19 - Nie vergessen

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Nichts ist so wie es gestern war, ich wäre froh, wärst du jetzt noch da. So hart bereu' ich diesen einen Tag. Werd' dich für immer vermissen, ich werd' dich nie vergessen.
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[Glasperlenspiel]

* Elisa *

Ich fühlte mich  unglaublich allein. Normalerweise störte mich dieses Gefühl überhaupt nicht, doch es war genau das passiert, was ich hatte vermeiden wollte.

Ich hatte mich so wohlgefühlt in seiner Nähe, hatte mich zu sehr auf ihn eingelassen. Das war der Fehler gewesen, denn so schnell, wie er mich zusammenfügte, riss er mich auch wieder auseinander. Ich konnte quasi spüren wie ich in alle Teile brach. Mir fehlte seine Anwesenheit und ich vermisste ihn. Zum ersten gab ich diesen Gedanken zu, denn vor der Wahrheit konnte man sich nicht verstecken. Lüge nach Lüge holte sie einen ein und zerbrach die auferbaute Scheinwelt. Eigentlich hatte ich Andrras aus eben dieser auf Lügen basierten Welt ausgeschlossen, so als hätte es ihn in dieser niemals gegeben. Doch in meinem Herzen hatte ich ihn immer getragen. Jeden Tag. Jede Minute und jede gottverdammte Sekunde.

Nie hätte ich gedacht, dass wir uns nocheinmal so nahe kommen würden. Wie idiotisch war es gewesen, diese Nähe zu zulassen. Doch ich hatte mich so wohl gefühlt -  in seiner an
Nähe. Vor Stefan versuchte ich stark zu sein, doch in Andreas' Anwesenheit fielen alle Masken, die ich jemals mühsam aufgesetzt hatte automatisch von meinem Gesicht. Es war mir nicht zu erklären. Warum konnte er mich nach all der Zeit noch immer so stark beeinflussen?

Ich fühlte mich leerer als zuvor, als hätte er alles, was von mir übrig geblieben war, mit sich genommen. Weil er ein Teil von mir war, und ich war ein Teil von ihm. Zumindest war ich das vor langer Zeit gewesen.

"Weißt du was?" Hatte er gefragt als wir auf der Wiese saßen und in den Himmel starrten. Ich drehte mich zu ihm um sein wundervolles Gesicht sehen zu können. Seine Augen hatten gefunkelt und sein übliches Lächeln lag auf seinen Lippen.
"Nein, was?" Hatte ich gefragt und beobachtet wie sich sein Grinsen vergrößerte.
"Ich glaube nicht, dass ich dich jemals verlieren kann." Lächelte er "weil du überall bist, wo ich bin, Lissy. Du bist für immer ein Teil von mir und mein Herz gehört dir. Und ich glaube, egal was kommt,das wird sich niemals ändern." Er hatte nervös gelacht und sie beschämt an den Haaren gezupft. Ich musste lächeln als ich mich daran erinnerte. Zu dieser Zeit schien alles perfekt und endlos. Wir führten eine Beziehung wie sie im Buch geschrieben stand und waren glücklich miteinander.

Ich wusste, dass das was zwischen uns war, vorbei war, doch egal wie sehr ich mir diese Information in den Kopf zu hämmern versuchtd, so richtig kam diese nie bei mir an. Seine Nähe tat mir unglaublich weh und trotzdem hatte sich seine Wirkung auf mich nach all der Zeit nich verändert. Und das verhieß nichts Gutes, denn ich wusste, dass ich lernen musste los zu lassen. Ihn gehen zu lassen.

Ich wünschte mir so unglaublich sehr, dass wir uns nie getrennt hätten. Vielleicht wäre alles besser gewesen. Vielleicht sollte es aber auch so kommen, wie es war und möglicherweise würden wir uns sonst nur gegenseitig verletzten. Es hätte so gut werden können. Die Wahrheit war, dass es nun einfach zu spät war. Man konnte die Uhren nicht zurückdrehen und noch weniger did Herzen.

Mein Herz schlug in seinem Takt. Er war der Rhythmus meines Herzschlages. Und das war er gewesen seitdem ich Andreas kannte. Ich brauchte einen neuen Rhythmus, denn das Instrument war nun kaputt. Oder der Spielende hattd verlernt die Noten zu lesen. Seufzend lief ich zu meinem Koffer und suchte nach dem Pullover, den ich stets und ständig bei mir trug. Andreas  hatte ihn damals bei mir im Hotelzimmer vergessen, seither trug ich ihn immer bei mir. Wehmütig drückte ich diesen gegen meinen Körper und spürte die Tränen über meine Wange kullern. Ich versuchte nicht diese zurückzuhalten, denn ich hatte keine Kraft mehr. Ich fühlte mich nicht mehr wie ich selbst an und schluchzte deshalb so sehr, dass ich kaum noch Luft bekam.

Als ich verzweifelt in meiner Tasche wühlte,  fand ich endlich die Kaugummischachtel, welche ich mit Tabletten gefüllt hatte, damit Stefan sich nicht noch mehr sorgte und diese unerkannt blieben.
Als ich diese öffnete schimmerten mir viele bunte Pillen entgegen. Meine Hand füllte sich mit einigen und ich schluckte diese hinuter und holte mir einen Schluck Wasser.

Ich musste den Schmerz betäuben, der sich in mir breit machte, sonst würde ich untergehen. Sehnsüchtig wartete ich auf die Wirkung, die die mir die Schmerzen nehmen sollte. Sie nahmen das Gefühl der Schwäche  und gaben mir das Gefühl von Kontrolle. Die Wahrheit allerdings war, dass sie lediglich das Leiden unterdrückten und mir die letzte  Kontrolle über mein Leben nahmen.

Ich schloss die Augen und hatte sofort Andreas'Gesicht vor mir. Ich wollte meine Hand ausstrecken und ihn berühren, doch er war eine weitere Illusion meines Kopfes. Ich öffnete das Fenster, da ich das Gefühl hatte, dass mir die Luft wegblieb. Der Wind wehte in das Zimmer und ich ließ mich fröstelnd die Wand hinuntergleiten.
Meine Sicht verschwamm unter den Tränen und meine Augen brannten.
Auch in Andreas' Gesicht hatte ich die Veränderung sehen können, die auf jeglichen Bildschirmen unsichtbar war. Er hatte mich so besorgt gemustert wie vorher und es war die Falte auf der Stirn, die ihn verriet, denn diese bildete sich immer, wenn er sich Gedanken um etwas machte. Ich hatte mich so sehr nach dem Klang seiner Stimme gesehnt und wurde in seiner Nähe von einer Wärme umhüllt, welche mir fremd geworden war. Wie konnte mir seine Anwesenheit nach so langer Zeit noch immer so den Kopf verdrehen? Wieso war ich hergekommen und hatte ihn sehen wollen?

Weil du ihn immernoch liebst,  beantwortete ich mir die Frage selbst. Ich fühlte mich so verloren, als wäre er mein Kompass gewesen, welchen ich zur Orientierung brauchte. Aber er war viel mehr als das, er war nicht der Kompass oder die Landkarte. Er war mein Ziel.

Still Falling for you  •• {Andreas Wellinger}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt