Schwarz 10

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Elijah POV

Da mir nichts anderes übrig blieb als zu akzeptieren, musste ich mich wohl mit meiner neuen Reisebegleitung zufrieden geben. Wenigstens schickte er die anderen Wölfe fort und begleitete mich allein. Zwar schienen die anderen nicht sprechen zu wollen, oder zu können, aber ich spürte ihre Unruhe ganz deutlich.

Bei dem großen Wolf war das anders. Er schien gelassen in meiner Nähe und entspannt. Dabei waren Menschen doch die größte Gefahr für Wölfe oder etwa nicht? Obwohl, bei seiner Größe wären selbst drei Jäger ungefährlich.

"Hast du eigentlich einen Namen?" fragte ich ihn aus dem Nichts heraus. Seine Ohren stellten sich auf und er sah mich an. "Warum willst du das auf einmal wissen?" entgegnete er und spazierte weiter neben mir her. "Es nervt mich dich ständig in Gedanken Wolf oder weißer Tod zu nennen." erklärte ich ihm weiter geradeaus schauend. "Hm.. Was denkst du wohl über mich?" säuselte er und sein Körper berührte leicht meine Seite. Musste er gleich näher kommen? "Dann nicht." zuckte ich schnaufend die Schultern und beschleunigte meine Schritte. Nerviger Wolf.

"Luxus. Du kannst mich Luxus nennen." entschied er sich dann wohl doch endlich mir vernünftig zu antworten. "Luxus.. Das Wort kommt mir bekannt vor." gab ich ehrlich zu, doch konnte gerade nicht einordnen wo ich es gelesen habe. "Ja. Es beschreibt etwas, was man nicht unbedingt zum Leben braucht, doch was ein Leben verschönern kann. Teurer Wein oder ein Haus aus Gold zum Beispiel." erklärte er mir, wobei er wieder aufgeholt hatte. Ich war tatsächlich etwas erstaunt, dass er das wusste. Ich hätte nicht gedacht, dass Wölfe so schlau sein können.

"Aha.. " kam es verstehend von mir. Er soll also ein Leben verschönern? Wohl eher das Gegenteil. "Aber das ist nicht die Bedeutung meines Namens." setzte er nach und weckte damit wieder meine Neugierde. Ich hoffe er kommt von sich aus mit der Erläuterung, denn nachfragen wollte ich eigentlich nicht. Nachher denkt er noch, ich würde mich für ihn interessieren. "Er kommt aus einer alten, längst vergessenen Sprache und ist eine Verbindung zwischen zwei Wörtern. Lux, was so viel wie Tag oder Licht bedeutet und Lupus, übersetzt mit Wolf. " offenbarte er mir auch gleich. Verstehend nickte ich. Das macht deutlich mehr Sinn. "Wegen deinem weißen Fell?" nahm ich einfach mal an. Irgendwie war es nicht so schlimm wie ich befürchtete, mich mit ihm zu unterhalten. Er schien ja doch ein wenig Grips zu haben.

"Ja wahrscheinlich. Sehr verwunderlich, da mein Vater dunkles Haar besaß." meinte Luxus und irgendwie klang er wieder so unbekümmert. "Du bist ja auch ein Albino." teilte ich ihm anscheinend das mit, was er noch nicht wusste. Wieder richtete sich sein neugieriger Blick auf mich. "Sag bloß, das wusstest du ni- ach was rede ich da? Du bist ein Wolf, natürlich konntest du das nicht wissen." unterbrach ich mich selber im Satz und nahm meinen Nasenrücken zwischen Daumen und Zeigefinger. Wie konnte ich nur annehmen, ein Tier könnte sowas wissen. Na gut, er wusste über seinen Namen bescheid, aber das konnte er auch mal erfragt haben.

"Tue nicht so als wäre ich dumm." mit diesem Worte machte er einen Satz und stellte sich vor mich. Seine Ohren waren angelegt und seine Augen leicht verengt. Oh.. war das ein empfindlicher Nerv? "Ich tue nicht so.. du bist ein Wolf." Ich hoffe das sagt schon alles. "Ein Wolf... als solchen siehst du mich also?" seine dunkle Stimme wurde bedrohlicher und er stieß mich mit seiner Nase gegen die Brust. Ich stolperte zurück und schnaufte ihn verärgert an. Was für eine Frage. "Als was sonst? Als Pferd?" brummte ich sarkastisch. "Du bist dümmer als erwartet." mit diesen Worten stieß er mich wieder zurück. Gerade so hielt ich mein Gleichgewicht, doch nur so lange, bis er mich ein weiteres mal anstupste. Ich trat auf meinen Umhang, zog mich damit runter und verlor endgültig mein Gleichgewicht. Wieder einmal landete ich im Schnee.

Ich funkelte ihn wütend an und wollte bereits wieder aufstehen, da drückte er mich mit Leichtigkeit mit seiner rechten Pfote wieder nieder. Ich fiel zurück in den Schnee und konnte mich nicht wehren, als der Wolf sich über mich stellte. Tatsächlich kam dann doch etwas angst in mir auf. Von hier unten sah er deutlich bedrohlicher aus.

Ich schluckte hart als er seinen Kopf zu mir senkte. Seine Lefzen waren leicht angezogen, wodurch ich einen guten Blick auf seine Zähne werfen konnte, und wie lang diese waren. Fingerlang könnte passen.

Irgendwie hatte es mir die Sprache verschlagen, dass er sich doch jetzt so gefährlich verhielt. Mein Herz hämmerte stark gegen meine Rippen und drohte gleich aus meiner Brust zu brechen. Meine Muskeln fühlten sich Taub an und mein Hirn glich gerade dem von Karlos - leer und nutzlos.

"Ich habe doch mal 'Wandler' erwähnt, nicht? .. Ich glaube es wird an der Zeit, dir zu zeigen, was das ist." beschloss er, wobei sein Maul meinem Ohr näher kam. Ich spürte seinen warmen Atem in meinem inneren Ohr und erschauderte leicht. Ich sah nur noch sein weißes Fell und ein Teil des Himmels. Was er wohl mit mir machen will?

Mein Blick und mein Körper blieben starr, auch wenn ich die plötzliche Veränderung mitbekam, konnte ich meinen Blick nicht auf das Geschehen richten, welches sich direkt über mir abspielte. Aus Fell wurde Haut, und der riesige Wolf wurde etwas kleiner.

"Verstehst du nun Elijah, warum du mit mir reden kannst?" es war nicht die gleiche Stimme die in meinem Kopf erklang. Sie schien nun von außen in meine Ohren zu dringen. Luxus hob seinen Kopf wieder und ließ mich einen Blick auf sein Gesicht werfen - auf sein menschliches Gesicht. "Du bist ein Mensch.." hauchte ich fast tonlos. Ich verstand nicht ganz, was gerade geschehen war. Er war doch bis vor wenigen Sekunden noch ein Wolf! Und nun.. diese Nase, diese Lippen...Vor allem aber, diese Rabenschwarzen Haare auf seinem Kopf. Es war die dunkelste Farbe die ich bisher gesehen habe, und sie schienen genauso weich wie sein Fell - was auch weg war. Allein was noch an seine tierische Gestallt erinnerte, waren diese dunklen, roten Augen, die mich wieder ansahen. Ich hob meine Hand um ihn zu berühren. Ich spürte die warme Haut seines Oberkörpers. "Kein Mensch.. " widersprach er mit einem kleinen Grinsen auf seinen Lippen. "Ein Wandler." setze er nach und stand im Bruchteil einer Sekunde wieder als Wolf mir gegenüber.

Luxus ging von mir runter und erlaubte mir damit aufzustehen. Bin ich verrückt geworden? Habe ich mir das eingebildet? Ungläubig sah ich auf meine Hand, die gerade noch auf seiner Brust lag. Ich könnte schwören, dass es wirklich menschliche Haut war die ich fühlte. "Schau nicht so wie ein verstörtes Reh.. das eben war meine menschliche Gestalt. Du hast dich nicht verguckt." drang seine Stimme wieder in meinen Kopf ein. Ich sah zu ihm auf und hatte wieder einen gigantischen Kloß im Hals. Wie sollte ich darauf reagieren. Er war ein Hexenmeister! Das ist viel Schlimmer als ein Wolf.

"Wir müssen weiter." teilte er mir mit, während sein Kopf sich nach rechts drehte. Seine Ohren zuckten unruhig hin und her. "Sie sind nah. Ich vernehme ihre Pferde.." murmelte er und seine Blicke richteten sich auf mich, die lebende Statue. Ich realisierte nicht was er mir sagte und beobachtete ihn nur. Er legte sich vor mich nieder, und ich verstand nicht warum. Seine Stimme hörte sich unklar an, auch wenn ich mir mühe gab sie zu verstehen.

Irgendwie schien es, wie als wäre ich unterwasser. Ich sah ihn nicht ganz verstehend an und runzelte gleich die Stirn. Er soll lauter sprechen und vor allem deutlicher.

Ein zischen holte mich in die Wirklichkeit zurück. Ich spürte einen Windzug an meinem Ohr. Erschrocken blickte ich neben mir an den Baum, in dem ein Pfeil steckte. Verdammt! Mein Kopf flog zur anderen Seite und ich sah drei berittene Ritter auf ihren Pferden auf uns zu stürmen. "STEIG AUF ELIJAH!" brüllte nun auch die Stimme von Luxus ganz klar in meinem Kopf. Ohne groß zu zögern, kam ich dem nach und stieg auf seinen Rücken. Etwas unbeholfen hielt ich mich an seinem weichen Fell fest. Der Wolf stand auf und fing an zu rennen. Ich war noch nie auf einem Pferd gesessen, doch wenn es sich genauso anfühlt wie auf einem Wolf zu reiten, dann möchte ich es gerne mal ausprobieren.

Seine Bewegungen fühlten sich wie sanfte Wellen an, denen ich mich wunderbar mit meinen Körper anpassen konnte. Meine Beine drückten sich für weiteren halt dicht an seine Seiten. Ich spürte seine Muskeln arbeiten, hörte seinen festen Atem und die Ritter hinter uns. War er wirklich schneller als ein Pferd? Ich hoffte es. Würden sie uns kriegen, würden sie bestimmt auch ihn töten wollen.

He is Mine [BoyxBoy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt