Take 16

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Grace' Pov.

Wie ein Häufchen Elend saß sie vor uns.

Jacqueline hatte uns auf einen Tee in ihrem Büro, welches sich im 16. Stock befand, eingeladen und natürlich hatten wir ihre Einladung angenommen.

>> Ihr kanntet ihn? <<, fragte sie dann plötzlich und ich nickte.

>> Wer kannte ihn denn nicht? <<, warf mein Onkel ein und gestikulierte wild mit seinen Händen.

>> Aber ich meine, was habt ihr denn mit ihm zu tun und was wollt ihr von mir. Wenn es um die Verlobung geht, die war schon längst vor seinem Tod wieder vom Tisch <<, sagte sie hastig während sie an ihrem Tee nippte.

>> Verlobung? Welche Verlobung!? <<

>> Ihr seid also nicht vom Management? <<

>> Sehen wir denn so aus? <<, fragte mein Onkel und verzog sein Gesicht, was mich dazu brachte zu kichern.

Jacqueline schien sichtlich verwirrt zu sein, was sich auch in ihrem Stottern wiederspiegelte >> Hä, wer seid ihr dann und woher wisst ihr von Luke und mir? <<

Ich fragte mich wie tief der Wasserstoff schon in ihr Gehirn gesickert war...

>> Darf ich vorstellen, das ist Grace Wheeler und ich bin Lukes Onkel Elijah Silver. <<

Nun fiel die Blondine aus allen Wolken >> Du bist Grace, Lukes Schwester? <<

>> Jap, die bin ich, aber was hast du bitte mir Verlobung gemeint <<, knurrte ich schon fast, mit dem Gedanken daran, dass Luke mir schon wieder etwas verheimlicht hatte.

>> Ich war Lukes Verlobte. <<

Elijah rechts von mir verkutzte sich und ich konnte es ihm nicht verübeln.

>> Wie? <<, flüsterte ich und man konnte dortlich hören wie meine Stimme nur so von Enttäuschung und Verwirrung triefte.

Die Blondine seufzte und ließ sich tiefer in ihren gepolsterten, grauen Drehsessel sinken >> Ich denke es ist besser wenn ich alles von vorne erzähle: Nachdem wir uns auf einer Gala kennengelernt hatten, hatten wir ein paar Dates und irgendwie wurde daraus etwas Ernstes. Sehr zum Misgunsten seines Managements, sie hätten ihn viel lieber an der Seite von einem Popsternchen wie Chloe Moore gesehen. Als er mich eines Abends fragte, ob ich ihn heiraten wolle, habe ich ohne zu zögern ja gesagt, ich meine ich wahr verliebt und Liebe macht blind. Ich hatte nicht bemerkt wie sehr er im Alkohol versunken war und als wir dann auch noch unsere Liebe, unsere Verlobung, geheimhalten mussten, soff er nur noch. Er bekam öfters wutanfälle und ich hatte Angst. Angst davor, dass er wieder besoffen nach Hause kam und mich beschimpfen und demütigen würde.
Eines Tages war er schon so wütend, dass er begonnen hat Dinge durch die Wohnung zu schleudern. Ich hatte so Angst. Also bin ich einfach abgehauen.
Ich hatte keine Zeit mehr meine Sachen zu packen, ich bin einfach losgerannt.
Später wurde mir klar, dass ich hätte bei ihm sein müssen. Ich hätte ihm helfen können, aber es war zu spät gewesen.
Er reagierte auf keiner meiner Anrufe und als ich dann plötzlich vor seiner Tür stand war er nicht da. Keine Woche später erhielt ich die Nachricht, dass er tot war.
Dann wurde mir erst klar wie tief er schon gefallen war, bereits bevor ich ihn kennengelernt habe. <<

Während sie erzählt hatte, hatten sich unzählige Tränen den Weg über ihre rosanen Beckchen gebahnt und sie musste immer wieder schniefen.

>> Tut mir leid, ich kann das nicht <<, brachte sie noch hervor, ehe sie ausfsprang und heulend den Raum verließ.

Ehe sie draußen war, kam eine andere Person hinein. Auf den ersten Blick würde ich sagen es wäre eine ältere Ausgabe von Jacqueline, aber ihre Ausstrahlungen waren sehr verschieden. Während Jacqueline zielstrebig, aber unsicher wirkte, strahlte diese Frau Macht und Selbstsicherheit aus.

>> Anastasia <<, stellte mein Onkel fest.

>> Was sucht ihr hier? <<, fragte sie streng und ihre Augen musterten abwertend mein Outfit.

Als wir ihr keine Antwort gaben fuhr sie meinen Onkel an >> Und was fällt dir ein ein dahergelaufenes Mädchen hier anzuschleppen! <<

Jetzt platzte mir endgültig der Kragen und ich sprang auf >> Ich sitze vor ihnen, sie können es mir ruhig ins Gesicht sagen und außerdem bin ich nicht irgendein dahergelaufenes Mädchen sondern seine Nichte, die Schwester von Luke Wheeler! <<

>> Gracinda? <<, fragte sie mit hochgezogener Augenbraue.

>> Ich glaube wir gehen jetzt, Anastasia. Wir haben was wir wollten <<, durchbrach mein Onkel die Stille, packte mich an der Hand und wir gingen.

***

>> Also was lief zwischen dir und Anastasia? <<, fragte ich hinterhältig grinsend und mein Onkel nahm mich zum Abschied in den Arm.

>> Jeder verliebt sich mal, nicht nur du Grace. <<

Lächelnd blickte ich in seine leuchtenden Augen, die Lukes so ähnlich sahen.

>> Ich hab dich lieb El <<, ich öffnete schon meine Autotür und setzte mich auf meinen Sitz.

>> Ich dich auch. <<

Dann stieg ich aufs Gas und machte mich auf den Weg zurück zu Harry.

Die ganze Fahrt lag kreisten meine Gedanken um Luke und was er wohl noch alles vor mir verheimlicht haben könnte. Es verletzte mich schon auf eine gewisse Art und Weise.

Ich konnte schon merken, dass irgendetwas nicht stimmte, als ich in meine Gasse einbog und mein Gefühl hatte sich nicht getäuscht.

Ein Sanitäterwagen parkte direkt vorm Hauseingang und plötzlich schwang die Eingangstür auf und ein wild um sich herumschlagender Harry wurde von zwei starken Männern aus dem Gebäude geschleppt. Alarmiert stellte ich den Motor ab, hüpfte aus dem Auto und lief so schnell mich meine Beine tragen konnten durch die eisige Kälte geradewegs auf die Männer zu.

Als Harry mich erblickte begann er sich noch mehr zu wehren und schrie verzweifelt meinen Namen, woraufhin die Männer auf mich aufmerksam wurden und sie sich aufteilten.

Einer der beiden kam auf mich zu und packte mich geschickt an den Armen.

>> Harry! Was geht hier vor?! <<, schrie ich und versuchte dem starken Griff des Sanitäters zu entkommen.

Plötzlich schlug Harry mit seinem Kopf gegen den des anderen Mannes, welcher daraufhin erschrocken losließ und zurücktaumelte. Diesen Moment nutzte Harry aus und wollte auf mich zu laufen, doch der Mann hinter ihm hatte sich wieder gefasst und packte ihn erneut so, dass es unmöglich war sich dem Griff zu entwinden.

Verzweifelt versuchte ich denselben Trick wie Harry anzuwenden aber es brachte nichts. Ich war zu schwach. Harry hingegen hatte noch nicht aufgegeben, doch auf einmal bohrte der Sanitäter ihm eine Spritze in die Schulter und ich schrie laut auf.

Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich schrie einfach nur seinen Namen, während er ohnmächtig weggebracht wurde.

Dieses Gefühl einfach nur dastehen zu können, festgehalten zu werden und einfach nur zuzuschauen, ohne etwas unternehmen zu können, brachte mich innerlich um.

Dieses Gefühl rammte mir ein Messer in mein ohnehin schon zerschmettertes und blutendes Herz und ich fragte mich wie viele Narben mein Herz wohl noch tragen könnte.



Das Leben ist kein Film ✔ |H.S.|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt