Ich war müde, ich froh und mir war kalt. Das war alles an was ich denken konnte. Doch mein Vater hatte kein Mitleid, zog mich an der Hand immer weiter. Als ich leise anfing zu schluchzen redete er beruhigend auf mich ein, liebevoll. Auch wenn ich kein Wort verstand von dem was er sagte. Auf seinen anderen Arm saß mein Zwillingsbruder, wo er schniefend zu mir runter schaute. Er war vor einer halben Stunde hingefallen und hatte sich den Knöchel verstaucht. Seitdem trug mein Vater ihn
Wir waren nun schon seit ein paar Tagen unterwegs. Ich erinnerte mich noch gut, als meine Mutter mich mitten in der Nacht aus dem Bett geholt hatte und mir klarmachte, dass ich still sein müsse.
"Was ist los?", hatte ich sie verschlafen gefragt und sie hatte mich angelächelt.
"Tut mir leid das ich dich wecke meine Süße aber es wird Zeit.", hatte sie erklärt und mich hochgehoben. Ich mochte das nicht. Ich war groß. In einer Woche würden mein Bruder und ich sechs Jahre alt werden. Rum getragen wurden nur Babys.
"Für was wird es Zeit?", hackte ich nach, als sie einen Pullover über meinen Kopf zog. Ohne damit aufzuhören mich anzuziehen flüsterte sie: "Du und Kale geht jetzt auf eine Reise. Zu Freunden von uns. Sie werden gut auf euch aufpassen. Du weißt doch noch, was Papa und ich gesagt haben, wenn sowas mal kommen sollte?"
"Wir sollen brav sein und tun was die Leute sagen.", erklärte ich brav. "Und wir dürfen niemanden sagen wer wir wirklich sind."
"Gutes Mädchen", lobte mich meine Mutter und gab mir einen Kuss bevor sie mich wieder hoch hob.
"Ich kann alleine laufen.", murrte ich und sie lachte leise.
"Du wirst die nächsten Tage noch genug laufen können.", sie ging aus meinen Zimmer in den Gang wo mein Vater gerade eine Tasche packte. Mein Bruder saß auf dem Stuhl neben ihm, wackelte ungeduldig mit den Beinen. Mom setzte mich neben ihn ab und half meinen Vater schweigend. Wir blieben brav sitzen, wie man es uns bei gebracht hatte. Man folgte Regel, widersprach Vorgesetzten nicht und tat was sie einen befahlen.
Als sie fertig waren, hatte meine Eltern sich in den Arm genommen, mein Vater die Tasche gepackt und uns an jeweils eine Hand. Dann waren wir losgegangen, hinaus in die Dunkelheit. Durch die Schatten, dass uns keiner sah.
Das war jetzt drei Tage her.
Seitdem waren wir jede Nacht durch Wälder gelaufen und haben tagsüber geschlafen. Bald würden wir an der Grenze zum Distrikt sein, das hatte man uns im Unterricht beigebracht. Hinter der Grenze war Distrikt Sechs.
"Papa", jammerte ich, als er noch schneller gehen wollte. Dieses mal hörte er sogar auf mich und blieb stehen.
"Mäuschen, ich weiß du kannst nicht mehr, aber wir haben es gleich geschafft, dann ist es nicht mehr so anstrengend.", erklärte er mir. Anscheinend sah er aber meine Müdigkeit oder er beschloss, dass ich so mehr ein Behinderung war. Auf jeden Fall verlagerte er das Gewicht meines Bruders auf die eine Seite seiner Hüfte und hob mich dann auf die andere, bevor er weiterging.
Als er schneller wurde, kuschelte ich mich an ihn und hielt gleichzeitig die Hand meines Bruders. Eigentlich war er der Ältere von uns beiden aber er war ein totales Weichei, was wegen jeder Kleinigkeit losweinte.
Ich musste durch die gleichmäßigen Bewegungen eingeschlafen sein, zumindest dämmerte ich als ich aufwachte und wir kamen am Ende des Waldes an.
Zwei Gestalten wartete dort auf uns. Ein älteres Paar mit grünen Augen und hellen Haaren. Sie waren wesentlich kleiner und zierlicher als mein Vater. Schon aus unserem Distrikt war ich dies aber gewohnt. Gegen andere wirkte mein Vater immer größer und stärker. Viele fürchteten sich vor ihm, hatten Respekt, obwohl sich hinter seinen fast schwarzen Augen auch viel Güte verbarg. Auch wenn er diese nur selten zeigte.
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Sage Snowdrop | Die ersten Hungerspiele
FanfictionMein Name ist Sage Snowdrop. Lange, bevor die Rebellion began wurde ich aus Distrikt 13, nach Distrikt 6 gebracht. Nachdem die Rebellion gescheitert ist werden mein Zwillingsbruder und ich, als die ersten Tribute für unseren Distrikt ausgewählt....