Sophie POV:
Ich schlief die ganze Nacht durch. Das kam eigentlich sehr selten vor. Meisten weil ich Angst hatte das mein Dad nochmal hochkommen könnte. Jedoch war diese Angst irgendwie weg gewesen. Wieso auch immer. Dennoch war ich froh endlich mal ruhig geschlafen zu haben. Ich sah auf das Fenster, das noch immer offen stand. Inzwischen war es doch recht kühl im Raum geworden. Langsam stand ich auf und sah kurz verschlafen aus dem Fenster. Wie auch gestern schon schien die Sonne. Kinder und Erwachsene waren schon auf den Beinen und liefen die Straße auf und ab. Etwas weiter weg konnte ich eine Marktstraße sehen, die sich langsam mit Menschen füllte.
Wie spät es wohl war? Ich sah auf mein Handy. Es war weit nach Zehn Uhr morgens. Das verwundete mich. Ich schlief sonst nie so lange. Schnell zog ich mir neue Sachen an. Dann rannte ich schon nach unten. Mein Dad würde sehr sauer sein. Ich hatte kein Frühstück gemacht! Angst stieg in mir hoch, was mich noch schneller werden ließ. Genau das war mein Verhängnis. Ich stolperte über meine eigenen Füße und flog der Länge nach hin. „Au.",sagte ich leise und stand dann wieder auf. Zu meiner Verwunderung hörte ich meinen Dad keinen abfälligen Kommentar von sich geben. Irgendwas stimmte hier doch ganz und gar nicht.
Langsam stand ich wieder auf und sah auf die Schürfwunden an meinen Armen. Sie waren nicht weiter schlimm und bluteten nur ein bisschen. Das würde schnell wieder aufhören. Im Wohnzimmer sah es aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. An der Wand war noch immer ein Fleck, der von der Bierflasche stammte, die mein Dad gestern dagegen geworfen hatte. Weiter sah ich mich im Wohnzimmer an. Hier und da lagen leere Tüten. Wahrscheinlich Chips, soweit ich das von hier aus erkennen konnte. Er selber schlief an der Wohnungstür gelehnt. Also war er gestern da wirklich lieben geblieben. Mir war das egal.
Es scherte mich schon lange nicht mehr was er tat, solange er mich dabei in Ruhe ließ. So leise wie möglich fing ich dann dennoch an aufzuräumen. Wenn er wach werden würde, würde das sonst nur ärger geben. Ich wollte nicht wieder geschlagen werden oder gar schlimmeres. Nachdem das Wohnzimmer wieder sauber war, versuchte ich den Fleck von der Wand zu bekommen. Es war so gut wie unmöglich. Er war schon längst trocken und hinterließ nun einen gelblichen Fleck. Wahrscheinlich würden wir die Wand neu streichen müssen.
Leise ging ich dann in die Küche und machte mir etwas Müsli zum Frühstück und für meinen Vater ein paar Schnitten. Die ließ ich dann einfach stehen. Dann ging ich ins Badezimmer. Dort duschte ich dann ausgiebig und putzte mir die Zähne. Schließlich zog ich mir noch neue Sachen an und ging dann zurück ins Wohnzimmer. Wir mussten noch andere Sachen einkaufen und eigentlich wollte ich das jetzt machen. Zu allem übel fiel mir ein das mein Vater ja die Tür mehr oder weniger freiwillig versperrte. Jedoch als ich nach unten kam, saß er nicht mehr da. Er war also aufgewacht. Dann hörte ich Schritte und sofort schlug mir der Geruch von Alkohol in die Nase. Er stand also mehr oder weniger direkt hinter mir.
„Wo wollen wir denn hin?!",fragte er und ich drehte mich langsam um. Das hätte ich am besten nicht getan. Er sah richtig dreckig aus. Dreckig auch im übertragenden Sinne. Sein Gesicht war eingefallen und das Shirt hatte schon Flecken auf den Flecken. Innerlich schüttelte ich mich. „Ich...ich wollte nur schnell einkaufen.",sagte ich etwas unsicher. Nicht das ich Angst hatte, aber ich wusste wie er am Morgen war, wenn er am Tag davor getrunken hatte. Diese sinnlosen Predigten wollte ich mir einfach sparen. „Frühstück?",fragte er dann einfach als wäre es selbstverständlich. „Küchentisch.",antwortete ich dann schnell.
„Kaffee?",hakte er nach und ich verzog leicht das Gesicht. Den hatte ich total vergessen! „Also?!",fragte er nun lauter und machte bedrohlich einen Schritt auf mich zu. „Hab ich vergessen. Tut mir leid.",sagte ich ertappt und sah auf den Boden. Doch das machte ihn nur noch wütender. „Sieh mich gefälligst an wenn ich mit dir rede!",schrie er nun und hole aus. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren wie er mir eine verpasst hatte. Mein Kopf flog regelrecht nach rechts und ein pochender Schmerz breitete sich aus. Ich war wie betäubt. Meine Wange brannte wie Feuer. Langsam fasste ich an diese.
„Wie oft muss dir deine Aufgaben eigentlich erklären du dummes Stück?!",schrie er mich an und ich wagte nicht den Blick zu heben. „Einmal.",antwortet ich dann, weil ich wusste das er genau das hören wollte. „Und wieso muss ich es dann nochmal sagen?",hinterfragte er und langsam bildeten sich Tränen in meinen Augen. Ganz einfach weil meine Wange weh tat und wahrscheinlich blau werden würde und zum anderen weil ich wütend war. Ich wollte das alles hier nicht mehr, aber ich konnte nicht gehen. Mit 17 Jahren war ich leider noch nicht volljährig und musste daher hier wohnen bleiben.
„Weil ich es vergessen habe. Es wird nie wieder vorkommen. Tut mir leid.",entschuldigte ich mich und er nickte. „Das hoffe ich. Und jetzt bewege dich in die Stadt. In zwei Stunden bist du wieder da!",befahl er mir. Ohne ein weiteres Wort, nahm ich mir den Hausschlüssel und meine Sachen. Dann stürmte ich schon regelrecht aus dem Haus. So schnell mich meine Beine tragen konnten rannte ich die Straße entlang. Immer weiter und weiter bis zu einer Gasse. Dort ließ ich mich nieder. Meine Wange brannte noch immer und langsam rannen mir Tränen über die Wange.
Ich konnte nichts dagegen tun. Ich zog meine Knie an den Körper und weinte weiter. Ich wollte einfach nicht mehr. Alles war mir egal. Wieso musste mir so was passieren? Konnte ich nicht einfach Waise sein? Oder wenigstens 18 Jahre? Ich wollte weg von da. Weg von meinem Vater und weg von dieser Misshandlung. Immer wollte ich stark sein, aber so was konnte man nicht einfach ohne irgendwann zusammenzubrechen. Irgendwann brachen die Dämme und die Mauern. Mein Leben war vollkommen beschissen und ich sah schon lange keinen Sinn mehr darin. Seit das alles angefangen hatte und auch jetzt. Jetzt wo ich umgezogen war in diese Fremde stand, mit fremden Menschen und einem Vater dem ich vollkommen egal war.
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Wenn du mich rufst werde ich dich finden
FanficDas erste Mal hatte ich ihn auf dem Marktplatz gesehen. Nur ganz kurz. Das zweite Mal hatte er mich gefunden. Mitten in der Nacht. Das dritte Mal hatte ich nach ihm gerufen und er hatte mich gefunden. Mein Name ist Sophie Conway, ich bin gerade nach...