Als Nola zum ersten Mal einen Fuß ins Wasser setzte, war es ganz kalt. Fröstelnd zog sie ihn wieder zurück, aber als sie Milankas und Chilons aufmunternde Blicke sah, konnte sie sie einfach nicht enttäuschen.
Seufzend trat sie immer wieder einen Schritt nach vorne, ignorierte die Kälte, bis sie bis an die Hüften im Wasser stand. Plötzlich fror sie nicht mehr und eine unsichtbare Hand schien nach der ihren zu greifen.
Kurz schrie sie auf, aber dann nahm ein eigenartiges Gefühl ihre Angst und sie ließ sich von der Hand immer weiter ins Wasser ziehen, bis sie die Luft einsog und untertauchte. Die Augen zugekniffen wartete sie mit angehaltenem Atem.
Zwei sehr weiche Hände legten sich auf ihre Wangen und sie wagte es, die Augen zu öffnen. Nicht wie sonst im Wasser sah sie verschwommen, sondern glasklar.
Eine wunderschöne Frau in einem weißen Kleid schwebte vor ihr im Wasser. Obwohl sie sie anstarrte, fürchtete Nola sich nicht.
Da war eine seltsame Vertrautheit, eine Sicherheit, die von ihr ausging.
"Hallo, Nola."
Ihre Stimme war wie ein Flüstern in ihrem Kopf.
"Ich freue mich, dass du mich besuchst. Wie kann ich dir helfen, mein Kind?"
Nola hatte lange nachgedacht, was sie ihr wohl sagen oder sie fragen sollte, aber auf einmal schalteten sich alle ihre Gedanken aus und sie fühlte nur noch.
"Ich habe Angst.", gab sie zu. "Ich will dem Anderland helfen. Hier fühle ich mich zu Hause. Aber ich weiß nicht wie."
"Ich verstehe, mein Kind. Dein Problem ist nicht ganz einfach."
"Also ... können Sie mir nicht helfen?"
"Helfen, das bleibt dir überlassen, Nola. Ich kann dir lediglich die Lösung deines Problems nennen, aber wie diese Geschichte ausgeht, liegt in deinen Händen."
"Und was ist die Lösung?"
"Das Herz, mein Kind. Auch Warden besitzt eins, so wie jeder von uns. Aber es ist verschlossen, obwohl es jemanden gibt, der schon vor Jahren darin einen festen Platz gefunden hat. Diese Person kann den alten Fluch nicht lösen, denn ihr eigenes Herz wird zu sehr von Trauer zerfressen. Deins hingegen ist voll Zuversicht und Reinheit. Obwohl du zwischen den Welten stehst, mein Kind. Genau wie er in gewisser Weise. Darum wirst nur du ihn auf einen guten Weg führen können. Und vergiss bitte nicht: Worte wirken mehr als Blut."
Sie verschwamm langsam mit dem Wasser, bis sie nicht mehr zu sehen war. Der Bann brach und Nola musste auftauchen.
Am Ufer sahen ihr alle erwartungsvoll entgegen. Als sie aus dem Wasser stieg, war sie komischerweise nicht nass, sondern trocken, als hätte sie den See nie betreten.
"Was hat sie gesagt?", fragte Lawewe ungeduldig.
"Sie ... ähm ... sie sagte, dass ich Warden überzeugen soll, aufzugeben."
Einen Moment lang herrschte eine erdrückende Stille, eher ihr jemand einen Soldatenmantel um die Schultern legte.
"Das hast du gut gemacht, Nola. Keine Sorge, das bekommen wir schon hin.", sagte Chilon aufheiternd und schob sie sanft zu Maola zurück.
Auf dem Rückweg spürte Nola eine seltsame Ruhe in sich, obwohl sie wusste, dass der Kampf mit Warden nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.
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Nola im Anderland (Storyadaption)
FantasyNola fühlt sich in der normalen Welt überhaupt nicht wohl. Wegen ihrer eigensinnigen Art ist sie eine Außenseiterin. Eines Nachts taucht mitten in ihrem Zimmer ein Rabe mit einem Zylinder auf und führt sie quer durch London, bis zu einer Brücke. Die...