Sage Snowdrop | Kapitel 3

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Sage Snowdrop.
Ich.
Das war ich. Die Worte gingen mir immer wieder durch den Kopf als ich erstarrt da stand und nichts sah. Ich spürte wie Dalla sich immer noch an mich klammerte, als wollte sie mich festhalten.
"Sage?", hörte ich wieder die Stimme von Snake. "Sage Liebes, wo bist du denn? Nicht so schüchtern. Komm! Alle wollen das Mädchen sehen, was sie vertretet." Ich erwachte aus meiner Trance. Wehren konnte ich mich sowieso nicht, also was sollte ich schon tun? Aber die Friedenswächter waren nervös. Dalla hang schluchzend an mir und würde ihre Aufmerksamkeit auf sie lenken. Sanft griff ich nach ihren Armen, die sie hinter meinen Rücken verschränkt hatte, und zog sie langsam von mir. Das Mädchen versuchte erst dagegen zu halten, aber sie war viel schwächer als ich. Als sie merkte, dass sie es nicht schaffen würde wurde ihr weinen lauter und sie schrie: "Du hast mir versprochen das ich Blumenmädchen sein würde. Du hast gesagt, es würde alles gut werden." 
Viele treten sich jetzt zu uns um, machten Platz als klar wurde, wo die Auserwählte war.
"Tut mir Leid Dalla.", flüsterte ich leise und versuchte immer noch von ihr wegzukommen. Endlich begriff eines der älteren Mädchen, was passieren konnte und half mir. Sie zog Dalla an sich und sprach beruhigend auf das jüngere Kind ein.
"Ah, da bist du ja. Komm nach vorne Sage!", flötete unser Betreuer wieder fröhlich vor sich hin. Schön das höchstens einen die ganze Sache hier Spaß machte.
Langsam trat ich aus der Reihe hervor. So wie ich im Mittelgang ankam, wurde ich von vier Friedenswächtern umringt. 
Ich suchte den Blick von Peeta. Seine Augen waren dunkler als sonst. Wut, Verzweiflung und Angst spiegelten sich in ihnen. Ich hoffte nur, dass er nichts dummes tun würde. Kale hatte anscheinend die gleiche Befürchtung, denn er legte ihn eine Hand auf die Schulter. Unterstützend aber auch gleichzeitig um ihn im Notfall festhalten zu können. Innerlich dankte ich meinen Bruder. Er schaute traurig auf mich, wusste aber genau wie ich, dass es nichts bringen würde irgendetwas dagegen zu unternehmen.
Die Stille war regelrecht erdrückend. Jeder meiner Schritte, die ich rauf zur Tribüne machte, hallten laut wieder.
Noch nicht einmal richtig oben angekommen, riss mich Snake auch schon an sich und lächelte breit.
"Na das war ja herzallerliebst. Deine Schwester." Er sprach so schnell, dass ich kaum mitkam und als er mir das Mikrofon vor dem Mund hielt, wusste ich erst nicht was ich sagen sollte.
"Nein", kam nur leise und emotionslos aus meinen Mund. Anscheinend nicht die Antwort die er sich erhofft hatte. Kurz schaute er mich noch erwartungsvoll an bevor er fortfuhr: "Nun gut. Dann weiter im Protokoll. Wie ihr wisst kann jemand freiwillig, die Position von Sage einnehmen. Wenn dies so ist, möge er jetzt vortreten!"
Schweigen.
Alle Köpfe der Mädchen schauten irgendwo hin, nur nicht zu mir. Ich verstand sie. Ich hätte mich auch nicht freiwillig gemeldet. Wer wollte schon sterben?
Trotzdem war es ein seltsames Gefühl und ich war froh als Snake nach einer Ewigkeit weitermachte.
"Niemand? In Ordnung." Er strich sich durch das schwarze Haar. "Dann machen wir weiter mit den Jungen!" Er ließ mich stehen und ging auf die andere Seite der Bühne, wo die Glaskugel mit den Namen der Jungen war. Ich schaute zu Peeta, er zu mir. Bitte nicht ihn. Bloß nicht ihn.
Snake ging in die Mitte der Bühne und öffnete den Zettel langsam. 
Bitte nicht Peeta!
"Kale ... Snowdrop?"
Gott sei D-
...
Die Welt blieb für mich einen Moment stehen. Kale. Ihn hatte ich in meiner Angst ganz vergessen. Das durfte nur ein Traum sein.
"Kale Snowdrop!", sagte Snake noch einmal fester.
Die Hand, die mein Bruder immer noch auf Peetas Schulter hatte, rutschte kraftlos runter. Wahrscheinlich hatte ich vor wenigen Sekunden genau so entsetzt vor mich ins Leere gestarrt, wie er es jetzt tat. Die beiden schauten sich an, Peeta sagte etwas, worauf mein Bruder energisch den Kopf schüttelte und ebenfalls etwas sagte, was man jedoch hier vorne nicht verstand. Kale klopfte meinen Verlobten noch einmal brüderlich auf die Schulter, bevor er ebenfalls in den Mittelgang ging, um von vier Friedenswächtern empfangen zu werden. Sein Blick war die ganze Zeit auf mich gerichtet, bevor auch er die Treppen erklang. Ich schaute zu Mira und Tomee. Sie weinten. Beide. Mira wurde von ihren Mann gestürzt und eine andere ältere Frau, ihr Name war Lira und eine alte Freundin von ihr, streichelte beruhigend ihren Rücken.
"Hallo Kale.", holte mich Snakes Stimme ein weiteres mal zurück. "Snowdrop also, mmh? Seit ihr Geschwister?"
"Zwillinge.", sagte er genau so tonlos wie ich vorher. Dieses mal schien unseren Betreuer jedoch die Antwort besser zu gefallen.
"Zwillinge? Wirklich?", wiederholte er. "Möchte jemand für Kale einspringen um dieses Drama abzuwenden." Ich schaute zu Kale, doch dessen Blick war auf etwas anderes geheftet. Ich folgte ihm und sah das es Peeta war, der einzige der noch zu uns sah, in diesem Moment. Wieder schüttelte mein Bruder leicht den Kopf. Peeta hatte doch etwa nicht vorgeschlagen sich für ihn zu melden? Was...? Ich sah in den Augen von beiden, dass ich Richtig lag. Das war es was er gesagt hatte, und was meinen Bruder wütend gemacht hatte. 
"Wieder niemand?", fragte Snake. "Wie tragisch." Warum klang das aus seinen Mund eher wie als wenn er gerade etwas gewonnen hätte? 
Ich verabscheute ihn jetzt schon.
"Nun ihr beiden, dann reicht euch die Hände." Wir taten wir er befahl, schauten uns in die Augen und lösten unsere Blicke nicht als Snake sah. "Nun dann. Fröhliche Hungerspiele. Und möge das Glück stets mit euch sein."
Wieder kamen Friedenswächter und schoben uns in die Überreste des Gebäudes. Hinter uns spielte die neue Hymne von Panem, als wir in einen der wenigen Räume gebracht wurden, die nicht komplett zerstört waren. Fenster hatte er trotzdem nicht und so hörten wir weiter die Hymne, als Snake mit einen Kopfer zu uns in den Raum kam. Da wir nicht wussten was auf uns zukam, standen Kale und ich nah bei einander. Er wie immer leicht vor mir. Die Worte unseres Vaters hatte er seit damals sehr ernst genommen und immer auf mich aufgepasst. Bald würde sich das ändern.
"Das ist doch mal eine Geschichte!", freute sich Snake. "Nicht nur Geschwister, auch noch Zwillinge! Das kann kein anderer Distrikt toppen." Er redete vor sich hin, während er irgend ein silbernes Werkzeug aus dem Koffer holte. Es erinnerte etwas an eine Pistole und ich bekam ein ungutes Gefühl.
"Gib mir deine Hand Mädchen.", befahl er. Ich wollte nicht, aber der Friedenswächter in der Ecke schien sich etwas zu sehr darauf zu freuen, mich zu zwingen. Also streckte ich meinen rechten Arm aus. Snake drehte ihn um und setzte das Werkzeug an. Kurz stach etwas zu, bevor ich ein leuchten unter meiner Haut sah, welches sich in Richtung meines Handgelenkes bewegte.
"Das kann jetzt ein bisschen wehtun.", erklärte Snake und ich schaute ihn verwirrt an. Ich wollte ihn gerade fragen, was er meinte, als ein zischen meine Aufmerksamkeit erregte. Im nächsten Moment spürte ich brennenden Schmerz, an der Stelle wo das Leuchten war. Ich zwang mich nicht auf zuschreien, griff nur mit meiner linken Hand um das Gelenk. 
Ich sah wie sich die Haut rot verfärbte und versuchte die Tränen zu verbergen, als der Schmerz noch etwas an Intensität zunahm. 
Dann war das schlimmste vorbei. Der Schmerz ebbte soweit ab, dass ich mich wieder getraute Luft zu hohlen. Es stank nach verbrannten Fleisch. Den Geruch kannte ich noch gut Genug. Durch einen Tränenschleier starrte ich entsetzt auf meine Innenseite des Handgelenks. 
Dort hatte sich ein Muster gebildet, welches sich von Innen nach Außen gebrannt hatte. Erst beim zweiten Blick erkannte ich was es war.
06-01-17
Während ich noch verwirrt auf meinen Arm starrte, tat Snake das gleiche bei meinen Bruder. Da er auf das was kam vorbereitet war, hatte er sich besser unter Kontrolle, doch er starrte danach genau so entsetzt auf seinen Arm wie ich. Dann schaute er auf und auf meinen Arm. Las was dort stand. Ich tat das gleiche bei ihnen.
06-02-17
"Willkommen im Kampf Tribute!", erklärte Snake stolz und wir verstanden.
Namen waren ab jetzt uninteressant. Wir waren keine Menschen mehr für sie.
Wir waren nur noch Tribute. Zahlen.
Figuren, in ihrem Spiel.

Sage Snowdrop | Die ersten Hungerspiele Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt