Kapitel 5

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PoV Amy

Ich drücke den Knopf zum Schliessen des Tors und wir düsen los in die schwarze Nacht.

Wir lassen unsere Heimatstadt zurück und fahren immer weiter. Nach Eineinhalb Stunden, kommen wir dann endlich an einer großen Lagerhalle an, an der ich zuvor noch nie war.
Wir stellen unsere Motorräder davor ab, setzen beide unseren Helm ab und richten noch schnell unsere Frisur. Denn auch wenn mein Opa mir erlaubt mit dem Motorrad zu fahren, was meine Brüder mir sowieso nicht erlauben würden, achtet er schon auf meine Sicherheit und besteht darauf das ich einen Helm trage. Wenn ich so überlege, weiß mein Opa eigentlich auch nur davon, dass ich gerne Motorrad und Auto fahre und mehr auch nicht...

Nachdem wir uns nachgeschminkt haben und die Perücke überprüft haben, damit uns wirklich niemand erkennt, machen wir uns auf den Weg zum Eingang. Dort stehen auch schon zwei große, breit gebaute Männer, die wohl darauf achten sollen, wer reinkommt und wer nicht. Doch wir lassen uns davon nicht beeindrucken und laufen weiter bis wir vor dem Eingang stehen.

Zuerst schmunzeln diese dummen Türsteher und fragen sich wohl, was so junge Mädchen hier wollen, doch dann hört der eine auf mit Schmunzeln und stupst den anderen in die Seite, dann flüstert er dem anderen was ins Ohr. Der guckt mich drauf erschrocken an und macht den Weg frei.

Ich klatsche zufrieden bei Emma ein, wir sind schon bekannt. Worin wir bekannt sind, fragt ihr euch? Tja, das ist der traurige Teil. Als ich zehn Jahre alt war, starben meine Eltern. Ich hatte eine wirklich starke Eltern-Kind-Beziehung zu ihnen geführt.
Ich war gerade mal zehn Jahre und verlor zwei wirklich sehr wichtige Menschen in meinem Leben. Ich zerbrach innerlich, aß nichts mehr, redete nicht mehr und wollte niemanden mehr sehen. Es hat lange gedauert, aber meine Brüder, Emma und mein Opa schafften es irgendwie, mir die Freude am Leben wieder zu bringen.

Naja das war der Ursprung meiner Geschichte, doch als ich zwölf Jahre alt war hatte ich einen Rückfall, heute einen Tag nach meinem Geburtstag vor vier Jahren verschwand dann mein über alles geliebter Zwillingsbruder Aiden. Ja, ihr habt richtig gehört, noch ein Bruder, ich hatte sechs Brüder oder soll ich sagen 'habe'? Ich weiß nicht, was mit Aiden ist, ich weiß nicht, ob er lebt oder tot ist.  Das ist das Schlimmste, so konnte ich nie richtig mit ihm abschließen, aber eigentlich will ich das auch gar nicht.
Ich bin noch immer innerlich zerbrochen, drei so wichtige Personen in meinem Leben verloren zu haben und es wird wohl auch nie wieder, wie früher werden, das weiß ich...

Aber das war erst mal die Geschichte, wie es dazu kam. Jetzt erzähle ich euch was nach dem Tag passiert ist, als mein Bruder verschwand:
Wir suchten zwei Wochen durchgängig nach ihm, nach jedem verstrichenen Tag des erfolglosen Suchens, wurde ich verschlossener und als wir dann aufhörten nach ihm zu suchen, ließ ich niemanden mehr an mich ran, ich wurde zum Teil so, wie nach dem Tod meiner Eltern. Ich bekam Magersucht, beging meinen ersten Selbstmord-Versuch und schlussendlich rannte ich mitten in der Nacht weg.

Inzwischen weiß ich, dass das nicht die beste und schlauste Idee war, denn so verloren meine Brüder noch eine geliebte Person in ihrem Leben. Ich bedachte nicht, das ihnen das gleiche geschehen war. Sie verloren auch ihre Eltern und dann ihren kleinen Bruder, aber ich machte es mit meiner Phase noch schlimmer. Sie konnten zusehen, wie ich langsam in meinem Inneren starb und sie nichts machen konnten, da ich niemanden mehr an mich ran ließ...
Also, ich rannte weg, doch weit kam ich nicht, durch meine Magersucht brach ich schnell mitten in einer dunklen Gasse zusammen. Ich war alleine, war schwach und dachte mein Leben wäre vorbei. Ich habe gehofft, es schnell hinter mir zu haben. Ihr müsst euch das vorstellen, ich war gerade mal zwölf Jahre alt und hatte meine ganzes Leben eigentlich noch vor mir, doch ich konnte nicht mehr...

My second identityWo Geschichten leben. Entdecke jetzt