Zehn

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Vorsichtig öffnete Nola die Augen. Grelles Sonnenlicht blendete sie und das Brummen ihres Schädels machte sie schwindlig.

Langsam wurde ihre Umgebung klarer und sie erkannte einen großen Saal, der jedoch schon halb zerfallen aussah. Verwaschene Fresken zierten die rissige Decke und in der Mitte stand ein Podest mit drei verstaubten Samtstühlen.

Auf dem mittleren saß ein Mann in etwa Milankas Alter. Er hatte goldblondes Haar und strahlend grüne Augen, die Nola allerdings kalt musterten. Er war muskulös und wirkte trainiert, als hätte er tagtäglich eine Hantel, oder schlimmer, eine Waffe in der Hand.

Seine Kleidung war ebenfalls goldenen und auf seinem Wams prankte ein Wappen mit einer Sonne.

"Du bist also das Mädchen aus dem anderen Land.", stellte er mit einer sehr tiefen Stimme fest.

Er war sicher mal ein sehr attraktiver junger Mann gewesen, aber jetzt machte er einfach nur noch einen wütenden, kühlen Eindruck.

Nola sah zur Seite, wo einige Soldaten Will festhielten. Er sah verzweifelt zu ihr, als würde er sich Sorgen machen. Dieser König wirkte auch nicht gerade freundlich.

"Was wollen Sie von uns?", fragte sie heiser.

Falls das überhaupt noch möglich war, verdunkelte sich sein Gesichtsausdruck weiter.

"Die Ewigen Wälder gehören mir. Eigentlich sollte das ganze Anderland mein sein. Ihr wart auf meinem Gebiet und das muss bestraft werden!", grollte er und Nola bekam eine Gänsehaut.

Er würde sie doch nicht...

"Sie können uns nicht umbringen, weil wir auf einem Gebiet waren, das Sie für das Ihre halten. Milanka ist die Königin des Anderlands!"

Nola konnte ihren Mund nicht halten und sie wollte auch nicht. Lieber als ehrlicher Mensch sterben als ein Angsthase.

Mit schnellen Schritten ging er auf sie zu und packte sie am Kinn. Sie spürte, wie ihr durch Angst schlecht wurde.

"Warum glaubt jemand wie du zu wissen, wer der wahre Herrscher des Anderlands ist?"

"Weil ich sehe, wie Ihr die Leute behandelt und wie Milanka es tut."

Sie widerstand dem Drang, ihm ins Gesicht zu spucken und sah ihm stattdessen stur in die Augen.

"Du hälst wohl viel auf Milanka, hm?"

Er starrte sie herausfordernd an. Als sie nicht antwortete, grinste er.

"Du bist nur ein weiteres Kind, das fasziniert von der großzügigen Königin ist. Das eine große Schwester oder eine Mutter in ihr sieht. Wollen wir herausfinden, wie viel ihr ihre werten Gäste bedeuten?"

Er drehte sich um und pfiff zweimal. Ein Falke mit blau schimmerndem Gefieder stieß sich von einem Kronleuchter an der hohen Decke ab und landete auf seinem ausgestreckten Unterarm.

"Ja, Sire?", fragte er in tiefem Ton.

"Sag Milanka, dass wir den stillen Uhrmacher und ihren kleinen Gast haben. Sie soll herkommen. Persönlich."

Er senkte den Blick und zischte wie ein Blitz über ihren Köpfen hinweg.

Nola riss sich zusammen und schwieg, bis er ungefähr eine Viertelstunde später wieder in den Thronsaal flog. Wie hatte er die Strecke so schnell geschafft?

"Milanka ist unterwegs.", erklärte er und ließ sich wieder auf dem Kronleuchter nieder.

"Gut gemacht, Peret."

Warden machte ein Handzeichen und die Soldaten zerrten Nola und Will aus dem Saal.

"Das kann noch eine Weile dauern, solange will ich euch nicht hier haben."

Sie brachten die beiden einige Treppen hinunter und stießen sie in einen kalten Raum, der vermutlich mal eine Art Lager gewesen war.

Nola kam wurde unsanft auf einen Stapel alter Holzkisten geworfen, die unter ihrem Gewicht zerbrachen. Will schubsten sie in die andere Ecke, eher sie die Tür hinter sich verschlossen.

Er rappelte sich auf und half Nola hoch, die sich über ihr schmerzendes Bein rieb. "Alles gut, nichts passiert.", versicherte sie ihm, als sie seinen besorgten Blick bemerkte. 

Aus einem Riss an der Decke tropfte es und es hatte sich bereits eine schmale Pfütze gebildet. Plötzlich schwang das Wasser von selbst nach oben und langsam bildeten sich Umrisse. Die Katze schaute die beiden Sekunden darauf an und kicherte. 

"Haben Warden und seine Männer euch erwischt?", fragte sie amüsiert. 

"Wonach sieht's denn aus?", fauchte Nola. 

Dieses Vieh ging ihr langsam auf die Nerven. 

"Aber, aber Mädchen... Also braucht ihr meine Hilfe nicht?" 

Will stellte sich vor sie, eher sie wieder etwas erwidern konnte und beugte sich zu der Katze hinunter. Er nickte lächelnd.

Die Katze verschwand wieder durch die Pfütze. 

"Hoffentlich kann er uns wirklich helfen.", murmelte Nola und lehnte sich seufzend gegen die Wand.

Nola im Anderland (Storyadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt