Sage Snowdrop | Kapitel 6

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Ich wusste nicht wie lange ich weg gewesen war, aber es fühlten sich gerade mal wie fünf Minuten an, als Snakes Stimme mich aus dem Schlaf riss. "Aufstehen, es gibt essen!" Da ich hochschreckte, hörte ich ein unangenehmes Knacken in meiner Schulter, auf der mein Bruder ebenfalls eingeschlafen war und nun geräuschvoll nach vorne fiel. Zu lethargisch um mehr zu tun, als nur dabei zuzusehen, wie er aufschlug, konnte ich ihn nicht auffangen. Fast musste ich darüber lachen, wie sehr sich Snake über das Geräusch eines aufschlagenden Körpers erschreckte, aber ich konnte es zurück halten. Trotzdem sah es zu lustig aus, wie er regelrecht in die Höhe schnellte und wie ein kleines Mädchen auf quietschte. Kale schien weniger begeistert von seinen Ausflug auf den Boden und kämpfte sich wieder murrend hoch. Er schaute mich böse an, doch bevor er etwas sagen konnte, hatte seine Nase das Essen gerochen. Als wenn er es nicht wollte, drehte sich sein Kopf zu dem Tisch und er schien mich komplett vergessen zu haben. Mit leuchtenden Augen stand er auf und ging langsam zu den anderen, als hätte er Angst, dass eine zu schnelle Bewegung, den Traum zerplatzen lassen könnte.

Es war soviel essen aufgehäuft, womit unser ganzer Distrikt satt werden würde. Zumindest wenn man bedachte, wie viel wir zur Zeit hatten. Im ersten Moment fühlte ich mich fast schuldig, so eine große Auswahl zu haben, während zuhause die Leute hungerten. Aber dann kam mir in den Sinn, dass es auch niemand für nötig gehalten hatte, an unsere Stelle zu treten. Wir waren wahrscheinlich bald tot. Dann hatten wir doch höchstens noch ein paar schöne Tage verdient!

Ich gesellte mich zu den anderen, als Acer gerade meinen Bruder den vollgestopften Teller aus der Hand riss. Einen Urinstinkt folgen knurrte ich ihn an. Das war das Essen meines Bruder, nicht seins!

Er verzog nur leicht sein Gesicht, als auch mein Bruder ein ähnliches Geräusch herausbrachte. "Herr Gott nochmal. Ist ja schlimmer als verwahrloste Tiere.", beschwerte er sich. Danach nahm er einen neuen Teller, dieses mal einen tiefen, und löffelte Suppe darauf. Nachdem er das Gericht vor Kale hingestellt hatte, tat er das gleiche noch einmal und stellte ihn auf den letzten leeren Platz. Auffordern sah er mich an. Fast apathisch folgte ich der stummen Aufforderung. Der Geruch der Suppe ließ meinen Magen knurren.

"Was bringt es euch, euch den Magen vollzuschlagen und dann alles wieder herauszubringen. Ihr werde jetzt erst mal langsam anfangen. Das essen ist die ganze Zeit da. Niemand nimmt euch etwas weg, also versucht euch etwas zivilisierter zu benehmen. So kann ich ja nicht mit euch im Kapitol auftauchen. Die anderen Mentoren lachen mich ja aus!", klagte Acer. Weder Kale noch ich nahmen ihn war. Wir starrten beide nur auf die Suppe. Snake nahm sich irgendwann unseren armen Mentor an und erzählte irgendetwas davon, dass wir doch das Highlight sein werden, als Zwillinge! Und das sie uns ja noch genug essen geben konnten bis morgen, dass wir anständig aussehen würden, wenn wir in der Hauptstadt ankamen.

Ich konzentrierte mich lieber wieder auf die Suppe. Alles in meinen Körper schrie danach es einfach herunterzuschlucken und mehr zu holen, aber irgendwo in meinen Inneren wusste ich, dass unser Mentor recht hatte. Deswegen nahm ich den Löffel und aß langsam. Schluck für Schluck.

Als ich fertig war, wusste ich nicht ob ich mehr nehmen durfte, aber da stellte mir Acer auch schon wieder einen Teller hin. Brot, etwas zartes Fleisch. Fleisch! So was hatte ich schon seit Monaten nicht mehr gesehen und wenn, dann war es Rattenfleisch oder Eichhörnchen. Das hier sah aus wie Rind.

Wieder riss ich mich zusammen und aß langsam weiter. Auch Kale hielt sich an Acers Anweisung und so behielten wir auch wirklich alles bei uns. 

Immer wieder verordnete uns Acer oder Snake Essenspausen, befahlen uns aber zu trinken oder uns weiter auszuruhen.

Somit verbrachten wir unseren Nachmittag im Zug und ich merkte gar nicht wie die Zeit verging. Ich fühlte mich wohl, gesättigt, als wir uns am Abend in ein anderes Abteil zurückzogen, indem ein riesiger Fernseher stand. Mit offenen Mündern bestaunten mein Bruder und ich das Gerät, was Snake mit Freude feststellte. "Ihr schaut ihn ja an, als hättet ihr noch nie einen gesehen."

Sage Snowdrop | Die ersten Hungerspiele Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt