„Malik, hedi!", rief ich dem Kleinen hinterher, als er beim Eintreten von Kaufland direkt in die Spielzeugabteilung rannte. [langsam]
Mikail wird von mir im Einkaufswagen herumgeschoben, ich fahre Malik hinterher.
Malik ist ein sehr hyperaktives Kind und rast immer durch unsere kleine dreizimmer Wohnung. Wohingegen Mikail eher sehr schwach und schläfriger ist, was auch daran liegt, dass er mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen ist. Ich hatte Angst um sein Leben, hätte ich die Chance, ihm ein gesundes Leben zu schenken, würde ich keine Sekunde daran zweifeln und es ihm geben. Meine Schätze verdienen nur das Beste, ich halte ihnen nichts vor.
Suchend schaue ich mich nach Malik um. Ich sehe ihn nicht mehr, da er in eine Menschenmenge verschwunden ist. Malik ist einer, der gerne nach seinem Kopf geht. Wie sein Vater, höre ich meine innere Stimme.
Ich schlucke bei diesem Gedanke. Es sind schon über verdammte drei Jahre her und ich kann es immer noch nicht verarbeiten. Ich bereue diesen Fehler zu sehr. Dua war es nicht Wert. Ich hätte nicht meine Hände verdrecken sollen.
Wenn wir schon von Dua sprechen, sie war eine Zeit lang im Krankenhaus. Um genauer zu sein, vier Monate. Meine Prügel muss so schlimm gewesen sein, dass sie sich nicht mehr an die Ereignisse erinnern konnte. Von ihr, sowohl auch von Diliyan und seiner Familie habe ich nichts mehr gehört.
Dem Gerüchten zufolge, hätte Diliyan angeblich behauptet, sich von mir zu scheiden, wenn ich raus bin. Nun bin ich schon seit einem halben Jahr frei und habe bis jetzt nichts von ihm gehört.
Ich wollte Diliyan erzählen, dass ich schwanger war. Aber als ich erfahren habe, dass ich Zwillinge bekomme, wollte ich nichts riskieren.
Diliyan's Familie ist reich. Sie hätten mir meine Kinder weggenommen. Ich hätte das nicht mehr verkraftet. Nur Malik und Mikail lassen mich noch atmen.
Ich bin eine lebende Leiche. Blasse Haut und viel zu dunkle Augenschatten. Als die Beiden dann auf die Welt gekommen sind und das Amt nicht das Sorgerecht meinen Eltern geben wollte, konnte ich mich nicht mehr halten.
Ich habe wie wild rebelliert und mit einem Selbstmord gedroht, wenn meine Eltern nicht das Sorgerecht bekommen. Ich wäre niemals mit der Gewissheit einverstanden, jemand anderes, den ich nicht kenne, soll meine Kinder versorgen.
Doch alles ist zum Glück so gelaufen, wie ich es haben wollte. Bilal hat sich um die Beiden so gekümmert, als wären es seine Kinder. Wenn meine Mutter ihnen etwas nicht erlaubt hatte, sind sie zu Bilal gerannt. Bilal hat Mikail und Malik jeden Wunsch aus den Augen abgelesen und erfüllt.
Und irgendwann bin auch ich aus dem Knast gekommen. Ich kann mich noch so gut an den Tag erinnern. Wie meine Familie vor dem Gefängnis auf mich sehnsüchtig gewartet haben. Mein Vater hat mich sofort in eine Umarmung gezogen und geweint. Es war das erste Mal, dass ich ihn weinen gesehen habe. So viele Freude- aber auch Trauertränen wurden an dem Tag vergossen.
Oder an dem Tag, als ich meinen Eltern gebeichtet habe, dass ich schwanger war. Es war ein harter Schritt gewesen, aber ich musste es ihnen sagen, es würde so oder so rauskommen.
Flashback
Ich atmete zittrig aus. Mann, wie soll ich es ihnen bloß sagen? Sie werden es sofort Diliyan informieren, dann wird er auch weiterhin an meiner Seite bleiben. Aber das will ich nicht. Ich will nicht, dass jemand erzwungener Maßen an meiner Seite klebt. Wenn eine Person bleiben will, dann soll sie bleiben. Aber wenn sie gehen will, soll sie die Tür schließen.
Ungeduldig tippe ich auf die Tischplatte und warte auf meine Eltern. Ich habe sie gebeten ins Gefängnis zu kommen, damit ich ihnen sagen kann, dass ich schwanger bin. Meine Atemwege werden immer enger, ich schwitze ununterbrochen. Zu sehr habe ich Angst davor, was mich erwarten wird. Und ich dachte immer, ich würde es auf einer glücklichen Art es meinen Eltern erzählen, wenn der Zeitpunkt dazu gekommen ist.
DU LIEST GERADE
ANOTHER CHANCE
RomanceBand 1: CHANCE Band 2: ANOTHER CHANCE Das Traurige ist nicht, dass man verschiedene Wege geht - sondern dass mal einst zwei Menschen, die sich mal so nah waren, von heute auf morgen so fremd sein können. Nachdem Nora die dreijährige Haftstrafe abge...