Take 32

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Grace's Pov.

Die Krankenhaustür öffnete sich und ein Strahl Sonne fiel in die Eingangshalle. Ich verkrampfte meine Hände, klammerte mich fest an die Krücken und begann mit Hilfe zweier Krücken vorwärts zu humpeln.

>> Geht's? <<, El beäugte mich nervös und besorgt und als Antwort nickte ich still und konzentrierte mich weiter darauf vorwärts zu kommen. El seufzte warf mir noch einmal einen besorgten Blick zu und rannte voraus zu dem Wagen der einige Meter vor dem Eingang parkte. Mein Onkel öffnete die Hintertür des schwarzen Vans und schaute mich abwartent vom Wagen aus an. Seufzend hinkte ich so schnell, wie es mir nun einmal möglich war vorwärts.

Als ich am Wagen ankam ignorierte ich die helfende Hand, die mir mein Onkel anbot und entschied mich stattdessen selber zu versuchen in das Auto zu steigen – vergebens. Ich hatte noch nie Krücken in der Hand gehabt und dementsprechenden hatte ich auch keine Ahnung wie ich mich damit bewegen sollte.

>> El, meinst du, du könntest mir helfen? <<, ich schaute zu Boden, gerade eben hatte ich seine Hilfe immerhin noch abgewiesen. Doch plötzlich ich spürte ich einen starken Arm um meine Taille und Onkel El nahm mir die Krücken aus der Hand, legte sie auf den Boden und nahm mich dann mit beiden Armen und setzte mich wie eine Puppe aus Porzellan auf den Rücksitz.

>> Danke. << Elijah lächelte.

Geräuschvoll schloss er die Schiebtür und joggte um den Wagen herum, öffnete die Fahrertür und stieg ein.

Ab dem Moment vergaß ich alles um mich herum. Ich bekam nicht mit als El den Motor startete und ich bekam auch nicht mit, als er beinahe eine Notbremsung hinlegte, weil er eine rote Ampel beinahe übersehen hätte. Ich saß einfach nur da und fühlte...nichts.

Ich starrte einfach geradeaus, versunken in Gedanken. Ich hatte das Gefühl ich würde alleine in einem dunklen Raum sitzen, dessen Mauern drohten einzustürzen.

Die Zeit verging und ich hatte nicht bemerkt, dass wir uns schon längst nicht mehr am Nachhauseweg befanden, denn als ich aus dem Fenster sah, sah ich nichts was ich kannte. Weder Londons dichten Wolkenhimmel, noch hohe Häuser und viele Touristen. Wir befanden uns auf einer Straße mitten im Nirgendwo.

>> El, wo fahren wir hin? <<

El's Augen begegneten meinen im Rückspiegel.

>> Wir besuchen jemanden. << Seine Hände krampften sich um das Lenkrad des teuren Autos, seine Knöchel nahmen eine weiße unnatürliche Farbe an und sein Blick war starr auf die Straße gerichtet.

In diesem Moment war es mir egal wohin wir fuhren. Ich fragte nicht nach, dachte nicht darüber nach, ich schaute einfach stumm aus dem Fenster und versuchte der Straße mit meinen Augen zu folgen.

Ich wollte nicht nachdenken, ich wusste jeder noch so kleiner Gedanke würde weh tun. Ich würde Dinge fühlen die ich nicht fühlen wollte.

Bei jedem Atemzug hatte ich das Gefühl ich würde einen Teil meiner Seele beim Ausatmen verlieren. Bei jeder kleinen Bewegung hatte ich das Gefühl, als könnte ich jeden Moment zerbrechen wie eine Puppe aus Porzellan.

Die Zeit schlich dahin und die Umgebung änderte sich zunehmend. Das nächste Mal als ich aus dem Fenster schaute fuhren wir durch eine schmale Straße umgeben von vielen Hochhäusern. In gewisser Weise erinnerten mich die Straßen und Häuser an London, doch sie waren anders.

Wenig Minuten später hielten wir plötzlich an. Es war als würde ich aus meiner Starre gerissen. Suchend blickte ich mich um, nach einem Anhaltspunkt, nach etwas, dass mir verraten könnte wo wir uns befanden. Jedoch fiel mir lediglich das riesige Gebäude, welches vor uns in die Höhe schoss, in die Augen.

Noch immer auf der Suche wanderten meine Augen zu El. Mein Onkel drehte sich langsam zu mir um, ließ jedoch dabei das Lenkrad immer noch nicht los, sondern hielt sich daran fest, als könnte er in den Abgrund fallen würde er loslassen.

>> Wo sind wir? <<, hauchte ich und ich sah förmlich wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete.

>> Weißt du noch was ich gesagt habe als wir uns das letzte Mal bei mir zu Hause unterhalten haben. <<

Zögernd nickte ich >> Ja, nur all zu gut. <<

Mein Onkel seufzte und fuhr fort >> Ich weiß, dass du das nicht hören willst, Gracinda, aber ich bin noch immer derselben Meinung wie damals. Du brauchst Hilfe, Gracinda, auch wenn du das anders siehst. <<

Ich ignorierte was er eben gesagt hatte und fragte ihn in einem harschen Tonfall >> Warum sind wir hier?! <<

>> Ich habe Angst um dich. Ich habe Angst, dass du dir etwas antun könntest. <<

Entgeistert starrte ich ihn an, obwohl ich wusste, dass in diesem Satz ein Fünkchen Wahrheit steckte >> Bullshit! <<

Der Mann schüttelte bloß seinen Kopf und sprach weiter >> Ich will nicht jeden Tag mir Sorgen um dich machen müssen. Ich will nicht, dass du da durchgehst, wo du gerade durchgehst. Es ist viel passiert und es tut nicht nur dir weh, ich fühle diesen Schmerz auch. <<

Innerlich presste ich meine Hände gegen meine Ohren und schrie, dass ich das alles nicht hören wollte, doch El war noch lange nicht fertig und mit jedem weiteren Wort schnitten wurden die bereits bestehenden Wunden tiefer.

>> Ich erwarte nicht von dir, dass du meine Entscheidung verstehst. Ich erwarte auch nicht von dir, dass du mir für das, was ich getan habe, vergibst. Ich hoffe bloß, dass du irgendeinmal auf dein Leben zurückblickst und sagen kannst, dass du es gelebt hast. <<

Eine Träne löste sich aus seinem Augenwinkel und ich konnte nicht bestreiten, dass meine Augen nicht mindestens wässrig gewesen wären.

>> Wo sind wir verdammt noch einmal?! <<, schrie ich verzweifelt presste meine Handflächen gegen meinen Kopf und versuchte verzweifelt, voller Verwirrung, einen klaren Gedanken zu fassen.

>> Ich hab' dich lieb, Gracinda. <<

Plötzlich wurde die Wagentür aufgerissen und zwei Männer in derselben Uniform wie die, die Harry mit sich genommen hatten, standen vor mir.

>> Elijah! <<, schrie ich erschrocken, versuchte mich mit meinen Händen am Vordersitz anzuhalten um auf die andere Seite des Wagens zu gelangen, doch die Männer packte mich unter der Achsel und hoben mich gekonnt aus dem Fahrzeug. Wild schlug ich um mich herum, schrie verzweifelt den Namen meines Onkels, doch nichts geschah.

>> Lasst mich los! <<, brüllte ich versuchte die Männer von mir zustoßen und im nächsten Moment setzten sie mich auf einen Rollstuhl und gurteten mich fest.

>> Nein, das könnt ihr nicht machen! <<, Tränen bahnten sich ihren Weg über meine fahle Haut. Wut brodelte in mir. Verzweiflung stand in meine Augen geschrieben.

Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, doch die Männer ignorierten mich vollkommen und schoben mich in das Gebäude.

>> Wieso?! <<, schrie ich, beinahe schon heiser und weinte in Sturzbächen.

Zitternd versuchte ich die Gurte zu sprengen und den Rollstuhl zum Umkippen zu bringen und auf einmal hörte ich eine Stimme – eine Stimme von der ich gedacht hatte sie nie wieder in meinem ganzen Leben zu hören.

Wie in Zeitlupe drehte ich meinen Kopf nach rechts und erblickte den Mann mit den schönsten Augen, die ich je gesehen hatte >> Harry? <<

Meine Stimme hallte durch den Gang und ruckartig drehte sich der junge Mann zu mir um.

Für eine Sekunde schien die Zeit still zu stehen.

Ich starrte in seine Augen und er in meine.

>> Grace? <<


Das Leben ist kein Film ✔ |H.S.|Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt