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7 Jahre zuvor

"Verdammt.", fluche ich, während ich alle Schubladen unserer Schlafzimmerkommode auseinander nehme. Ich suche eine Kette, kann sie aber nirgends finden. Das Problem ist, dass es die perfekte Kette zu meiner Bluse ist. Ich hätte sie mir früher raus legen sollen. Das hatte ich auch eigentlich vor, aber da ich kaum mal eine Nacht durchschlafen kann, muss es mir entfallen sein.

"Suchst du immer noch die Kette?", fragt Alex, der sich vor den Spiegel stellt und sein Hemd zuknöpft.

"Ja. Wo habe ich sie bloß hingelegt?"

"Vielleicht im Badezimmer? Du lässt deine Sachen oft im Badezimmer liegen wenn du sie ausziehst."

"Ich sehe mal nach. Wickelst Emily noch einmal?"

"Wieso ich?"

"Weil wir sonst zu spät kommen."

"Nur weil du die blöde Kette verlegt hast.", höre ich ihn noch murmeln, doch ich bin schon aus der Tür und auf dem Weg ins Badezimmer. Tatsächlich finde ich sie zwischen meinen Haarklammern. Erleichtert lege ich sie an. Dann kontrolliere ich mein Aussehen noch einmal im Spiegel. Meine Haare, die ich mir auf Kinnlänge hab schneiden lassen, sind leicht gelockt. Es ist ungewohnt ohne meine langen Haare, aber die Veränderung gefällt mir. Ich sehe aus, wie die perfekte Mutter.

"Warum ist Emily denn nicht gewickelt?", frage ich genervt, als ich sehe, dass unsere Tochter immer noch vergnügt in ihrem Laufstall liegt und vor sich hin brabbelt. Ich bekomme keine Antwort. Im Endeffekt wickle ich sie und ziehe ihr das neue Kleid an.

"Noah?", rufe ich die Treppe nach oben. "Bist du fertig?"

Im schicken Hemd kommt der Sechsjährige die Treppe herunter und präsentiert sich uns stolz.

"Schick siehst du aus. Wie ein richtiges Schulkind."

Schnell lege ich Emily in den Kindersitz. Der Kinderwagen ist zum Glück schon im Auto. Endlich kommt auch Alex die Treppe herunter. In der Hand trägt er die Schultüte für Noah. Strahlend nimmt Noah sie entgegen.

"Aber erst später aufmachen, Großer.", sagt Alex noch lachend. Dann küsst er mich kurz auf die Wange und öffnet die Haustür. Zusammen steigen wir ins Auto und fahren dann endlich los zur neuen Schule unseres ältesten Sohnes.

Noah ist nervös. Er sitzt auf dem Rücksitz neben seiner Schwester und spielt mit seinen Händen. Es ist sein erster Schultag. Im Kindergarten hat er sich immer gelangweilt. Deshalb haben wir alle diesen Tag mit großer Freude erwartet. Jetzt, wo der offizielle erste Schultag gekommen ist, scheint nur noch Alex die Ruhe selbst zu sein. Und Emily natürlich, denn sie schläft beim Auto fahren immer ein. Als sie erst ein paar Monate alt war, war das ein wahrer Segen für uns, denn am Anfang gab es kaum eine Sekunde in der sie nicht geschrien hat.

Glücklicherweise hat sich das gebessert. Sie schläft zwar nicht immer durch und meistens schläft sie auch nicht besonders lange, aber sie schreit nicht mehr so oft und scheint ein zufriedenes Kind zu sein.
Trotzdem, ich möchte definitiv kein weiteres Kind. Ich liebe meine beiden Kinder, aber ich möchte kein drittes. Alex habe ich das noch nicht wirklich gesagt. Aber wer weiß, vielleicht denkt er genauso. Es wäre zwar noch genug Platz im Haus, aber ich glaube, dass wir uns vorerst einig darüber sind, keine Kinder mehr zu bekommen.

Die Zeit in der Schule vergeht schnell. Noah bekommt seine Klasse gezeigt, es gibt eine kleine Feier und auch schon eine erste Unterrichtsstunde, in der die Eltern draußen auf dem Schulhof warten. Dann werden ein paar Fotos gemacht und es geht auch schon wieder nach Hause. Damit ist der Tag aber natürlich nicht vorbei. Wir haben ein paar Freunde zum grillen eingeladen. Und was Noah noch nicht weiß, ist, dass seine Großeltern ebenfalls aus Island angereist sind.

"Wie gefällt dir die Schule, Noah?", frage ich, während wir auf dem Rückweg sind.

"Gut! Ich sitze neben Tian. Der kommt aus China, ist das nicht cool?"

"Ja, das ist ziemlich cool. Du kannst ihn ja mal zum Spielen einladen.", sagt Alex.

Zuhause treffen wir die letzten Vorbereitungen. Kurz bevor Alex den Grill anmacht, treffen die ersten Gäste ein. Es sind natürlich, wer hätte das gedacht, Kate und Dean mit Lina. Während ich Emily auf dem Arm hin und her schaukle und mich nebenbei mit Kate unterhalte, steht Dean bei Alex am Grill und Lina und Noah spielen fangen. Erneut wird mir klar, wie sehr ich das Leben mit Alex liebe. Genauso hatte ich es mir vorgestellt.

Fabian und Tobias kommen gleichzeitig mit Julia und Chloe an. Unser Garten füllt sich immer mehr mit Leuten. Ein Highlight ist natürlich, als Nathan dazu kommt und sofort dazu aufgefordert wird mit den beiden Kindern fangen zu spielen. Natürlich lässt er sich diese Gelegenheit nicht entgehen.
Als es erneut klingelt, stelle ich fest, dass es Henry und Karin sein müssen, weil alle anderen Gäste bereits da sind.

"Kannst du mal kurz nehmen?"

Kurzerhand drücke ich Tobias meinte Tochter in den Arm und gehe zur Gartentür.

"Noah, kommst du mal?", rufe ich. Beleidigt, weil er beim Spiel kurz aussetzen muss, kommt Noah angelaufen.

"Mach mal die Tür auf."

Skeptisch sieht er mich an, öffnet dann aber einfach die Tür und kommt aus dem Staunen kaum heraus.

"Oma, Opa, was macht ihr denn hier?"

Und das ist nicht alles. Vor ihnen steht ein riesiger in Geschenkpapier verpackter Karton. Beim Auspacken stellt sich heraus, dass es sich um ein riesiges Fußballtor handelt. Nathan und Henry wollen es zusammen mit Noah aufbauen.

"Wo ist denn die kleine Emily?", fragt Karin. Sie hat ihre Enkelin erst einmal gesehen, kurz nach der Geburt. Ich bringe sie zu Tobias, der immer noch an der gleichen Stelle steht.

Und wenn ich mir dann den Garten, der so voller Menschen und Freude ist, ansehe, dann weiß ich, dass ich alles richtig gemacht habe. Es ist chaotisch, aber es ist perfekt.
Es ist genau das Leben, was ich mir für mich und meine Familie gewünscht habe.

HusbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt