Das Haus ist totenstill, als ich wieder nach Hause komme. Früher war es immer gefüllt mit Gelächter und Stimmen. Es war gefüllt mit Wärme. Heute kommt es mir kalt vor. Kalt und einsam.
Der Klang meiner hohen Schuhe hallt in den Räumen wieder.Alex ist im Wohnzimmer. Er steht am Fenster und sieht hinaus in unseren Garten. Der Garten sieht immer noch aus, wie als wir ihn vor Jahren gekauft und eingerichtet haben. Ordentlich und gepflegt. Der Rasen ist gemäht, die Hecke gerade geschnitten und die Blumen blühen. Trotzdem fehlt etwas.
So wie unser Leben immer noch das ist, was wir uns von Anfang an gewünscht haben. Und es fehlt etwas.
Aber was?
Als Alex mich bemerkt, wendet er sich vom Fenster ab. Eine Weile lang sehen wir uns nur still an."Es tut mir leid, dass ich dir eine Ohrfeige gegeben habe.", gebe ich schließlich kleinlaut zu. Tatsächlich hätte ich mir nie zugetraut mal jemanden zu schlagen und empfinde tiefe Reue. Meine Gefühle sind wohl einfach mit mir durchgegangen.
"Ist schon gut."
"Nein, ist es nicht.", entgegne ich schnell. "Das hätte ich nicht tun sollen. Es war unmöglich von mir und es tut mir wirklich leid."
"Ich verzeihe dir."
Erstaunt sehe ich ihn an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es so einfach sein würde. Eigentlich dachte ich, dass er wütend sein würde und der Streit von vorne losgehen würde.
"Wirklich?"
Alex nickt. Zögerlich macht er ein paar Schritte auf mich zu, so als wäre er unsicher, ob ich seine Nähe zulassen werde. Ein paar Schritte vor mir bleibt er jedoch stehen.
"Mir tut es auch leid. Ich habe ziemlich verletzende Sachen gesagt. Ich meinte das nicht so, okay?"
Ich nicke.
"Du bist eine gute Ehefrau. Und du bist eine gute Mutter."
Zögerlich legt er seine Hände an meine Hüfte. Als er merkt, dass ich nicht zurückweiche, umarmt er mich. Ich genieße seine Wärme, zum ersten Mal seit langer Zeit. Er riecht nach dem Aftershave, welches ich ihm zum Geburtstag geschenkt habe. Er ist so vertraut und doch so fremd.
"Was ist nur aus uns geworden?", frage ich leise, mehr zu mir selbst als zu ihm.
"Ich weiß es nicht.", antwortet er. Er drückt einen Kuss auf meinen Scheitel. "Ich glaube, wir haben uns beide verändert."
"Denkst du...", setze ich, an doch stocke. Eigentlich will ich die Antwort auf meine Frage nicht hören. Wir haben uns noch nie so heftig und so lange gestritten. Und wir haben einander noch nie in den dreizehn Jahren unserer Ehe so sehr verletzt.
Dann stelle ich die Frage doch."Denkst du, dass wir das wieder hinkriegen können?"
"Ich weiß es nicht.", antwortet er ehrlich.
"Ich auch nicht.", füge ich unnötigerweise hinzu. Aber die Tatsachen ausgesprochen zu hören, ist fast noch schmerzhafter als die innere Gewissheit, dass nichts mehr ist wie zuvor und dass es vielleicht auch nie wieder so sein wird, wie es einmal war.
"Ich habe das Gefühl, dass alles um uns herum zerbricht." Tränen steigen mir in die Augen.
"Weißt du, meine Eltern sind in Island, Nathan im Krieg. Unsere Kinder werden erwachsen. Auf einmal geht alles so schnell. Aber da warst immer noch du. Egal was war, du warst immer da. Und jetzt habe ich das Gefühl, dass auch das zerbricht; Dass wir zerbrechen."Schluchzend höre ich ihm zu. Ich klammere meine Arme um ihn, als würde er sich gleich in Luft auflösen, als wäre es die einzige Möglichkeit ihn hier zu halten.
"Ich will nicht, dass wir zerbrechen, Melissa. Ich will das nicht."
"Ich auch nicht."
"Ich muss immer an den Unfall denken. Ich muss daran denken, wie hilflos ich war. Wie groß meine Angst um dich war, aber ich konnte nichts tun. Ich konnte dir nicht helfen, ich konnte dich nicht beschützen. Ich habe im Flur auf dem Boden gesessen und gewartet und diese Ungewissheit hat mich zerissen. Ich dachte, diesmal hätte ich dich endgültig verloren.
Und als Nathan dann gesagt hat, dass es dir gut geht, dass du durchkommen wirst, da habe ich mir geschworen dich nie mehr gehen zu lassen. Nie mehr. Und heute war ich auf dem besten Weg diesen Schwur zu brechen."Er macht eine kurze Pause, als suche er nach den richtigen Worten.
"Ich will mich nicht von dir scheiden lassen. Das war gelogen. Ich liebe dich. Ich liebe dich wie am ersten Tag und ich kann mir ein Leben ohne dich nicht vorstellen. Geht es dir genauso?"
Ich nicke. Natürlich liebe ich ihn. Aber ich kann unter den derzeitigen Umständen nicht leben.
Ich fühle mich in die Ecke gedrängt. Ich fühle mich furchtbar dumm. Ich habe alles, was ich mir je erträumt habe und doch ist es nicht das, was ich will."Wir müssen eine Lösung finden. Wir werden eine Lösung finden. Aber wir dürfen nicht aufhören daran zu glauben, dass wir das schaffen können. Wir lieben uns und ich glaube, dass unsere Liebe stärker ist, als alles andere. In guten wie in schlechten Zeiten, richtig?"
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Husband
Teen FictionDreizehn Jahre sind vergangen, seitdem Alex und Melissa sich das Ja-Wort gegeben haben. Aber das Leben ist nicht so perfekt wie es scheint und das Paar hat Schwierigkeiten, die Probleme des gemeinsamen Zusammenlebens zu überwinden. Als der Begriff d...