Kapitel 9

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Unmerklich schüttle ich meinen Kopf und fasse mir an mein Nasenrücken. Sowas kann auch nur mir passieren. Sie muss mich wohl für wahnsinnig halten.

Sie schaute mich ungeduldig an und streckte ihre Hand weiter nach mir, damit ich sie nicht so hängen lasse. Doch ich,- ich brauch jetzt Ruhe!

Ich winke mit einem verwirrten Gesichtsausdruck ab und drehe mich um. Wie von selbst rannten meine Beine los, Hauptsache ganz weit weg von diesen Leuten.

Jetzt im Moment denke ich an nichts. Mein Kopf ist dennoch so voll, aber so dass ich nicht weiß, an was ich denken könnte.

Meine Lunge brennt, genauso wie meine Augen. Alles nur ein Missverständnis, wofür ich nur dankbar bin. Ich kann es nicht realisieren. Diesen ganzen Aufstand, nur wegen diesem verdammten Missverständnisses.

Ich renne weiter, vorbei an den Wasserspielen und Pools, quetsche mich in Menschenmengen, damit ich einfach nur weg kann.

Irgendwann kam ich an der ruhigen Seite des Freibades an. Ich stütze mich an einem Baum, der noch frei liegt. Wie gut, dass ich im Schatten sitzen kann.

Ich rutsche den Baum mit meinem Rücken runter und stütze meine Ellenbogen auf meine Knien. Meine Hände vergrabe ich in meine Haare, kralle meine Kopfhaut auf.

Ich merke, wie sich mein Hals zuschnürrt, ich schniefte auf. Ich will jetzt nicht weinen, aber es kommt einfach alles hoch. Nicht falsch verstehen - es sind Freudetränen.

Diese Freudetränen entstehen deswegen, weil ich endlich Klarheit über diese Melek habe. Es ist nur Diliyans Cousine, nochmals danke ich innerlich Gott.

Etwas beruhigt schaue ich mir die Gegend im sitzen an. Wie gesagt, es ist die ruhige Seite des Freibades. Hier sind wenige Kinder, bis keine. Eher sind hier Senioren, oder welche die sich in Ruhe sonnen möchten.

Ich ziehe das Gras aus der Erde, dass habe ich immer als Kind getan, wenn mir im Garten langweilig wurde. Ich muss von selbst lächeln. Wie sehr würde ich wieder die Zeit zurück drehen, um meine Kindheit in der Heimat wieder erleben zu dürfen?

Jemand sitzt sich neben mir. Ich muss nicht mal aufschauen, um zu wissen wer sich neben mich gesetzt hat. Ich erkenne es an seinem Geruch, weshalb ich heimlich genüsslich einatme. Eine Windbrise weht umher, sein Duft wird stärker. Ich seufze leise wohlig auf und muss mich zusammenreißen, um nicht mein Kopf auf seine Schulter abzulegen.

„Wieso bist du einfach gegangen?", vom Seitenblick sehe ich, dass er gerade aus schaut.

„Wie hast du mich gefunden?", stelle ich ihm eine Gegenfrage, gucke genauso gerade aus.

Jetzt dreht sich sein Kopf zu mir. Ich mache mir nicht die Mühe und schließe ruhig meine Augen. Die Wärme tut mir gut, seine Wärme.

„Bisschen unhöflich meine Frage zu ignorieren.", meinte er.

Darauf antworte ich nicht mehr. Was soll ich denn schon drauf antworten? Ich atme laut aus. Leicht erschöpft lasse ich mein Kopf hin und her schwanken, damit mein Nacken nicht mehr so eingerostet ist.

Er atmet genauso laut aus und kramt etwas in seiner Schwimmhosentasche herum. Es stellt sich als Zigarettenschachtel heraus. Genau jetzt merke ich, dass er bis jetzt nicht ein einziges Mal vor den Kindern geraucht hat. Vermutlich möchte er ein Vorbild für unsere Kinder sein.

Der Gedanke, dass wir gemeinsame Kinder haben, lässt mich immer noch auflachen. Ich meine, wir sind nicht mehr zusammen, es ist so komisch.

Mein Herz zieht sich zusammen, wenn ich nur daran denke, dass wir uns scheiden werden. Ich will die Scheidung nicht, ich will dass wir wieder verbündet sind. Dass wir wieder eins sind.

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