.

Der Tag verlief relativ normal bis zum Nachmittag. Meine Mutter rief an und bestellte mich zum Krankenhaus. Manuel begleitete mich, blieb aber auf dem Flur sitzen. Mit klopfendem Herzen betrat ich das Zimmer meines Vaters. Sofort drehte meine Mutter sich zu mir um. Sie saß mit einem Stuhl an seinem Bett. „Hallo Paddy. Ruhig, er schläft“, flüsterte sie, stand auf und umarmte mich. Mein Blick haftete an meinem schlafenden Vater. „Wie geht’s ihm? Was hat der Arzt gesagt?“, fragte ich leise und stellte mich an das Fußende des Bettes. Mom setzte sich wieder auf den Stuhl. „Er ist verwirrt. Vermutlich ist was in seinem Gehirn kaputt gegangen“, sagte sie mit brüchiger Stimme. „Aber auf die Beine kommt er bestimmt wieder. Ihm wurde schnell geholfen.“ Ich nickte nur. In meinen Augen waren Tränen aber ich beherrschte mich, nicht vor meiner Mutter zu weinen. „Schläft er schon lange?“, wollte ich wissen. „Nein. Vielleicht 15min“, antwortete sie. Wieder nur ein nicken meinerseits. In meinem kompletten Leben hatte ich noch nie solche Sorgen um meinen Vater. Ich hielt mein Gesicht. Meine Mutter stand auf und kam zu mir. Sie riss mich in eine Umarmung und ich schaffte es nicht mehr meine Tränen zurück zu halten. Leise weinte ich an Mamas Schulter, was mir irgendwie unangenehm war. Sie hatte mich zuletzt weinen sehen, als meine Oma gestorben war. Damals war ich 18 gewesen. Behutsam strich sie über meinen Rücken. Genauso wie Manu es tat, wenn ich mal traurig war.

Ich versuchte mich zusammen zu reißen, als mein Vater sich plötzlich räusperte. Erschrocken drehten wir uns beide zu ihm. Seine Augen waren leicht geöffnet. Ich zwang mir ein lächeln auf, um ihn zu zeigen, dass alles okay sei. Was es natürlich nicht war.

„Paddy“, krächzte er und streckte seine eine Hand zu mir, die ich direkt nahm. Vorsichtig setzte ich mich auf die Bettkante und schaute ihn erwartungsvoll an. „Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut“, sagte er. Ich merkte wie es ihn anstrengte. Aber diskutieren wollte ich nicht. Ich wollte ihn nicht belasten, also nickte ich. „Ist Manuel hier?“, fragte er dann. Wieder nickte ich. „Bring ihn her“, befahl er mir. Etwas unsicher schaute ich zu Mom, die nur mit den Schultern zuckte. „Geht beide raus. Ich will mit ihm sprechen“, sagte Papa und zog seine Hand zurück. Mom stand auf und verließ ohne ein Wort das Zimmer. Mit einem letzten besorgten Blick zu Papa ging ich hinterher. „Manu? Er will mit dir reden“, sagte ich zu dem wartenden Braunhaarigen. Erschrocken sah er mich an, nickte aber verunsichert. „Okay“, sagte er und ging zögerlich in das Krankenzimmer. Aufgeregt platzierte ich mich da, wo vor paar Sekunden noch mein Freund gesessen hatte.

Der Vater hinter der MaskeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt