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Lissa's Sicht

Ich konnte nicht beschreiben, was ich an diesem Tag, in diesen Stunden gefühlt hatte. Ich war von allem, was passiert ist, so unglaublich überwältigt, dass ich mit allem überfordert war.

Nun stand ich hier, mit der Krone auf dem Kopf, und sah in die Menge vor mir, die aus zu vielen Personen bestand, um auch nur abschätzen zu können, wie viele gerade vor mir gekniet haben. Ganze zweimal.

Wurde ich wirklich mit 98,2 % der Stimmen gewählt? Konnten mich denn wirklich so viele Moroi und Dhampire gewählt haben?

Es war still im Saal. Es knieten immer noch alle. Niemand sagte etwas. Musste ich jetzt etwa was sagen? Eine Rede oder so halten?

Ich gatte absolut keine Ahnung, niemand hat mich auf diese Situation vorbereitet. Cedric hat in keinem Moment jemals von dieser Situation gesprochen. Jeder andere der Kandidaten hätte bestimmt genau Bescheid gewusst, was nun zu tun wäre.

Ich stand bestimmt kurz davor, zu hyperventilieren. Ich sah hilfesuchend zu Leo. Doch der Blödmann kniete allen ernstes auch vor mir. Er musste mitbekommen haben, was ich dachte, denn im Nu hob er seinen Kopf und sah mir direkt in die Augen. Sie funkelten belustigt und sein Mund war zu einem Grinsen verzogen.

-Glaubst du etwa, ich wüsste, was zu tun sei?

-Du weißt doch sonst immer alles!

Sein Grinsen wurde immer breiter. Musste es nicht langsam unbequem sein, zu knien? Wie lange würden denn alle wohl noch so verharren?

-Wir zeigen dir alle unseren Respekt und ehren dich, Lissa. Jetzt bist du an der Reihe, schätze ich.

Wunderbar.

Ich schluckte und leckte mir schnell über die Lippen, um gleich auch wirklich Stimme zu haben. Was sollte schon Schlimmes geschehen. Ich musste jetzt nur etwas sagen. Etwas Gutes. Etwas, was Königinnen eben so zu ihrem Volk sagen.

Schade, dass ich nur eine Königin miterlebt hatte, die leider alles andere als toll gewesen ist.

„Erhebt euch, bitte!" sagte ich schließlich laut, damit mich möglichst viele verstehen konnten. Meine Stimme klang zum Glück nicht so zittrig wie ich mich fühlte. Köpfe wurden angehoben und sahen zu mir hinauf, aber keiner bewegte sich so wirklich.

„Bitte, steht alle aus!" forderte ich die Moroi und Dhampire nun erneut auf und trat weiter nach vorne. Ich gestikulierte mit den Armen, damit sie verstanden, dass ich es wirklich ernst meinte. Allmählich tat sich etwas. Die Wächter erhoben sich als erstes und nahmen wieder ihre Haltungen ein, dann folgten auch andere Personen ihrem Beispiel und standen auf. Es wurde leise geflüstert an manchen Ecken.

„Ich möchte euch gerne den gleichen Respekt erbringen wie ihr mir. Deshalb muss sich niemand von euch vor mir verbeugen" fuhr ich fort und blickte durch die Reihen. Ich musste sogar lächeln. Ich war immer noch überwältigt. Aber mir wurde klar, dass ich ja fast von allen Personen aus diesem Königreich gewählt worden war. Sie wollten mich fast alle hier oben sehen. Wie könnte ich da nicht lächeln?

„Ich möchte euch sagen, dass ich mich geehrt fühle, von euch als neue Königin gewählt worden zu sein. Ich bin immer noch sprachlos. Ich bedanke mich bei jedem von euch!" Mehr konnte ich nicht sagen. Ich wusste einfach nicht, was ich noch sagen konnte. Bedankte man sich überhaupt?

„Hoch lebe unsere Königin!" rief plötzlich jemand. „Hoch lebe Vasilisa!" stimmte sofort jemand anderes mit ein. Und dieser Satz wurde von anderen aufgenommen und erneut gerufen. Bald schien die ganze Halle diese 3 Wörter zu singen. Die Leute lachten und jubelten und beklatschten mich.

Berührung der PrinzessinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt