Als Alex vorgeschlagen hatte an den Hafen zu gehen, hatte ich eigentlich damit gerechnet mich wenig später auf einem Schiff mit vielen anderen Touristen wiederzufinden. Stattdessen stehen wir jedoch recht weit von den großen Schiffen entfernt. Vor uns liegt ein Paddelboot.
Ich muss lachen."Na, was sagst du?", fragt Alex und stellt sich vor das Boot. Er sieht es stolz an.
"Das ist ziemlich cool."
"Ich dachte es wäre angenehmer, wenn nicht so viele Menschen um uns herum wären."
"Ich finde es wirklich toll."
Ich drehe mich etwas weiter in seine Richtung. Dann stelle ich mich auf meine Zehenspitzen, um seine Wange mit meinen Lippen zu erreichen. Er lächelt. Anschließend hilft er mir ins Boot. Während ich auf der Holzbank sitze, schiebt er das Boot ins Wasser uns springt schließlich selbst zurück ins Trockene. Dabei schaukelt das Boot so sehr, dass ein leiser Schrei meine Lippen verlässt. Dafür ernte ich nur ein Grinsen von Alex.
Durch Rudern bewegt er das Boot weiter aufs Wasser hinaus. Ich sehe dabei zu, wie wir uns vom Ufer entfernen. Und ich beobachte, wie Alex' Muskeln sich immer wieder anspnnen, wenn er das Paddel bewegt.
"Starrst du mich an?", fragt er irgendwann. Er zieht eine Augenbraue hoch. Ertappt sehe ich zur Seite und beobachte, wie das Wasser gegen das Holz schlägt.
"Nein.", behaupte ich.
"Du könntest dein Kleid ausziehen, dann hätte ich auch mehr zu starren."
Empört sehe ich ihn an, kann es aber nicht verhindern, dass meine Mundwinkel sich etwas verziehen. Er weiß natürlich, dass ich eine Bikini unter meinem Kleid trage.
"Du weißt, dass es da nichts zu starren gibt.", entgegne ich. "Nur zwei große Narben, die alles andere als schön aussehen."
Eine der Narben, die von meinem Kaiserschnitt bei der Geburt von Emily, verblasst tatsächlich mit der Zeit etwas. Die andere, von der Operation nach meinem Autounfall, wird mir wohl immer erhalten bleiben. Normalerweise, wenn meine Familie um mich herum ist, habe ich kein Problem damit mich im Bikini zu zeigen. Jetzt, wo Alex das Hauptaugenmerk jedoch aufs Starren gelegt hat, fühle ich mich unsicher und unwohl.
Alex legt das Ruder beiseite, sodass wir nur noch leicht auf dem Wasser treiben. Eindringlich sieht er mich an, dann rutscht er etwas näher zu mir und bringt damit das Boot wieder ins Schwanken.
"Und du weißt, dass ich diese Narben liebe.", entgegnet er leise. Vorsichtig zieht er mein Kleid so hoch, dass er beide Narben entblößt.
"Ohne diese hier", er zeigt auf die größere der beiden Narben. "Ohne diese wären du und Noah nicht da. Und ohne diese", er deutet auf die andere, deutlich kleinere Narbe, "wäre Emily nicht da."Zaghaft streicht er mit dem Zeigefinger über die rosanen Stellen meiner Haut. Bei seiner Berührung ensteht ein Kribbeln auf meiner Haut.
"Deine Narben sind wunderschön.", flüstert er. Dann richtet er seinen Blick wieder auf mein Gesicht. "Und falls jemand meint mir da widersprechen zu müssen, sag mir Bescheid, derjenige lernt mich kennen."
Mein Kichern bringt er mit einem sanften Kuss zum Schweigen. Dann lehnt er sich wieder zurück und nimmt das Ruder wieder in die Hand. Mit einem leichten Ruck setzt sich das Boot wieder in Bewegung.
"Na schön.", murmle ich und ziehe mir das Kleid ganz über den Kopf. "Aber jetzt musst du dein T-Shirt ausziehen."
Die Sonne wärmt meine Haut. Entspannt lehne ich mich so weit wie möglich zurück. Alex zieht tatsächlich sein Oberteil aus. Zufrieden beobachte ich ihn dabei. Eine Zeit lang herrscht Stille zwischen uns und man hört nur das Wasser um uns herum.
"Weißt du", sage ich nach einer Weile. "Ich glaube ich habe dir das nie gesagt, aber als ich den Unfall hatte und in diesem Auto saß, da habe ich nur an dich gedacht. Ich musste die ganze Zeit daran denken, dass ich dir nicht gesagt habe, dass ich dich auch liebe."
Ich halte einen Moment inne. Ich kann mich nicht wirklich daran erinnern, wie der Unfall passiert ist, oder was dabei um mich herum geschehen ist, aber die Gefühle, die ich in der Situation empfunden habe, sind immer noch sehr gegenwärtig.
"Und dann warst du endlich da und ich konnte es dir immer noch nicht sagen und als ich dann aufgewacht bin und du neben mir gesessen hast, da habe ich mich nicht mehr getraut. Ich hatte Angst, dass das mit uns nicht klappen würde. Ich brauchte deine Erklärung nicht, Alex, ich habe dich die ganze Zeit über geliebt."
"Wirklich?"
"Ja. Es ist mir so schwer gefallen in deiner Nähe zu sein. Jeder Blick von dir hat mir immer wieder gezeigt, dass ich mir nur selbst etwas vormache."
"Ich dachte du hättest mich gehasst.", entgegnet er mit einem schiefen Grinsen. Entschieden schüttle ich den Kopf.
"Nein. Das könnte ich nicht. Ich habe mich selbst gehasst, weil ich so stur war aber ich war so verletzt. "
"Es ist ganz gut so wie die Dinge gekommen sind, was?" Ich nicke. "Aber ich bin froh, dass der Kerl seine Strafe bekommen hat."
"Ich hatte ja auch den besten Anwalt."
Er rollt mit den Augen, muss mir aber zustimmen. "Ja, Fabian versteht wirklich etwas von seinem Fach. Eure Beziehung finde ich immer noch scheiße."
Ungläubig sehe ich ihn an. "Du hast mich doch dazu ermutigt!"
Jetzt müssen wir beide lachen. Alex schüttelt den Kopf.
"Ja, weil ich dachte, dass ich dich eh verloren hätte. Ich wollte, dass du glücklich bist und ich habe den Kuss gesehen und dachte, okay, wenn sie mit ihm glücklich ist, dann ist das okay. Das ganze habe ich aber wieder verworfen, als Nathan mich aus dem OP geholt hat und mir von deinem Unfall erzählt hat. Da wusste ich einfach, dass ich dich nicht verlieren kann."
"Du bist zu gut für diese Welt."
Alex lächelt.
"Da haben wir wohl etwas gemeinsam."
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Husband
Teen FictionDreizehn Jahre sind vergangen, seitdem Alex und Melissa sich das Ja-Wort gegeben haben. Aber das Leben ist nicht so perfekt wie es scheint und das Paar hat Schwierigkeiten, die Probleme des gemeinsamen Zusammenlebens zu überwinden. Als der Begriff d...