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6 Jahre zuvor

"Okay, Leute. Ich muss euch etwas sagen."

Wir sitzen im Pub. Es kommt mir sehr gelegen, dass wir uns für heute dort verabredet hatten, denn heute Morgen kam der Brief mit der offiziellen Bestätigung. Deshalb ist es jetzt an mir, die frohe Botschaft zu verkünden.

"Sag nicht, du bist wieder schwanger?", fragt Lilly. Ich schüttle mit dem Kopf.

"Nein, ich glaube dann wäre meine Freude nicht so riesig.", entgegne ich lachend. "Außerdem, Tobias, du hast doch das selbe zu verkünden."

"Ach, das meinst du. Ja, stimmt."

Wir grinsen uns an. Alle anderen, sehen uns nur verwirrt an. Alex ist der einzige, der es außer uns schon weiß, aber der ist Zuhause und passt auf Noah und Emily auf.

"Aber du und Alex... Ihr seid noch zusammen, richtig?"

"Natürlich."

"Und was ist es dann?"

"Wir sind jetzt richtige Ärzte.", verkünde ich stolz. Die irritierten Blicke der Anderen verändern sich nicht im geringsten.

"Was sie damit sagen möchte, ist dass wir unsere Ausbildung abgeschlossen haben.", erklärt Tobias.

"Genau, nicht mehr bloß Assistenzärzte, wir sind Ärzte! Völlig eigenverantwortlich."

"Das ist großartig! Gratuliere!"

"Und für welche Fachrichtungen habt ihr euch entschieden?", fragt James. Eine Frage, die ich mir nicht wirklich stellen musste. Mir war ja fast vom ersten Tag an klar, dass mein Herz für die Neurologie schlägt. Bei Tobias war das am Anfang schwieriger, aber ich glaube, dass seine Entscheidung die Richtige war.

"Ich gehe in die Neuro."

"Und ich in die Pädiatrie."

Erneut verwirrte Blicke. Lilly ist die erste, die das Wort ergreift.

"Also, dass Melissa an Gehirnen herumschneiden möchte, habe ich verstanden.", sagt Lilly. "Aber Pädiatrie? Hat das was mit Füßen zu tun?"

"Das mit den Kindern, Schatz.", erklärt James ihr, kann sich ein Lachen aber nicht verkneifen. Wir anderen liegen vor Lachen fast am Boden.
Lilly und James sind noch immer ein Paar. Zwar haben sie ziemlich oft Meinungsverschiedenheiten, aber sie passen trotzdem gut zusammen. Wie Faust aufs Auge.

"Kinderarzt also?" Lilly ignoriert unser Gelächter. Es lässt sie völlig kalt.

Tobias tut so, als wäre er furchtbar empört darüber, dass Lilly nicht weiß was Pädiatrie bedeutet. Dass sie das Ganze aber mit Füßen vergleicht, empört ihn wahrscheinlich tatsächlich.
"Kinderchirurg, bitte."

"Oh, wow."

"Irgendwie passt das zu dir.", sagt Kate schließlich, wahrscheinlich, damit der Tisch nicht in Schweigen versinkt.

"Da kann ich nur zustimmen. Vor allem, das coole an der Sache ist doch, dass du quasi alle Fachrichtungen machst, und das dann auch noch an Kindern. Das ist quasi das dreifache an Verantwortung.", füge ich hinzu.

"Ich kann es kaum erwarten mit dir im Operationssaal zu stehen."

*

Ich komme nicht besonders spät nach Hause, aber scheinbar sind beide Kinder schon im Bett. Alex guckt irgendeine Serie im Wohnzimmer. In der Hoffnung, etwas Zeit mit ihm alleine verbringen zu können, hänge ich meine Jacke an den Haken und gehe ebenfalls ins Wohnzimmer.

"Hi." Ich lasse mich zu ihm aufs Sofa sinken. Er stoppt die Serie und dreht sich zu mir. Sofort kuschle ich mich an ihn.

"Hattest du einen schönen Abend?", fragt er. Ich nicke. "Wie fühlt man sich so, als Ärztin?"

"Großartig.", erwidere ich lachend. Ich küsse ihn kurz auf die Lippen. "Wollen wir das nicht feiern, Dr. Lehmann?"

"Aber natürlich, Frau Dr. Lehmann."

Kichernd erwidere ich seinen Kuss. Sanft drückt er mich in die Kissen des Sofas. Seine Lippen wandern über meinen Hals und verweilen an der Stelle unter meinem Ohr.

"Ich liebe dich.", raunt er.

*

"Was denkst du, werden unsere Kinder später auch Ärzte?", frage ich. Wir liegen im Bett, mein Kopf an Alex' Brust. Sie vibriert, als er lacht.

"Keine Ahnung. Würde mich nicht wundern."

"Mich auch nicht. Aber ich fände es auch schön, wenn sie etwas anderes machen würden. Es gibt schließlich so viele Dinge, die sie tun könnten."

"Sie können alles werden, was sie wollen. Ich ähm.. Ich hatte da eine Idee."

"Und die wäre?"

"Naja, ich dachte mir, dass wir nächsten Sommer vielleicht noch einmal in den Urlaub fahren könnten."

"Nach Island?", frage ich. Wir waren zuletzt zu Weihnachten da. An Island ist praktisch, dass wir nur für die An- und Abreise aufkommen müssen. Deshalb können wir es unseren Kindern auch ermöglichen, ihre Großeltern etwas öfter zu sehen.
Henry und Karin lieben Island nach wie vor, aber dass sie nun weder ihre erwachsenen Söhne noch ihre Enkelkinder um sich herum haben.

Zu meiner Überraschung meint er aber nicht Island.

"Nein, ich meine einen richtigen Urlaub. Ich will, dass wir einen richtigen Familienurlaub irgendwo verbinden, wo wir noch wie waren. Ich will, dass unsere Kinder die Welt entdecken können."

"Und woran denkst du da?"

"Was hältst du von der Provence?"

"Frankreich? Das wäre super!" Als Alex und ich uns kennengelernt haben, waren wir beide noch total ins Reisen verliebt. Ständig war ich mit Kate irgendwo anders. In der Provence allerdings war ich noch nie.
Es wäre wirklich schön, mal wieder zu reisen. Irgendwohin, wo wir noch nie waren. Mit Alex. Und unseren Kindern.

"Dann werde ich mich darum kümmern."

"Ich liebe dich jeden Tag mehr." Sanft küsse ich ihn auf die Wange. Ihn zu heiraten war die wohl beste Entscheidung in meinem Leben.

"Und ich dich erst."

HusbandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt