Wieder zurück auf Tahiti...
Ihre grauen Augen waren auf den steinigen Boden gerichtet, der vor ihr den Weg zum Strand bildet und immer mehr mit Sand bedeckt war.
Vermutlich hatte ihn der Wind vom Strand hier her geweht oder die Besucher die von einem Ausflug an den Strand wieder nach Hause kehrten hatten ihn unbeabsichtigt mitgebracht.Ein paar einzelne Wolkenfetzen bedeckten den hellblauen Himmel. Es sah aus, als hätte es jemand aus einem Kinderbuch geschnitten und vor ihr in die Landschaft gestellt.
Um Marlina herum hörte sie die Gespräche der Leute und das Lachen der Kinder, die aufgeregt umherliefen und mit gespannten Blicken dem Strand immer näher kamen.
Nur aus dem Augenwinkel neben ihr nahm sie eine Gruppe von Mädchen wahr. Vermutlich fünfzehn oder sechszehn Jahre alt, liefen sie in ihren knappen Bikinioberteilen und den Hotpants durch die Menschenmassen.
In ihren Gesichtern war so viel Schminke, dass sie ohne Probleme hätten Barbies sein können, während über ihren Armen bunte Strandtaschen baumelten. Sie redeten miteinander und lachten. Die ganze Zeit und den ganzen Weg entlang zum Strand.
Marlina ließ sie an sich vorbei laufen, bevor sie sich wieder unter die Masse mischte. Der Vergleich mit ihr und den Mädchen von gerade eben, war in etwa so, wie der Vergleich von bunt und grau.
Mit ihren bunten Taschen und knappen Klamotten fielen sie überall auf. Sie allerdings, die so gut wie immer nur eine schwarze Shorts und darüber ein dunkelbraunes Top trug, ging in der Menge gnadenlos unter.
Doch das störte sie nicht. Sie war lieber hier.
In der Menschwelt. Unentdeckt und einfach eine von unzähligen Personen, die mit ihr zu gleichen Zeit diesen Weg einschlugen.Zuhause, im Territorium des Fisches, konnte sie kaum das Haus verlassen, ohne von Reportern, Fernseh-Teams und irgendwelchen aufdringlichen Leuten verfolgt zu werden.
Hier kannte sie keiner. Keiner, der sie ansprach, umbedingt ein Foto haben wollte oder sie belästigte.In ihrer Familie hatte sie es noch nie leicht gehabt, aber sie hatte sich ihr Leben auch nicht ausgesucht. Sie wurde einfach als einer der Adekten geboren und fertig.
Jeder andere würde wahrscheinlich freiwillig sein langweiliges Leben mit ihrem 'aufregenden' tauschen wollen, nur um berühmt zu sein und den Ruf als Tochter oder Sohn von General Modo Adekten genießen zu können.
Schon von klein auf wurde sie in jeglichen Umgang mit Waffen geschult und erhielt zusammen mit ihrem Bruder die beste Ausbildung im ganzen Imperium. Nebenbei wurden ihr noch Manieren und die Verhaltensregeln am königlichen Hofe beigebracht. Naja, wohl eher aufgezwungen.
Ihre Nachmittage waren statt mit Hobbys oder Freizeit mit Training und Lernen belegt. Viele Freunde hatte sie dadurch nicht. Lediglich einige Kinder von anderen, hochrangigen Bekannten ihres Vaters sah sie ab und zu mal.
Man kann nicht sagen, dass ihre Kindheit wirklich schön war. Training, Lernen, zu irgendwelchen Veranstaltungen gehen und dann auch noch die Reporter, die aus jeder Kleinigkeit eine riesen Schlagzeile machen.
Und so verbrachte sie niemals enden wollende Tage und schlaflose Nächte mit Training, nur um eines schönen Tages, von ihrem Vater ein wenig Stolz entgegen nehmen zu können.
Inzwischen hatte sie die Hoffnung längst aufgegeben. Sie würde niemals aus dem Schatten ihres älteren Bruders hervortreten können.
Niemand kann leugnen oder bezweifeln, dass Marlina eine gute Kämperin oder geschickte Kriegerin, aber das endlose Training war ihrem Vater anscheinend nicht genug.
Sonst hätte er seinen Sohn nicht zum Generalmajor gemacht und sie nicht einmal in die Armee mit aufgenommen. Eher gesagt, aus der Armee geschmissen.
Es gab so viele Idioten, kampfunfähige Narren, die in der Armee nichts zu suchen haben und die für Marlina nicht mehr als ein Aufwärmtraining waren.Die Beziehung zu ihrem Vater ist dementsprechend schlecht. Sie verachtet ihn wegen so vielen Dingen. Wegen dem Rauswurf ihrer Mutter, ihrer einzigen Bezugsperson, wegen seiner Erziehung und seiner Blindheit.
Macht und Ruhm haben ihn die Fähigkeit zu sehen genommen, so scheint es für Marlina. Oder Modo ignorierte die dreckigen Geschäfte, die sein Sohn Nachts in der Unterwelt machte einfach.
Sie hatte es einmal mitbekommen, wie er ein junges Mädchen aus Custos gefangen nahm und mit einigen anderen verkaufen wollte. Sie war ihm bis zum Markt gefolgt, der sich in einer Bucht, versteckt hinter den Klippen befand.
Auf dem Markt selber war sie nicht gewesen, aber schon von weitem konnte sie die eingesperrten und gefesselte Menschen sehen, zu denen auch ihr Bruder seine 'Ware' bringen wollte.
Der Weg dorthin wurde ihm jedoch von einigen Soldaten des Löwens abgesperrt. Wenn sie sich noch recht erinnerte, war es ein ungefähr siebzehnjähriger Mann und eine etwa gleichaltrige Frau in Begleitung zwei etwas älteren Männer und einigen Soldaten.
Besonders die gewaltige Axt, die diese zarte, junge Frau dort schwung, zog ihre Aufmerksamkeit auf sich.Was viel mehr danach passierte, weiß sie nicht genau, da sie weggelaufen ist, kurz nachdem sie angefangen haben zu kämpfen. Sie hatte zwar die leise Hoffnung, dass dieser Markt geschlossen werden würde, allerdings war die Unterwelt so weit verbreitet und so riesig, dass man wahrscheinlich an einem anderen Ort einen anderen Markt aufgemacht hätte.
Ein Seufzen entrann ihrer Kehle und sie schaute auf. Sie war fast am Strand angekommen, fast an der Bar von Antania's Vater angelangt, aber sie stoppte. Kurz bevor ihre Füße den weichen Sand berühren konnten hielt sie an.
Ihr Blick schweifte über das klare, blaue Meer. In ein paar Wochen wird sie achtazehn Jahre alt werden und wenn sie in einem Jahr wieder genau an der selben Stelle steht, wird sie verheiratet sein.
Es sei denn, der Krieg wird sie vorher alle umbringen.Hochzeit ohne Liebe, einfach nur wegen Macht, Geld und zum Wohle ihres Imperiums.
Es war nicht wirklich Trauer oder Wut, was sie bei diesem Gedanken empfand. Es war viel mehr Enttäuschung, die sich einzig und allein auf ihren Vater bezog."Hey Marlina! Huhu!"
Eine aufgeregte Frauenstimme holte sie aus ihren Gedanken. Ihr Blick wanderte zu der Bar am Strand, wo Antania jetzt stand und ihr zu winkte.
Mit einem Seufzen setzte sie sich in Bewegung. Die siebenzehnjährige wirkte immer so fröhlich und sorglos. Ihr Leben schien so leicht zu sein, im Gegensatz zu ihrem eigenen.
"Guten Morgen!" Die schwarzhaarige fiel ihr lachend um den Hals und begrüßte sie herzlich, während eine andere Frau hinter der Theke stand und sie belustigt anschaute.
"Ich...Ähm...Antania? Könntest du mich wieder los lassen?" Sie täschelte Antania's Arm, bevor sie sie von ihrem Hals entfernte.
"Entschuldigung. Aber ich bin bloß so aufgeregt!", erzählte sie total fröhlich. "Ich weiß ja nicht, ob du ihn kennst, aber Jack Cooper macht hier gerade Urlaub und kommt heute wahrscheinlich an den Strand!"
Sie sprang fröhlich lachend zur Theke zurück und stellte sich neben die andere Frau. "Ach ja, das hier ist Laila." Sie deutete mit einem Nicken in die Richtung der Frau mit den honiblonden Haaren, die ihr in Locken über ihre braun gebrannten Schultern fielen.
"Laila, das ist Marlina. Ich hab sie gestern Abend kennengelernt, als ich gerade dabei war, Feierabend zu machen", stellte Antania einander vor.
"Freut mich dich kennenzulernen, Marlina", erwiderte Laila freundlich und schenkte ihr ein warmes Lächeln, das sie so gut es ging erwiderte.
"Ebenso."Plötzlich stahl eine andere Frau mit platinblondem Haar ihre Aufmerksamkeit. Ihre Brüste steckten in einem viel zu kleinem Bikini und wippten bei jedem ihrer Schritte, die sie durch den Sand machte, auf und ab.
Sie blieb stehen, nahm ihre Sonnenbrille ab und ließ ihren Blick über das blaue Meer schweifen.Dann drehte sie sich um und rief etwas zu einer anderen Person, was Marlina allerdings wegen der Entfernung nicht verstehen konnte.
Kurz darauf gesellten sich ein etwas kleinere junger Mann mit grünem Haar und ein etwas größerer, durchtrainierte Mann mit schwarzem Haar zu ihr.
Sie würde diese Person überall her heraus erkennen. Der Kommandant, der Einheit vom Skorpion: Lionard Black.
Na dann Custos, zeigt mal was ihr könnt.
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Hier ein kleiner Einblick in Marlina's Leben und ihre Vergangenheit.🌹
Bis Sonntag meine Honeys🐝❤
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Fisch - Die Kriege sind noch lang (Band 2)
FantasíaIhre langen, schwarzen Haare wehten in den leichten Windzügen, die ihre Wege über den Strand fanden. Sie lief selbstsicher und voller Lebensfreude vorraus, wobei ihre Beine von dem leichten Stoff ihres buntgeblümten Sommerkleides umgeben waren. Ob s...