Kapitel 41

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Es sind sicher schon Stunden vergangen. Diliyan und ich sitzen auf den Stühlen, die vor den Krankenzimmern gestellt sind und warten auf weitere Informationen. Doch uns wird nichts gesagt.

Irgendwann stehe ich pustend auf und fahre mir gestresst durch die Haare. Ich laufe immer hin und her, brauche einen freien Kopf, was gerade nicht möglich ist. Ich werde noch verrückt. Ach, was sage ich da? Ich bin schon verrückt geworden.

Immer wieder wiederholte ich Gebete und vertraute nur auf die Hilfe Gottes. Es liegt nur in seiner Macht.

Ich habe schon sehr viel durchgemacht, aber nimm ihn mir nicht weg; denke ich mir und bekomme Tränen in den Augen. Bitte lieber Gott, nimm mir alles auf dieser Welt weg, nur bloß meine Kinder nicht; flehe ich und versuche nicht völlig die Fassung zu verlieren.

Es ist so verdammt schwer jetzt sich zu packen und nicht gleich zu zerbrechen. Ich weiß, dass mein Sohn das spüren wird, wenn ich jetzt hier zusammenbreche. Er hat schon so oft gespürt, dass es mir nicht gut geht.

In Gedanken bekomme ich nicht mit, wie jemand die Tür betrat. Es war Mikail. Dieser schaute mich unsicher an. Sofort wisch ich mit meinem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht und lächle ihn an. Beide dürfen mich so nicht sehen.

„Wara Kore Mîn.", sagte ich zu ihm und breitete meine Arme aus. [Komm mein Sohn]

Ohne zu zögern kam er langsam auf mich zu und legte seine kleine Arme um mein Hals. Ich ziehe seinen Duft ein, es beruhigt mich.

Er war schon immer so gut, hatte ein Herz aus Gold. Es war für ihn grausam seine Geliebten traurig zu sehen. So ein tolles reines Herz, dass zerbrechlicher ist, als vermutet.

Sein armes kleines Herz hat diesen ganzen Schmerz und Kummer nicht verkraftet. Es ist für ihn so schwer auf sich allein gestellt zu sein.

Aber ich werde meine Kinder wieder zurückholen. Nach der Scheidung fahre ich direkt dorthin, lasse Formulare unterschreiben und kann noch im selben Moment meine Kinder wieder in die Arme schließen.

„Mami!", schrie eine mir allbekannte niedliche Stimme. Ich drehe mich zur Richtung, woher Malik's Stimme kam.

Meine Lippen zierten sich zu einem breiten Lächeln, meine zuvor roten Augen, schimmerten glücklich auf. Endlich. Endlich darf ich meine Babys zurück haben.

Malik rannte mit seinen kurzen Beinen und ausgebreiteten Armen auf mich zu, ich kniete mich schonmal vor. Hinter ihm erblicke ich plötzlich Frau Neuer. Die Jugendamtfrau.

Anscheinend hat sich Malik aus dem Raum geschlichen, als er wusste dass ich mich hier befinde. Dämlich grinsend rennt er auf mich zu.

Mein Herz schlägt immer schneller, ich kann es kaum abwarten einen meiner Zwerge wieder spüren zu können. Wir waren viel zu lange von einander getrennt. Zu lange.

Er kreischte auf und sprang mir in die Arme. Lachend stand ich mit ihm auf dem Arm auf und schaute ihn mir an.

Sobald wir uns berührten, lies ich ihn nicht mehr los. Sofort drückte ich überall Küsse auf sein Gesicht und drückte ihn ganz feste an mich ran. So unglaublich, ich habe mein Baby wieder in der Hand! Und ich schwöre, Mikail werde ich heute auch noch sehen! Sei es das Letzte, was ich tun werde!

Sein Herz schlug doll gegen meine Brust. Mein armes Baby. Ihn nimmt wahrscheinlich die Situation, nach Mikail, wohl am Schlimmsten mit.

Er muss mit seinen eigenen Augen ansehen, dass sein Zwillingsbruder einen Herzinfarkt erleidet, bewusstlos in einem Krankenbett liegt und seine Augen nicht öffnet.

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