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Der Tag des Abschieds rückt näher. Alex ruft an und erklärt, dass er es für sinnvoll hält die Kinder mit zur Verabschiedung am Flughafen zu nehmen. Ich stimme ihm zu, danach ist das Gespräch auch schon beendet. Nathan ist den Kindern sehr wichtig. Ich melde also beide Kinder für den Tag krank und packe sie stattdessen ins Auto. Auf der Fahrt zum Flughafen ist es still. Noah sieht traurig aus dem Fenster. Ich weiß, dass die Situation für ihn besonders schlimm ist. Emily mag Nathan, keine Frage, aber die Verbindung wie Noah und Nathan sie haben, hat Emily zu ihrem Onkel nicht. Außerdem ist sie wohl auch noch etwas zu klein um das alles zu verstehen.

Noah hingegen ist dreizehn. Er ist nicht weltfremd und weiß, worauf sein Onkel sich einlässt. Jegliche Versuche ihn zu beruhigen waren erfolglos. Dazu kommt, dass sein Vater sich nun noch weniger blicken lässt. Es zerbricht mir das Herz meine Kinder so zu sehen, aber es bringt uns auch nicht weiter, wenn ich jetzt auch noch Trübsal blase. Ich muss alles daran setzen eine Lösung zu finden, und wenn es die Scheidung von Alex ist. In unseren Alltag, besonders in den von Noah und Emily, muss wieder Ruhe einkehren.

Am Flughafen treffen wir auf Karin und Henry, die extra aus Island angereist sind, um Nathan zu verabschieden. Die Kinder freuen sich sie zu sehen und sind für einen Moment abgelenkt. Als Alex und Nathan auch endlich eintreffen, Nathan schon in Uniform, kann ich Alex kurz zur Seite nehmen.

"Wo wirst du schlafen, wenn Nathan nicht mehr da ist?", frage ich. Nathan wird die Wohnung wohl nicht weiter beziehen. Er hat sich für einige Jahre verpflichtet. Sollte er also überhaupt mal in Deutschland sein, wird er keine Wohnung brauchen. Wahrscheinlicher ist aber ohnehin, dass er im Ausland staioniert bleibt. Er ist erfahren und weiß was er tut.

"Lass das meine Sorge sein.", antwortet er kühl. Bevor ich noch etwas dazu sagen kann, geht er zurück zu seinen Eltern. Dass er nicht mehr mit mir redet tut weh. Ohne ihn fühle ich mich noch einsamer als ohnehin schon. Ich könnte weinen, weil sein Verhalten so verletzend ist. Dann reiße ich mich aber doch zusammen und geselle mich wieder zum Rest meiner Familie. Ob ich sie nach einer Scheidung immer noch als Familie bezeichnen darf?

"Dann ist es wohl wieder an der Zeit sich zu verabschieden.",witzelt Nathan. Man sieht ihm an, dass er nervös ist, aber er versucht es mit einem Lächeln zu überspielen.

Karin sieht ihn traurig an. Für sie ist es besonders schwer, ihren ältesten Sohn wieder gehen zu lassen, nachdem er ihr mitgeteilt hatte dem Krieg den Rücken zuzukehren und endlich ein normales Leben zu führen. Die beiden umarmen sich lange. Henry beteuert, wie stolz er auf seinen Sohn ist

Alex steht still da. Zwischen uns stehen unsere Kinder. Emily hält meine Hand, während Noah ebenfalls einfach nur da steht und dem Geschehen zusieht. Alex hat eine Hand auf seiner Schulter platziert. Die Ähnlichkeit zwischen ihnen ist unglaublich.
Schließlich sind Noah und Emily an der Reihe. Nathan hockt sich zu ihnen auf den Boden.

"Kann ich dir Briefe schreiben? Ich kann das zwar noch nicht so gut, aber bald komme ich in die dritte Klasse und dann kann ich das bestimmt besser.", plappert Emily drauf los. Nathan sieht seine Nichte strahlend an und zieht sie in seine Arme.

"Natürlich kannst du mir Briefe schreiben. Ich würde mich sehr darüber freuen, Em. Aber du darfst dir keine Sorgen machen, wenn ich nicht sofort zurückschreibe, okay? Dann habe ich nämlich nur gerade keine Zeit."

Emily willigt ein. Sie umarmt ihren Onkel noch einmal, dann geht sie zu Alex und lässt sich von ihm die Hand geben. Noah steht weiterhin unsicher da. Ich sehe, dass er mit den Tränen kämpft.

"Hey, Großer. Mach dir keine Sorgen. Ich verspreche dir, dass ich wiederkomme."

Noah nickt, aber gleichzeitig kullern ihm die ersten Tränen über die Wangen. Nathan nimmt ihn fest in den Arm. Ich schlucke. Ich hatte mir das leichter vorgestellt. Nathan versucht seinen Neffen zu beruhigen, sagt ihm, was für ein großartiger Junge er ist und Noah nickt immer wieder, kann aber das Schluchzen nicht unterdrücken.

"Ich hab dich lieb, Noah."

Dann lässt er ihn los. Alex und ich haben ebenfalls die Chance, uns kurz zu verabschieden. Ich belasse es bei einer Umarmung, um danach Noah in den Arm zu nehmen und zu trösten. Ich rede auf ihn ein, sage immer wieder, dass alles gut ist und irgendwann beruhigt er sich etwas.
Emily winkt fröhlich, während wir anderen nur dabei zusehen, wie Nathan uns noch einmal zuwinkt und dann geht um seinen Flieger zu erwischen.

Henry und Karin sind bereits weg und nur noch Alex, die Kinder und ich stehen schweigend da. Noah wendet sich an seinen Vater.

"Wirst du jetzt wieder nach Hause kommen?"

Alex schüttelt den Kopf. "Nein, Noah, noch nicht."

Als wir das Flughafengelände verlassen, steigt Alex in seinen Wagen, während die Kinder und ich mit meinem Auto nach Hause fahren. Das Herz pocht mir bis zum Halse. Die Situation wird immer schlimmer und ich stehe immer mehr alleine da. Das Schlimmste jedoch ist, dass es sich jetzt auch noch auf die Kinder auswirkt.

HusbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt