Noah POV
"Bis morgen Elijah. Ich muss jetzt los." verabschiedete ich mich von dem Blonden. "Viel Erfolg." wünschte er mir ohne seinen Blick aus dem Buch zu nehmen, welches er schon seid Mittag las. Obwohl der Tag draußen so schön war, bestand er darauf in seinem Zimmer zu lesen. Mir war es nur recht, denn so konnte ich ebenfalls in ein paar seiner Bücher herumblättern. Zugegeben konnte ich nicht wirklich gut lesen, doch das war mehr als jeder andere hier im Dorf.
Ich glaube Elijah konnte von uns allen am besten lesen, was bewundernswert war. Er konnte sich jedes Wissen aneignen oder sogar Briefe verschicken und lesen - wenn wir Brieftauben hätten. Nur selten kommt eine Taube aus der Hauptstadt in unser Dorf. Die letzte war schon mehrere Jahre her, da lebte noch unser Ältester. Naja.. ist wahrscheinlich auch besser so.
Ich rutschte von seinem Bett, zog mir meine Schuhe wieder an und verstaute mein Buch zurück im Regal. Eilig verließ ich sein Zimmer und ging nach unten. "Gehst du schon?" fragte mich seine Mutter etwas überrascht. "Ja, ich muss zur Jagd." lächelte ich entschuldigend. Sie bekommen wohl nicht häufig besuch, was wohl daran lag, dass seid Elijahs Papa tot ist, das Hänseln angefangen hat. Leider ist auch seine Mutter dadurch betroffen, was mir ehrlich gesagt leid tut für sie. Marry war wirklich eine sehr freundliche und gnädige Frau, die um ihren Sohn besorgt ist - jedenfalls habe ich dieses Gefühl bekommen, als sie immer mal wieder hoch kam um nach dem rechten zu sehen oder uns Kleinigkeiten zu Essen brachte. "Ich besuche euch bald wieder." versprach ich ihr mit dem Türgriff in der Hand. "Wir freuen uns. Richte deiner Mutter schöne Grüße aus." bat sie mich noch, was ich bejahte und aus dem warmen Inneren verschwand.
Draußen war es schon deutlich kühler geworden und der bis eben blaue Himmel war verdeckt durch graue Wolken. Es würde diese Nacht bestimmt nochmal schneien. Der Frühling lässt wohl noch etwas auf sich warten.
Noch bevor ich mich mit Derik vor dem Nordtor traf, musste ich noch meine Ausrüstung von Zuhause holen. Meine Eltern waren wohl gerade zur Messe, denn niemand war in der Hütte vorzufinden. Ist wohl auch besser so, sonst würden sie mich wieder mitnehmen wollen. Gerade mein Vater ist ziemlich streng religiös und findet es nicht gut, dass ich jedes mal die Messe sausen lasse. Ich glaube er würde mich verstoßen wenn er von meinen geheimen Fantasien wüsste.
Nachdem ich mir meinen warmen Fellmantel umgeworfen hatte, schulterte ich meinen Köcher und schnappte mir meinen Bogen. Auf mein Jägermesser müsste ich wohl verzichten, da ich dieses im Wald liegen ließ. Shawn wird mich dafür köpfen, wenn er das erfährt. Ich sollte wohl morgen Jeremy in der Schmiede besuchen und nach einem neuen Messer fragen.
Nachdem ich dann soweit fertig war, joggte ich eilig durch unser Dorf zum Treffpunkt. Wie erwartet stand bereits der Schwarzhaarige da und sah mir ungeduldig entgegen. "Komm schon... du weißt doch wie schnell es dunkel wird." hetzte er mich und ließ mich nicht langsamer werden, sondern fing ebenfalls an zu joggen.
Die kalte Luft brachte meine Lungen zum brennen und zerrte an meiner Ausdauer. Wie schaffte es Derik nur, so locker weiter zu joggen? Ich beneidete ihn um seine Kraft.
Keuchend kamen wir endlich zum stehen als wir das Jagdgebiet erreichten. Ich beugte mich vorne über und versuchte zu Atem zu kommen. Gott.. das mach ich nicht noch einmal! Als ich dann endlich wieder genügend Luft bekam richtete ich mich auf. "Wow.." murmelte ich begeistert als ich sah was sich vor uns erstreckte. Zwischen den Bäumen sah man die Sonne gerade untergehen. Ihre orangenen Strahlen durchbrachen an einigen Stellen die dichte Wolkendecke und ließen den unberührten Schnee leicht glitzern. So ein sattes Orange habe ich noch nie gesehen. Es sah so aus, als würde der Himmel brennen.
"Noah.. Rauch!" machte mich Derik leise drauf aufmerksam und ich folgte seinem Blick. Tatsächlich konnte man eine dünne Rauchschwade aufsteigen sehen. Räuber oder Banditen? Dabei wurden wir noch nie überfallen? Es ist wohlbekannt, dass unser Dorf nichts hat und von einem Rudel von Wölfen terrorisiert wird. Kein Bandit traut sich für so wenig Beute durch einen Wölfe-verseuchten Wald. "Komm, wir gehen mal nachsehen." entschloss sich Derik und ich spürte seine Neugierde klar und deutlich. Leise schlichen wir los, denn mögliches Wild sollte dennoch nicht abhauen.
Hintereinander, langsam und leise schlichen wir durch das niedrige Gebüsch und schlängelten uns zwischen Bäumen hindurch. Es war wirklich nicht einfach leise herum zu schleichen, schon gar nicht da es immer dunkler wurde.
Bis wir endlich wussten, woher der Rauch kam, mussten wir noch eine ganze Weile durch das Gebüsch schleichen. Erst als wir am See ankamen, erkannten wir das Lagerfeuer. Wir waren gut geschützt dank der Dunkelheit und der Entfernung, denn die laut lachenden und offensichtlich trinkenden Männer waren genau auf der anderen Seite.
"Ritter?" fragte Derik leise, viel mehr ins Nichts als mich. Ich runzelte verblüfft die Stirn und sah wieder zu dem hellen Licht, welches wohl das Lagerfeuer war. Bei genaueren Hinsehen erkannte ich wirklich das Banner unseres Reiches. Ein goldener Löwe und Einhorn auf violetten Grund. "Was wollen die Ritter hier?" fragte ich leise und sah zum größeren. "Ich weiß es nicht.. aber es ist komisch dass wir keine Taube bekommen haben." flüsterte er zurück und sah mich ebenso ratlos an. "Komm, wir geben den anderen bescheid. Nachher machen wir uns lächerlich, wenn wir nichts über ihre Ankunft wussten. " schlug er vor. "Ja, aber erst gehen wir jagen. Sie werden nicht vor Morgen mittag bei uns ankommen und wenn wir ohne Wild zurückkehren, zieht uns Shawn die Ohren lang." entgegnete ich und holte meinen Bogen hervor. "Du hast recht." gestand er nachgiebig und wendete sich mit mir ab.
Viel konnten wir jedoch nicht legen. Zwei Hasen und ein Fasan erwischten wir noch, ehe es zu dunkel war um zu jagen. Das ist aber immerhin besser als nichts. Mit unserem Fang erreichten wir das Dorf, in dem schon zum Großteil die Ruhe eingekehrt ist. Wir brachten die Tiere zum Metzger und wollten dann Shawn von unserem Fund berichten.
Gesagt getan, kurz darauf standen wir vor seiner Hütte. So wie es roch, als er die Tür öffnete, waren sie wohl gerade am Essen. "Was gibt es Jungs?" fragte er noch kauend und lächelte uns freundlich an. "Wir sahen eine Hand voll Ritter auf der anderen Seite des Sees, wie sie ein Lager aufgeschlagen haben. Weißt du von einer Brieftaube?" berichtete Derik ihm gleich ohne zu Zögern. Shawns Stirn runzelte sich und er sah uns ein wenig überrascht an. "Seid ihr euch da sicher?" - "Ja, wir sahen ihre Banner." versicherte ich ihm bekräftigend nickend. "Von einer Taube wüsste ich nicht.. Hm.. vielleicht kümmern sie sich endlich um die Wölfe. Wird schon nichts schlimmes sein Jungs. Legt euch jetzt hin, morgen früh bringen wir das Dorf auf Vordermann, und da brauchen wir jeden Mann." entschied er lächelnd und klopfte uns beiden einmal auf die Schulter. Wir nickten einmal ergeben, wünschten ihm noch einen schönen Abend und gingen dann auch schon selber nach Hause.
Ich kam pünktlich zum Abendbrot, was meine Mutter freute. Im Winter geht die Sonne immer früher unter, weswegen ich schon immer von der Jagd zurück bin, wenn wir zu Abend essen. Im Sommer würde ich mich jetzt erst fertig machen.
Während den Gesprächen am Tisch, erwähnte ich auch die Ritter. Meine kleine Schwester war wirklich aus dem Häuschen. Sie bewunderte schon immer die edlen Ritter in ihren schönen Rüstungen. Jedes mal hofft sie, sie würden sie mitnehmen in die wundervolle Hauptstadt damit sie eine Prinzessin wurde. Die üblichen Träume einer 7 Jährigen eben. Vielleicht war es aber nicht unmöglich, immerhin war die derzeitige Königin auch nur eine Magd.
Ich würde es ihr wirklich wünschen, auch wenn ich sie schrecklich vermissen würde. Sie war so ein liebes und schlaues Mädchen.
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He is Mine [BoyxBoy]
FantasyRotkäppchen und der große böse Wolf - so steht es in vielen Märchenbüchern. Doch nicht in diesem. Wer sagt, dass der Wolf böse sein muss? Schon lange wird das kleine Dorf, dessen Einwohnerzahl gerade mal an die dreistellige Zahl kratzt, von einem...