Zweiundzwanzig

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Einer der Soldaten hatte sich von hinten angeschlichen. Entgegen Nolas Hoffnung unternahm Warden nichts dagegen. Er machte sich von Milanka los und stützte sich schwindelnd am Brunnenrand ab.

"Sie wurden wirklich verflucht.", sagte Nola ungewollt laut.

Warden fuhr herum und blickte sie warnend an. Sie ließ nicht einschüchtern. Nicht mehr.

"Sie haben Milanka geliebt. Und jetzt wollen Sie zusehen, wie ihr jemand ein Schwert an die Kehle legt? Sie wollen das Land und dessen Einwohner, die Milanka ebenfalls lieben, zu einer Hölle auf Erden verdammen, weil Sie nicht von Anfang an ihr König sein konnten?"

"Davon verstehst du nichts, du Göre!"

Er packte Nola an ihrem Mantel. Will wollte seinen Dolch ziehen, aber ein zweiter Soldat hielt ihn von hinten fest. Nola fühlte sich seltsam gelassen. Ein Donnern war zu hören und kurz darauf begann es zu regnen. Kühle Tropfen bedeckten ihre Haut und ließen sie auf einmal eine unglaublich Ruhe spüren. Sie sah etwas Blaues in der Ecke aufblitzen. Das Fell der kichernden Katze?

Sie hielt Wardens Blick stand.

"Sei ehrlich Warden.", sagte sie so leise, dass nur er sie hören konnte. "Empfinden Sie für dieses Land, für Milanka, für alles um sie herum nur Hass und Eifersucht?"

Er sah zu Milanka, die einen beinahe flehenden Ausdruck auf den Augen hatte. Nola wusste, dass es ihr dabei weder um ihr Leben noch um ihre Macht ging.

"Es tut mir leid, Milanka. Alles."

Erneut rannte der Königin eine Träne hinunter, doch diesmal lächelte sie dabei. Sie öffnete den Mund, doch der Soldat, der sie bedrohte, kam ihr zuvor.

"Verdammte..."

Bevor er sich rühren konnte, zerfiel sein Schwert zu Wasser und er erstarrte. Der Regen wurde stärker. Milanka befreite sich aus dem Griff des Mannes, der nun mehr einer Statue glich.

Langsam ging sie auf Warden zu und blickte ihm vollkommen anders als vor wenigen Minuten an. Auch seine Mimik hatte sich verändert. Er zog die schmale goldene Krone, die bis zu diesem Augenblick seinen Kopf geziert hatte, hinunter und warf sie achtlos ins feuchte Gras. Der schwarze Ring um das Grün seiner Augen war nun ganz verschwunden. 

"Du hast gesagt, du könntest mir nie vergeben.", sagte er mit einer Ruhe, die selbst Nola überraschte. "Aber kannst du je aufhören, mich zu hassen?"

"Du weißt, ich bin an einen Schwur der Wahrheit gebunden.", begann Milanka. "Ich habe dich nie gehasst, Warden. Ich konnte es einfach nicht, ich..."
 

Sie sah unsicher zu Nola, die ihr aufmunternd zunickte. Milanka rang sich ein Lächeln ab und umfasste sein Gesicht mit beiden Hände, bevor ihre Lippen kurz und sanft über seine strichen. 

Seine Hände legten sich zögernd und unsicher, beinahe fragend, auf ihre Taille und zogen sie näher zu ihm.

"Verräter! Du hast uns Macht versprochen und jetzt verfällst du ihrem Zauber!?", schrie der Soldat, der Will festhielt und ging mit seinem Schwert auf sie beide los.

Warden hatte glücklicherweise ebenfalls eines um die Hüfte geschnürt und so begannen sie zu kämpfen. Noch während Milanka rief, dass sie aufhören sollten, da Blutvergießen keine Lösung sei, schien die Zeit plötzlich immer langsam zu vergehen, bis die Bewegungen der Kämpfenden stoppten, Milankas Stimme versagte und die Regentropfen reglos in der Luft hingen.

Eine blau leuchtende Gestalt erhob sich aus dem Brunnenwasser. Die Göttin der Quelle.

Nola im Anderland (Storyadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt