Kapitel 22

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Aufgewühlt zünde ich meine Zigarette an und tippe auf meinem Handy herum. "Arthur!" brülle ich ins Handy. Verschlafen antwortet er mir: "Was ist los Camille?", "Komm zur High School. Jetzt." Sofort lege ich auf, denn ich habe keine Lust auf eine Diskussion, wieso er denn unbedingt her kommen muss.
Es dauert nicht lange, da steht sein Mercedes auch schon vor mir. "Warum sollte ich jetzt her kommen?" fragt er mich, während er aussteigt. Aufgebracht fange ich an zu erzählen, nebenbei laufen die Tränen. "Komm her." sagt er letztendlich und nimmt mich in den Arm. "Schätze, du wirst jetzt unsere Eltern kennen lernen müssen."

Die Fahrt verlief wortlos und ohne jeglichen Kontakt. "Sehe ich sehr schlimm aus?" frage ich Arthur, bevor wir aussteigen. "Du kannst gar nicht schlimm aussehen." Er zwinkert und versucht meine Träne weg zu wischen, doch sofort zucke ich zurück. "Du hattest deine Chance", sage ich und steige aus dem Auto. "Dad!" ruft Arthur laut und läuft durch das komplette Haus. "Garten." Erklärt er stumm. Ich folge ihm und werde nervös.
"Du lässt dich also doch mal hier blicken." Eine ältere Dame, Mitte 50, kommt auf uns zu gelaufen. In ihrem Gesicht, deutliche Spuren des Alterns erkennbar. Doch ihre Haare hingegen kaum ergraut. Mit einem deutlichen aber schwachen Lächeln kommt sie auf uns zu.
"Guten Tag, Sohnemann." Sohnemann, schon merkwürdig dieses Wort aus ihrem Mund zu hören, wenn man bedenkt, dass Conner ihr eigentlicher Sohn ist. "Hallo Mutter." Beide schließen ihre Begrüßung mit einer herzlichen Umarmung ab. "Und du ...", Arthur unterbricht sie und nennt meinen Namen. Ihre Augen werden groß und sie wirkt sichtlich betrübt. " Hallo meine Liebe." Sie küsst mich auf die Wangen und dreht sich dann sofort zu Arthur hin. "Ich zähle jetzt mal eins, zwei und drei zusammen und lehne mich mal weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass dieser Besuch nur statt findet, weil Conner in Schwierigkeiten steckt?" Arthur nickt. "Nur dieses Mal, leider sehr viel härter als jemals zu vor." Er wird unterbrochen, indem ein Name gerufen wird. "George! Komm runter, sofort!" 
Kurze Zeit später erscheint ein etwas älterer Mann, mitte 50, sehr modern angezogen und mit einer Ausstrahlung, die sehr sympathisch wirkt. "Was hat der Bastard jetzt wieder verbrochen?" fragt er scherzhaft, jedoch ist ein ernster Unterton stark raus hörbar. "Dad, schön dass du auch mal da bist." Arthur geht grinsend auf ihn zu. George klopft ihm auf die Schulter und wendet sich dann mir zu. "Guten Tag, Camille." Verwundert darüber, dass er meinen Namen kennt, blicke ich ihn an. "Freut mich sie kennen zu lernen." Er nickt leicht und wendet sich dann sofort Arthur zu. "Was hat Conner wieder angestellt?" , "Drogenhandel, jedenfalls wird er dafür beschuldigt. Ob es stimmt, keine Ahnung. Er soll wohl mehrere Jahre in Haft gehen und eine sehr hohe Geldstrafe." , "Ich dachte ich hätte ihn zu einem Mann gemacht, doch sieh dir deinen Sohn an, Claudia. Eine Enttäuschung." Ich kneife automatisch mit meinen Fingernägeln in meine Handinnenfläche. Wie kann er so über Conner reden? "George. Er ist noch immer mein Sohn." Ein scharfer Unterton ist