Maurice Adekten

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Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es für ihre momentanen Verhältnisse viel zu früh war, aufzustehen, geschweige denn überhaupt schon wach zu sein.

Nachdem sie vor etwa zwei Jahren aus der Armee geschmissen wurde und somit auch ihren Rang dort verloren hatte, hat sie zwar immernoch weiter trainiert, es aber inzwischen doch gelassen.
Es würde sowieso nichts mehr bringen.

Vor einigen Wochen wurde ihre Hochzeit verkündet. Im gesamten Imperium des Fisches. Wie viel die anderen Imperien davon wussten war ihr unbekannt.

Doch die Tatsache, dass ihr Vater der General vom Fisch war, nahm ihr auch die Hoffnung, das wenigstens ihr Verlobter daran etwas hätte ändern können.

Zum Glück hatte ihr Verlobter nicht die gleiche gemeine, besitzergreifende und herrische Persönlichkeit ihres Bruders. Früher war er nicht so. Hoffte sie zumindest. Früher war er so wie man sich den perfekten großen Bruder vorstellt.

Dann hat er angefangen sich zu verändern, nachdem ihre Mutter die Familie verlassen hatte. Marlina hat sich immer gefragt, wie man eine Person gleichzeitig hassen und bewundern kann.

Eija Adekten war ihre einzige Bezugsperson gewesen und doch empfand sie ihre so liebevolle und kluge Mutter immer als schwach. Sie verachtete sie ja schon förmlich.

Die nie enden wollenden Nächte, in denen sie wach lag und überlegte, was wohl passiert wäre, wenn ihre Mutter noch immer bei ihr wäre.

Obwohl sie vermutete, dass diese Verachtung zum größten Teil von ihrem Vater kam. Auch ihre Ehe war arrangiert gewesen, aber leider hatte sich dieses Zusammentreffen nicht zum Guten gewand.

Ihre Eltern waren einfach zu verschieden. Ihr Vater war ein wahrer Meister im Kämpfen, ein schlauer Stratege und hatte sich zudem noch den Posten des Generals erarbeitet. Für Emotionen schien er keine Zeit zu haben, genau wie für die Erziehung seiner Kinder.

Ihre Mutter dagegen war eine gutherzige Frau, die stets versucht hatte, jede freie Minute mit ihren Kindern zu verbringen. Außerdem gehörte sie mit ihren akademischen Fähigkeiten, den schier unendlichen Wissen über Medizin und Magie vom Fisch zu einem der klügsten Menschen ihres Imperiums.

Doch mit ihrem Verschwinden änderte sich nicht nur Marlinas Leben, sondern auch das ihres Bruders. Er fing an noch intensiver und härter zu trainieren, dass selbst Modo sich dafür die Zeit nahm, seinen Sohn beim Training zu helfen.
Und jetzt ist er Generalmajor. Generalmajor der Armee, des Fisches und eines ganzen Imperiums.

Nur wenige Erinnerungen blieben ihr an jene Zeiten, die sie noch glücklich mit ihrem Bruder verbracht hatte. Kaum zu glauben, dass sie zusammen trainiert hatten und er ihr jetzt so gut wie möglich aus dem Weg ging.

Sie bog ab und lief direkt in eine junge Frau, die mehrere Kisten mit Obst in ihren Händen trug. Die Frau taummelte ein Stück zurück, bis Marlina erkannte mit wem sie zusammen gestoßen war.

"Entschu... Marlina!" Sofort bildete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie versuchte Marlina zu umarmen was sich durch die Kisten allerdings als schwierig erwieß.

Ein wenig planlos schaute Marlina auf Antania, deren schwarze Haare zu einem einfachen Pferdeschwanz zusammengebunden waren.

"Soll ich dir vielleicht eine von den Kisten abnehmen?", fragte sie und versuchte sich ein Grinsen zu verkneifen, während Antania versuchte die mit Obst gefüllten Kisten oben zu halten.

"Das wäre nett", meinte sie ein wenig grinsend und übergab Marlina eine die Kisten, die bis zum Rand voll mit Orangen war.

"Was willst du mit den ganzen Früchten?", fragte sie.

Fisch - Die Kriege sind noch lang (Band 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt