Kapitel 40

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Zwei Wochen Funkstille. Er erscheint Gottseidank nicht mehr vor meiner Tür. Kein Terror mehr, er lässt mich in Ruhe.

Nachdenklich fasse ich mir die Stelle an, die seine weichen Lippen berührt haben. Seine Wärme spüre ich immer noch, es lässt mich wohlig aufseufzen.

Meine Hände spreize ich, seine große männliche Hand, die perfekt für mich gemacht ist, war zwischen meinen Fingern gefaltet.

Ich weiß nicht mehr, wie ich fühlen soll. Er war mir erneut so nah, ich dachte ich hätte mit ihm abgeschlossen. Ich werde nie mit ihm abschließen können.

Das was er zu mir gesagt hat... ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Ja, er war betrunken. Aber sagt man nicht, dass man trotzdem einen nüchternen Verstand hat? Soll ich ihm glauben, was er gesagt hat?

Mein Handy unterbricht mich bei meinem Nachdenken. Ich hänge das letzte Kleidungsstück auf und laufe auf mein Handy zu.

Eine mir noch unbekannte Nummer ruft mich an. Soll ich ran gehen? Wer weiß, wer sich hinter dieser Nummer verbirgt.

Ich greife nach meinem Handy, leichte Nervosität breitet sich in mir aus. Erst atme ich tief ein und dann wieder aus, zur Beruhigung.

„Hallo?", sprach ich leise und räusperte einmal auf. Sie ist leicht rau geworden, vom ganzen Kummer.

„Nora Barwari?", fragte eine Frau. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Diese Stimme kommt mir bekannt vor.

„Ja?", antwortete ich, was sich eher als eine Frage anhörte. Immer schneller schlägt mein Herz, als ob es spüren kann das es eine schlechte Nachricht gibt.

„Ich bin Maria Neuer, vom Jugendamt.", schlagartig verkrampfte ich mich. Das war die Frau, die mir meine Kinder weggenommen hat.

„Was wollen Sie von mir?!", fauchte ich in den Hörer. Es treibt mir die Tränen in die Augen, es zieht und brennt.

„Ich bitte Sie sich unter Kontrolle zu behalten, was ich Ihnen mitteilen muss..", sagte sie unsicher. Sofort hörte ich hin.

„Was ist passiert?!", fragte ich hysterisch nach. „Ist etwas meinen Kindern geschehen?!", ich konnte mein Herz bis zu den Ohren hören. Unglaubliche Angst breitet sich in meinen Körper aus, ich will nicht wissen, was für eine Nachricht sie mir überbringen will.

Mikail hatte einen Herzinfarkt."

Für einen Moment, durchflutet ein ohrenbetäubendes Piepen mein Kopf. Mir wird klar, dass ich mich nicht überhört habe, weswegen meine Augen am Flattern sind. Mir wird schwindelig, ich habe keinen Halt mehr.

Benebelt nehme ich ihre Stimme wahr, mein Inneres schreit. Ich will mir so fest es geht auf meine Brust schlagen, damit dieser höllischer Schmerz endlich vergeht.

Ich bekomme keine Luft mehr, atme immer schneller ein und aus. „Was haben Sie gesagt?", fragte ich nach, mein Kopf fühlt sich so schwer an. Ein imaginäres dreckiges Loch bildet sich unter meinen Füßen, dass mich runterziehen will. Ich stütze mich an dem Schrank an und hoffe, dass es nur ein schlechter Scherz war.

„Kommen Sie bitte zum Zentralkrankenhaus? Dort werde ich Ihnen weitere Informationen zum momentanen Zustand Ihres Sohnes Mikail mitteilen.", sprach sie so harsch, wie sie nur konnte. Ich hielt meine Hand vor meinem Mund und drückte feste dagegen, damit man meine Schluchze nicht hört. Sie beendete ohne auf eine Antwort zu warten das Telefonat.

Ohne es mitbekommen zu haben, war ich auf dem Boden gekniet und hielt mir schmerzhaft meine Brust, die Stelle wo sich mein Herz befindet. Scheiße, Mikail!

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