erkennbar. George, oder wie ich ihn jetzt nennen werde: VaterDesJahrtausends, schüttelt entnervt den Kopf. "Eine Schande. Ich werde ihn erst einmal in Knast gehen lassen, dann sehen wir weiter. Ich möchte, dass er genug Zeit hat darüber nachzudenken." Ohne wirklich einen klaren Gedanken zu fassen, oder auch nur über mein gleich folgendes Handeln zu bedenken, stehe ich auf und erhebe meine Stimme. "Wie können Sie es wagen so über Conner zu reden! Er ist noch immer der Sohn dieser Frau, mit welcher Sie ihr Leben teilen! Und Sie trauen es sich so über ihn zu reden, während sie dabei sitzt? Haben Sie gar keinen Respekt?! Schön, dass Arthur Ihr Liebling ist, jedoch gibt es Menschen, die ihn lieben. Es gibt nicht viele davon, aber es gibt mich! Und ich werde alles dafür geben, dass er dort raus kommt! Ich liebe Conner und dafür schäme ich mich nicht, nicht so wie Sie. Für mich gibt es keinen Grund ihn nicht lieben zu können oder mich für ihn zu schämen!  Conner ist auf seine Art und Perfekt und das können selbst Sie nicht kaputt machen. Hätte Conner einfach mal eine richtige Familie gehabt, dann hätte er niemals so kalt werden müssen, geschweige denn, wie Sie sagen würden: eine Schande sein. Es ist mir egal, was für einen Einfluss Sie auf alles hier haben was in der Stadt passiert, aber ich kann Ihnen eines sagen: Machen Sie mein Leben kaputt, dass ist mir egal. Ich hatte eh nie ein schönes Leben, also macht das kein Unterschied mehr! ABER zerstören Sie nicht das Leben von Conner! Ich weis genau, dass Sie wissen wer ich bin, dass habe ich direkt am Anfang gemerkt. Von mir aus halte ich mich fern von ihrem Sohn, aber holen Sie ihn aus dem verfickten Gefängnis!" Mittendrin versucht mich Arthur zu unterbrechen, doch vergebens, dadurch rede ich mich nur noch mehr in Fahrt.  Conners Mutter sieht mich verdutzt und bewundernd an. Und George? Der sitzt unbeeindruckt vor mir, jedoch ist deutlich erkennbar, wie seine Ader unter dem Auge zuckt. "Ach und noch was, hätte ich diese Familie, dann hätte ich mir schon längst was angetan! Ich habe genug gehört und erlebt. Doch dass ist eine einzige Zumutung! Sie, Claudia, ziehen Arthur vor Ihr eigen Fleisch und Blut? Nichts gegen Arthur, er ist toll, doch denken Sie mal darüber nach, was es für Conner ist. Ihrem Mutter sein in allen Ehren, doch bedenken Sie es mal wie es ist, keine richtige Familie zu haben." Dies waren meine letzten Worte. Ich schnappe meine Jacke, welche über den Stuhl gehängt ist und verschwinde. Was ich hinterlassen habe: Eine komplett perplexte Familie und einen sprachlosen Arthur.
Doch ich habe ein Problem, durch all das, habe ich meine alten Wunden wieder aufgerissen. Ich fahre mit meinen Fingernägeln über meine Haut, welche geprägt von unzähligen Narben ist, und kratze alte Wunden auf. Das einzig Gute in meinem Leben wurde mir genommen und ich habe keinen blassen Dunst wie ich es anstellen soll, ihn aus dem Knast zu bekommen. Obwohl doch, ich werde all die Schuld auf mich nehmen. Ein richtiges Leben habe ich so oder so nicht, wenn ich geschlagen und erniedrigt werde, dann sei es so, aber wenigstens weiß ich dann, dass ich jemanden helfe, der es braucht.

FUCK OFF - Promise, Lies, LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt