Sage Snowdrop | Kapitel 12

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Im ersten Moment sah ich nichts. Umgeben von Rauch und Schmutz hatte ich komplett die Orientierung verloren. Das einzige was ich wahr nahm waren Schreie hier und dort. Weinende Kinder die verzweifelt nach ihren Eltern schrien oder Menschen die so ihren Schmerzen Ausdruck verliehen. Ich lag auf der Straße und starrte nach oben, auch wenn ich nichts außer grauen Rauch wahr nahm.

Was war passiert? 

Wo war ich?

Verwirrt richtete ich mich ein wenig auf um besser sehen zu können. Viel war es nicht. Nur Menschen, die in schwarzen Ruß gekleidet verwirrt umher irrten.

Doch dann hörte ich etwas vertrautes. Ein kleines Mädchen schrie und weinte vor Schmerzen.

Camillia! Peetas kleine Schwester.

Ohne Rücksicht auf mich oder andere zu nehmen sprang ich auf und lief in die Richtung aus der ihre Stimme kam.

"Camillia!", rief ich immer wieder, bis endlich ihre zarte Stimme antwortete.

"Sage? Sage ich bin hier. Hilf mir!" Ich folgte ihrer Stimme weiter, animierte sie immer wieder zum sprechen, damit ich sie nicht verlor.

Der Rauch brannte in meinen Lungen aber ich versuchte nicht darauf zu achten. 

Endlich sah ich etwas leuchten.

Ich lief darauf zu um prompt von Hitze getroffen zu werden, die mir von der eingestürzten Bäckerei entgegenschlug. Überall war Feuer. Durch den Rauch konnte ich ein oder zwei schwarz verkohlte Gestalten am Boden liegen sehen. Von dem Geruch, von verbrannten Fleisch, wurde mir übel und ich versuchte durch den Mund zu atmen.

Nicht schlapp machen, redete ich mir selber gut zu als ich noch einmal Camilias Namen rief.

Weinend antwortete sie mir, wodurch ich sie endlich ausmachen konnte. 

Sie war im Keller gewesen als die Bombe eingeschlagen hatte. Was ihr im ersten Moment das Leben gerettet hatte, würde jetzt zu einen nur qualvolleren Tod führen.

Eingesperrt streckte sie mir die kleinen Ärmchen durch die Gitter hilfesuchend entgegen. Ihre Tränen brachten mich fast um und so versuchte ich näher heranzugehen. Ich schaffte nur wenige Schritte, bevor eine Hitzewand mich traf. Die Luft in meinen Lungen schien zu brennen und ich sackte auf die Knie. Durch tränende Augen schaute ich wieder zu Camillia.

"Alles gut, Kleines. Ganz ruhig. Wo ist Peeta?", fragte ich und schaute kurz wieder zu den verkohlten Überresten. Bitte lass ihn nicht einen davon sein.

"Er war nicht zuhause. Wollte zu dir.", schniefte seine Schwester leise, als ich auf einmal ein weiteres Rufen vernahm.

Jemand rief unsere beiden Namen.

Peeta, dachte ich. Das war eindeutig Peetas Stimme. Ohne nachzudenken schrie ich deshalb: "Wir sind hier Peeta!"

Es dauerte nicht lange, bis er aus dem Rauch neben mir auftauchte. Er war besser trainiert als ich und durch die Arbeit mehr Hitze gewöhnt. Schnell schaute er sich um. Als er die Leichen sah, entgleisten kurz seine Gesichtszüge, doch dann konzentrierte er sich auf seine Schwester.

"Alles okay Kleines?", fragte er liebevoll in ihre Richtung, während er sich kurz neben mir hinkniete, um mich an sich zu drücken. Ich hielt ihn kurz fest, zeigte ihm das ich da war und es mir gut ging.

"Hohl mich hier raus, bitte. Es wird immer heißer und es tut weh."

"Halt dir was vor den Mund, das du den Rauch nicht so sehr einatmest.", wies er sie an, als er gerade ein Stück von meinem Kleid abriss und es mir ebenfalls vor den Mund hielt. Dann ging er los, ohne auf die Hitze zu achten, immer näher an das brennende Haus, bis er bei seiner Schwester war und niederkniete.

Sage Snowdrop | Die ersten Hungerspiele Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt