Sechzehn

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Chilon und Milanka hatten sich schon vor Stunden in einer Art Arbeitszimmer zurückgezogen, um über das weitere Vorgehen zu sprechen. Nola war ein wenig wütend darüber, dass sie sie nicht um ihre Meinung fragten, da sie ja schließlich diejenige war, die alles in Ordnung bringen sollte.

Stattdessen saß sie gemeinsam mit Will und Corvinus in einem wunderschönen Wintergarten und schüttete irgendeinen seltsamen Tee in sich rein. Sie tippte ungeduldig mit dem Fuß auf und ab und konnte sich gerade so auf dem Stuhl halten, anstatt auf und ab zu tigern. 

"Ich hatte dich gewarnt, Nola.", sagte Corvinus irgendwann. 

Nola wollte eigentlich auch auf ihn wütend sein, aber sie spürte nur noch die Müdigkeit, die sie langsam einholte.

"Woher wusstest du überhaupt, was die Göttin der Quelle zu mir sagen wird?"

Der Rabe blinzelte einmal und plötzlich leuchteten seine schwarzen Augen in einem hellen Blau, das genauso so schnell wieder verschwand, wie es gekommen war.

"Verstehe.", murmelte sie und sank müde auf ihrem Stuhl zusammen. "Es ist also vorherbestimmt und dann komme ich und bringe alles zum Einsturz."

Will legte ihr eine Hand auf den Arm und schüttelte heftig den Kopf. Er holte etwas aus seiner Arbeitstasche und reichte es ihr. Es war eine kleine Spieluhr.

"Für mich?", fragte sie überrascht und lächelte, als er schmunzelnd nickte. 

Vorsichtig hob sie den von kleinen Blumenmustern verzierten Deckel. Eine winzige, fein geschnitzte Figur, eine Frau in einem weitem dunkelblauen Kleid, kam zum Vorschein. Und dann erklang eine sanfte und doch einnehmende Melodie, die Nola sofort in ihren Bann zog. 

Nola betrachtete die Figur genauer. Lange, schwarze Haare flossen über ihren Rücken und zwei schwarze Augen funkelten ihr entgegen. Milanka hatte blaue Augen, also...

"Soll... Bin das ich?", flüsterte sie gerührt und sah zu dem stillen Uhrmacher.

Dieser nickte erneut. Sie umarmte ihn fest. "Danke! Es ist wirklich wundervoll!" Er erwiderte die Umarmung und einen Moment lang spürte Nola nur die Geborgenheit eines Freundes, anstatt all der Sorge, die sich in den letzten beiden Tagen in ihr breitgemacht hatte.

Als sie sich wieder voneinander lösten, zog er sie auf die Beine, nahm ihre Hände und streckte ihre Arme so aus, dass sie dieselbe Position wie die kleine Figur einnahm. Stolz und Mächtig.

Dann legte er seine Hände auf ihre Schultern und lächelte sie aufmunternd an.

Corvinus gab etwas von sich, das einem Schnauben ähnlich war, als die Tür aufging und Milanka und Chilon hereinkamen.

"Wir haben lange über die bestmögliche Lösung nachgedacht, ohne dass jemand zu Schaden kommt.", begann Milanka. "Und wenn es die Göttin des Quelle so vorhersagt, dann liegt es wirklich an dir Nola. Du hast gesagt, du möchtest uns helfen und dafür können wir dir nicht genug danken. Wir werden an einem Tag zu zweit zu Warden reiten. Ich kann dich zur Not auch allein beschützen, aber für meine gesamte Garde kann ich nicht garantieren. Darum gehen wir nur zu zweit. Lass dir so viel Zeit, wie du brauchst. Wir brechen dann auf, wenn du dich bereit fühlst."

Milankas Unterlippe begann zu zittern, als würde sie diese Worte nur unter Panik aussprechen können. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und verließ den Wintergarten wieder. Chilon sah ihr mit besorgtem Blick hinterher.

Nola konnte nur an eine Sache denken. Wenn du dich bereit fühlst...

Würde das jemals der Fall sein?

Nola im Anderland (Storyadaption)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt