Wer ist Nathan Northwood?
Diese Frage hielt sich während den nächsten Wochen hartnäckig in Bonnies Gedanken, obwohl sich ihr durchaus genügend Ablenkungen in Maplehill boten. Die Rückkehr von Mr. Northwood hatte eine wahre Welle an Einladungen nach Primrose Cottage gebracht. Jedermann wollte ihn bei sich haben; sei es, um den neuesten Tratsch und Klatsch aus London zu hören oder sich einfach über seine Rückkehr zu freuen und die Geschäfte zu besprechen. Bei ersteren Einladungen war die Nichte stehts inkludiert und Mr. Northwood mehr als glücklich sie überallhin mitzunehmen. Wenn Bonnie vor seiner Rückkehr gedacht hatte, dass sie vermutlich alle Einwohner Maplehills kennen würde, dann war sie sich mittlerweile sicher es zu tun.
Als die anfängliche Aufmerksamkeit ein wenig abzuebben begann und Primrose Cottage nicht mehr von Bekannten und ihren Briefen belagert wurde, lud Mr. Northwood schließlich die Nachbarn zu einem familiären Abendessen ein, bei dem man auch die Roberts erwarten durfte. Wenn dies anfangs auch mit leichtem Widerwillen geschah, so wurde Bridgit es nicht müde mit glänzenden Augen anzumerken, wie tapfer Nathan sich nicht schlug. So viele Gäste in so kurzer Zeit hatte Primrose Cottage seit Jahren nicht gesehen und die Haushälterin konnte es sich nur mit dem Zusammenfallen zweier so, zumindest für eine winzige Stadt wie Maplehill, bedeutender Ereignisse erklären: Bonnie Readings Ankunft und Mr. Northwoods Rückkehr.
Bonnie selbst hielt von der ganzen Aufregung nicht viel, denn sie verstand sie nicht; was womöglich daran lag, dass in London ein viel größeres Kommen und Gehen herrschte als in Maplehill und Inlandsreisen sie nicht weiter beeindruckten.
Trotzdem versuchte sie ihrem Ruf zuliebe nicht allzu gelangweilt auszusehen, während sie sich in Gegenwart der älteren Damen in ihrer Teetasse versteckte oder mit den kleineren Kindern in den Garten verdrückte, wenn Familien ihnen aufwarteten. Zumindest gab es dort keine Fragen nach London, denn mittlerweile hatte sie das Gefühl sich nur noch zu wiederholen.
Die einzige Erleichterung war, dass Marissa Stafford sich während all des Rummels geduldig im Hintergrund gehalten hatte; eine willkommene Überraschung für Bonnie, der die Trennung half sich wieder auf ihr nächstes Treffen zu freuen. Sie vermutete den Grund der Veränderung bei Mr. Northwood, der mit der Nachbarstochter ab und an einen strengen Tonfall an den Tag legen konnte und sich nicht davor scheute, Einladungen von Stafford Hall abzulehnen.An diesem frischen Herbstabend erwartete man die Ankunft der Staffords und Roberts jedoch mit Vorfreude; Bonnie hatte fürs Erste genügend Abstand von Marissa gewonnen, um sich ihre Gegenwart wieder zu wünschen und Mr. Northwood konnte es kaum erwarten seine guten Freunde wiederzusehen, nun, da er mit all den mehr oder weniger freiwillig Bekannten durch war. Daher wunderte es Bonnie auch nicht, dass er ausnahmsweise einmal pünktlich und ordentlich hergerichtet in der Bibliothek saß, als sie kurz vor sieben die Treppe hinunter stieg. Die freudige Erwartung, in der ihr Gastgeber den gesamten Tag verbracht hatte, musste auf sie abgefärbt haben, denn obwohl sie alle heute Anwesenden kennen würde, verspürte sie ein leichtes Kribbeln in ihrer Magengegend. Abgesehen davon, dass sie Gelegenheit haben würde sich mit Marissa über die Besucher in Primrose Cottage zu beraten, würde auch Henry Stafford anwesend sein und, so wenig sie sich über diese Erkenntnis auch freute, so hatte sie ihn doch etwas vermisst in den letzten Wochen. Die Anwesenheit des Bruders war ihr immer wie ein unbestellter Bonus vorgekommen, der Marissas Temperament ein wenig entschärfte; stattdessen war sie jedoch darauf gekommen, dass sie auch die Gespräche mit ihm vermisste und seine Schwester folglich nicht mehr der einzige Grund sein sollte, ihn auf Primrose Cottage zu sehen.
Mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht klopfte sie an den Türrahmen zum Salon, in dem Mr. Northwood wartete, um auf sich aufmerksam zu machen und trat ein."Guten Abend", grüßte sie fröhlich und nahm das Getränk entgegen, das Bridgit ihr anbot. Sie roch unauffällig daran, konnte jedoch keinen Alkohol entdecken. Der würde vermutlich erst zum und nach dem Essen gereicht werden, aber dann wohl in Strömen fließen. Bonnie kannte das von ihrem eigenen Vater und seinen Saufkumpanen oder, wie er sie nannte, alten Freunden.
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Dorfgeflüster
Romance1811 in England, Maplehill. Eine junge Frau aus London muss vor den bösartigen Gerüchten der Städter in ein kleines Dorf fliehen. Dort wartet scheinbar gar nichts auf Bonnie Reading außer Unmengen an Natur, Stille und langatmigen Teekränzchen. Ein V...