Take 12

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"Shit, I have feelings."

Grace'Pov.

Hemmungslos prasselte das heiße Wasser aus dem Duschkopf auf meine Haut und ein leichter Dunst bildete sich auf der Innenseite der Duschkabine.

Noch immer konnte ich seine Lippen auf meinen brennen fühlen.

Seine weichen, süßen, rosa Lippen auf meinen. Es war wie ein Traum gewesen, man weiß was man gesehen und gespürt hat aber man ist sich nicht sicher ob es wirklich passiert ist. Es hatte mich überwältigt.

Er hatte mich überwältigt.

Eingehüllt in den Dunst des verdampften Wassers drehte ich das Wasser ab und öffnete die Duschkabine. Sofort empfing mich eine unangenehme Kälte und ich schnappte mir das mint-grüne Handtuch, welches ich mir schon bereitgelegt hatte und wickelte es um meinen tropfenden Körper.

Dieses Gefühl, wenn man aus einer angenehmen warmen Dusche steigt und einem dann plötzlich die Kälte den Rücken hinaufkriecht, ich hasse es. Diese scheußliche Gänsehaut erst - Brr...

Eingewickelt in mein raues Handtuch beobachtete ich mich im Badezimmerspiegel, welcher über dem Waschbecken hing.

Meine Haut war blass, was wahrscheinlich einfach nur am Winter lag und daran, dass ich nicht oft genug herausging um etwas Sonne und somit Vitamin D abzubekommen.

Bis jetzt hatte mein Psychologiestudium so gut wie mein ganzes Leben bestimmt: Aufstehen, ganz viel Kaffee trinken, da ich bis in die Nacht hinein gelernt hatte und somit fast keinen Schlaf abbekommen hatte, in die Uni fahren, Vorlesungen von Mrs Grey oder Mr Durrey besuchen, nach Hause gehen, lernen, währenddessen einschlafen und am nächsten Mal alles nochmal. Kurz gesagt-Mein Leben war nicht sehr abwechslungsreich, bis Harry kam.

In seiner eigenen, verrückten Art und Weise hat er mein Leben auf den Kopf gestellt, durch meine Fassade geblickt, mich gezwungen mich an mein vorheriges Leben zu erinnern und vor allem hatte er meine Gefühlswelt auf den Kopf gestellt. Ich wollte ihn dafür hassen, aber das konnte ich nicht.

Ich war ihm bereits unbewusst verfallen.

>> Grace? Alles in Ordnung? <<, klopfte es an der Tür und ich zuckte zusammen >> Äh...ähm, ja klar! Ich bin gleich fertig, dann kannst du dich auch duschen, wenn du möchtest. <<

Ungeschickt stolperte ich im Bad herum und versucht mich halbwegs trocken zu bekommen. Keine Minute später riss ich die Tür auf, das Handtuch eng um mich gewickelt und ging zum Kasten.

Ohne Harry, der auf der rechten Seite meines Bettes saß, groß zu beachten ging ich an ihm vorbei und schob die Schiebetür des Kastens nach links. Ich schnappte mir Unterwäsche, eine lange schwarze Jogginghose von adidas und ein lachsfarbenes Trägertop welches an den Schultern und am Ausschnitt Spitze besaß und verdrückte mich damit zurück ins Bad.

In Windeseile kleidete ich mich fertig ein und anschließend gab ich das Bad frei.

Harry schaute unsicher zu mir und ich räusperte mich >> Brauchst du was Neues zum Anziehen? << Der Braunhaarige schaute an sich herunter >> Naja, ich kann wohl kaum mit nassen Sachen schlafen, also wenn du so nett wärst? <<

Wieder verschwand mein Oberkörper in meinem unordentlichen Kasten und ich kramte ganz unten im letzten Fach herum bis ich das fand, was ich gesucht hatte.
Entschieden drückte ich ihm das Outfit in die Hand und sagte >> Aber mit der Unterwäsche kann ich dir nicht weiterhelfen. << Er fuhr sich durch seine langen, zerzottelten Haare und lachte nur, ehe er dann auch ins Bad verschwand.

Als ich das metallene Klicken des Badezimmerschlosses hörte, ließ ich mich erschöpft aufs Bett fallen und seufzte laut.

Leise, aber deutlich genug hörte ich wie das Wasser im Bad zum Prasseln anfing und meine Augen hefteten sich an die Zimmerdecke.

Wie sollte das hier weiter gehen?
Wie sollte das zwischen uns weiter gehen?

Manche Leute meinen, dass ich mir immer zu viele Sorgen machen würde, was auch so ziemlich stimmte. Ich war ein nachdenklicher Mensch.

Schon als ich jünger war habe ich mir zu viel Sorgen gemacht, wodurch ich nachts fast nie schlafen konnte. Sobald ich am Abend im Bett lag und meine Augen geschlossen hatte, hagelten all meine Sorgen und Vorwürfe hemmungslos auf mich ein. Was hätte ich nur dafür gegeben einfach abzuschalten? Was würde ich nur dafür gegeben jetzt einfach abzuschalten?

Ich wusste nicht wie lange ich gedankenverloren und stumm auf dem Bett gelegen hatte, als Harry in den neuen Klamotten das Bad verließ, aber es musste wohl eine Weile gewesen sein.

Das weiße T-Shirt und die lockere, schwarze Jogginghose passte wie angegossen und ich musste automatisch lächeln >> Steht dir. <<

Er lächelte ebenfalls und schaute an sich herab >> Woher sind diese Sachen? Das sind doch eindeutig Jungsklamotten. <<

Diese wenigen Worte ließen mein Lächeln verschwinden. Einfach so. Aber ich wusste, wenn ich reden würde, würde es einen Teil von mir befreien.

>> Es sind die Sachen meines Bruders. Als er auf Tour war, konnte ich nie schlafen. Ich habe mir schon immer zu viel Sorgen gemacht. Ich habe mich mitten in der Nacht in sein Zimmer geschlichen und seine Klamotten geholt. Der Geruch war einfach beruhigend und gab mir das Gefühl er wäre gleich neben mir. Nach seinem Tod habe ich ein paar Dinge behalten. Als Erinnerung daran wer er war. Wer ich einmal war. Allerdings hatte ich nie geglaubt sie irgendwann noch einmal zu benötigen. <<

Schweigend starrten wir uns an.

>> Tut mir leid, ich rede zu viel. <<

>> Nein schon okay Grace. Ich weiß wie es ist jemanden zu verlieren, den man geliebt hat. <<

>> Harry? <<

>> Hmm? <<

>> Du musst heute Nacht nicht auf der Couch schlafen. Bleib hier, mein Bett ist groß genug. <<

Mrs Grey Pov.

Ein nerviges Klingeln riss mich aus meinem Halbschlaf. Seufzend schaltete ich den Fernseher aus, den ich immer laufen ließ während ich schlief, hievte mich hoch und stapfte auf das Telefon zu. Innerlich betete ich, dass es sich nicht schon wieder um einen Notfall in der Psychiatrie handelte.

>> Mrs Grey am Apperat. Wer ist so nett und ruft mich um diese Zeit an? <<

>> Ouh, ich wusste nicht, dass sie schon schlafen. Tut mir echt leid. <<

>> Liebste, es ist 1 Uhr morgens! Aber schieben wir das jetzt mal zur Seite. Warum rufst du an? <<

>> Es geht um Patient 109. <<

>> DER Patient? <<

>> Ja genau. <<

>> Was ist mit ihm, Liebste? <<

Stille auf der anderen Seite der Leitung. Die Atmosphäre schien zu pulsieren und ich kaute verkrampft auf meinen Nägeln mit dem abgekratzten, roten Nagellack herum.

>> Ich weiß es. <<

Es war nur ein Flüstern gewesen aber obwohl ich schon alt war und schlecht hörte, hatte ich alles ganz klar und deutlich verstanden.

>> Was weißt du? <<

>> Mrs Grey, ich weiß wo er ist und es wird ihnen nicht gefallen. <<

o

Das Leben ist kein Film ✔ |H.S.|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt